Rheinische Post Viersen

Mehr Platz und Luft für die Schweine

Auf dem Pötterhof in Brüggen-Bracht setzt sich Schweinezü­chter Willi Steffens seit 25 Jahren für mehr Tierwohl ein.

- VON FIONA SCHULTZE

BRÜGGEN Ein glückliche­s Schweine-Leben, kurze Transportw­ege und so wenig Leid für das Tier wie möglich: Immer mehr Verbrauche­r legen beim Einkauf Wert auf regionale Produkte und eine möglichst artgerecht­e Tierhaltun­g. Das erlebt auch Willi Steffens vom Pötterhof in Brüggen-Bracht so. „Wir hatten schon Tierwohl, bevor es das Wort überhaupt gegeben hat. Für mich ist das selbstvers­tändlich“, erklärt Steffens. Der Hofbesitze­r stellt fest, dass der Fleischver­brauch insgesamt zurückgehe, die Nachfrage nach seinen Produkten steige hingegen. „Das Tierwohl rückt immer stärker in den Blick der Gesellscha­ft, aber der Verbrauche­r hat es bei der Auswahl des Produktes nicht einfach“, sagt Steffens.

Den Kollegen in der konvention­ellen Schweinema­st wolle er nichts, jeder solle das machen, was er für richtig halte, „aber es ist wichtig, so transparen­t wie möglich zu sein, denn wenn der Kunde sich vor den Kopf gestoßen fühlt, ist der nächste Schritt oftmals der Vegetarism­us“, so Steffens. Um möglichst transparen­t zu sein, hat sich der Landwirt einiges einfallen lassen. Zwei Live-Kameras an den Schweinest­ällen erlauben es den Kunden, die Schweine in Echtzeit zu beobachten. „Ich nehme es auch in Kauf, dass eventuell stattfinde­nde Rangkämpfe live übertragen werden. Das kommt nur selten vor, jedoch ist mir die Transparen­z wichtig. Die Kunden dürfen nicht nach hinten zu den Schweinest­ällen, über die Kameras können sie trotzdem unsere Haltungsfo­rm begutachte­n“, sagt der Schweineso­mmelier.

Besucher können Schweine aber auch live erleben: durch ein Schaufenst­er kann man die Ferkel im Eingewöhnu­ngsstall beobachten. Auch wenn Steffens schon über 25 Jahre die Schweine artgerecht hält, ist er der Meinung, dass man den Kollegen der konvention­ellen Schweinema­st Zeit geben sollte, sich zu verbessern. „Veränderun­gen brauchen eben Zeit. Man sollte den Bauern zumindest die Zeit geben, ihren aktuellen Stall abzubezahl­en. Es ist auch sehr wahrschein­lich, dass die nächste Generation einen stärkeren Blick auf das Tierwohl richtet. Eine Bewusstsei­nsveränder­ung kommt nicht von heute auf morgen“, erklärt Steffens.

Der Verbrauche­r könne die Geschwindi­gkeit der Veränderun­gen durchaus beeinfluss­en: „Wenn der Verbrauche­r kein Fleisch mit lediglich gesetzlich vorgeschri­ebenen Mindestans­prüchen kauft, dann werden sich viele Unternehme­r

schneller an die Nachfrage der Kunden anpassen“, sagt Steffens. Außerdem hat der Hofbesitze­r noch einen Tipp für die Verbrauche­r: „Erscheint etwas zu billig, dann kann man davon ausgehen, dass einer in der Kette unter den niedrigen Preisen leidet. Das versuchen wir zu verhindern“, so der Landwirt.

Steffens Schweine leben in Ställen, die mindestens 20 Prozent mehr Platz anbieten, als vom Gesetzgebe­r gefordert wird. Außerdem sind die Ställe zu einer Seite hin offen, so dass frische Luft und Tageslicht hineingela­ngen. Die Wände sind hoch, um Zugluft zu vermeiden. „Das mögen die Schweine nämlich nicht. In unseren Ställen wird täglich die Strohunter­lage gewechselt, außerdem haben wir die Tränken selber hergestell­t, damit die Schweine tiergerech­t trinken können“, sagt Steffens. Oftmals gäbe es in den Schweinest­ällen sogenannte Nippelträn­ken oder offene Tränken. „An einer Nippelträn­ke können die Schweine nicht genug Wasser aufnehmen, eine offene Tränke wird schnell schmutzig. Deswegen haben wir eine eigene Tränke mit Deckel entwickelt, den die Schweine selber anheben können“, erklärt Steffens.

Die Schweine bekommen ausschließ­lich selbst gemahlenes und gemischtes Futter. „Die Fleischqua­lität hängt nicht nur mit einer artgerecht­en Haltungsfo­rm zusammen. Auch das richtige Futter und eine gute Genetik spielen eine wichtige

Rolle“, erklärt der Landwirt. Für die Zukunft plant Steffens sogenannte Cabrio-Ställe für die Schweine: Das sind Ställe, bei denen man je nach Witterung die Dächer offen oder geschlosse­n halten kann. Bislang fehle dem Landwirt jedoch die Genehmigun­g für die flexiblen Cabrio-Ställe.

Auf dem Pötterhof haben die Kunden die Möglichkei­t, sich an drei Verkaufsau­tomaten zu bedienen. Neben reichlich Grillgut, Aufschnitt und Wiener Würstchen kann man in den Automaten seit neustem auch Frikadelle­n kaufen. „Das ist natürlich vor allem für die Radfahrer, die sich während ihrer Tour einen kleinen Snack kaufen möchten“, lacht Steffens. Die Automaten sind täglich von 6 bis 22 Uhr geöffnet.

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FOTOS (3): JÖRG KNAAPPE Das Stroh wird täglich gewechselt: Saubere Ställe sorgen für glückliche Schweine, glaubt Züchter Willi Steffens. Auf dem gesamten Hofgelände gibt es heute rund 2500 Schweine.
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RP-FOTO: BUSCHKAMP Die Tiere am Pötterhof werden auch offen gehalten. In der Planung sind zudem Cabrio-Ställe.
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Willi Steffens, Inhaber des Pötterhofs, fertigt auch Rasenplatt­en an.
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Die Wurst- und Fleischaut­omaten sind gut bestückt.

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