„Bis auf drei Pakete Holz alles verbrannt“
Das gesamte Ausmaß des Schadens wird erst am Tag nach dem Großbrand bei Holz Mevissen an der Eichenstraße deutlich. Der Schaden dürfte in Höhe von Millionen Euro gehen. Die Feuerwehr zieht eine positive Einsatz-Bilanz.
VIERSEN Es war einer der größten Brände in Viersen: Der 92-jährige Seniorchef Willi Mevissen war direkt am Montag auch schon da, um „sich das Elend anzugucken“, wie sein Sohn Herbert Mevissen berichtet. So ganz hat die Familie noch nicht verarbeitet, dass sie durch den Großbrand am Montag nicht nur die große Halle auf dem Firmengelände verloren hat, sondern damit auch einen Großteil der eingelagerten Holz-Vorräte.
Aber die zweite Halle steht, das Büro ist leistungsfähig und der Fuhrpark ist vom Brand nicht betroffen. Zum Glück sei niemand zu Schaden gekommen, sagt Herbert Mevissen als erstes. Und er erinnert sich gut an den Brand bei Holz Roeren in Krefeld – im Gewerbegebiet Mevissenstraße – im Jahre 2012. Damals war er richtig geschockt, als er mit eigenen Augen sah, was ein Großfeuer mit einer Holzhandlung anrichten kann. Jetzt sieht es bei Mevissen in Viersen genauso aus wie damals bei Roeren in Krefeld. „Als ich gestern (am Montag) um 3.30 Uhr hier eintraf, ging es mit meinem Kreislauf zur Sache“, erinnert sich Mevissen an den ersten Eindruck. Die Feuerwehr habe einen tollen Job gemacht; ihrem Einsatz sei zu verdanken, dass die Flammen nicht weiter um sich gegriffen hätten.
Herbert Mevissen ist ständig am Telefon oder in Gesprächen. Ein gravierender Teil des Unternehmens samt der eingelagerten Hölzer ist zerstört. Es gibt eine Welle der Solidarität, auch konkrete Hilfsangebote. Eine neue Halle zu errichten, wird Monate dauern. So muss das Unternehmen nach einer anderen Lagermöglichkeit Ausschau halten, denn die Hölzer sollen nicht im Freien lagern und der Witterung ausgesetzt sein. Sie müssen unter einem
Dach stehen.
Ein weitaus größeres Problem ist aber, neues Holz zu besorgen. Der Großhändler für das Handwerk hatte viele Hölzer auf Lager. Jetzt sind die Dachlatten verbrannt. Mit viel Glück hatte die Firma eine Lage erhalten, bis auf drei Pakete ist alles weg. Der Holzmarkt sei leergefegt, Nachschub schwer zu bekommen. Der Borkenkäfer hat für einen Preisverfall gesorgt, amerikanische und chinesische Holzhändler haben mit viel Geld viel Holz gekauft. Holz für den Dachausbau koste jetzt dreimal so viel wie vor acht Wochen.
Am Mittwoch kommt der Brandsachverständige der Kriminalpolizei und auch der Gutachter der Versicherung. Zur Schadenshöhe und zur Brandursache wurden noch keine Angaben gemacht, der Schaden dürfte einen Millionenbetrag ausmachen.
Am Dienstag war noch eine Brandwache mit sechs Leuten vor Ort, die letzte Glimmreste kontrolliert abbrennen ließ. Die Feuerwehr hat sich für diesen Weg entschieden, weil keine Gefahr weiterer Schäden durch die Flammen besteht. Die Feuer wären nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu löschen gewesen. Die Brandwache wird im Vier-Stunden-Rhythmus abgelöst.
Feuerwehrchef Frank Kersbaum ist stolz auf seine Leute: „Am Montag wurde Unfassbares geleistet.“Die zweite Halle konnte gerettet werden, die umliegenden Gebäude gesichert werden. Die brennende Lagerhalle war nicht mehr zu löschen, so konzentrierte sich die Feuerwehr auf die nächsten Gebäude. Es gab anfangs zu wenig Löschwasser, um die Umgebung zu kühlen. Wenn alle verfügbaren Hydranten genutzt werden, sinkt der Druck in der Leitung. Die Feuerwehr Wachtendonk half mit einem großen Tanklöschwagen aus. Auch der benachbarte Löschzug Clörath der Willicher Feuerwehr kam zur Hilfe. Der Löschzug wurde um 4.30 Uhr nachalarmiert.
Mit dem Abrollbehälter Schlauch wurde eine Wasserversorgung über einer weite Strecke von einem Weiher zur Einsatzstelle errichtet. Das DRK sorgte für die Verpflegung der Einsatzkräfte, aber auch der evakuierten Anwohner.
Der Feuerschein der 20 bis 30 Meter hohen Flammen war bis nach Willich-Schiefbahn zu sehen. Kersbaum ist froh, dass das Wetter mitspielte: Es gab kaum Wind und war relativ kühl. Einige Feuerwehr-Trupps waren über Stunden in Hitzeschutzkleidung unglaublich hohen Temperaturen ausgesetzt. Bisher waren 160 Feuerwehrkräfte im Einsatz. „So etwas braucht man nicht nochmal“, setzt Kersbaum hinzu. Erschwerend kam hinzu, dass der Einsatz unter Corona-Bedingungen ablief. Maximal sechs Leute kommen auf ein Fahrzeug, nicht mehr neun. Alle Einsatzkräfte mussten FFP2-Masken tragen.
Die vorübergehende Sperrung der Kölnischen Straße in Höhe OBI war nach Auskunft der Polizei „kein großes Problem“. Bis zum Berufsverkehr war die Sperrung wieder aufgehoben. Viele Pendler waren bereits über die sozialen Medien informiert.