Rheinische Post Viersen

Tierschütz­er appelliere­n an Bürgermeis­ter

Der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d im Kreis Viersen hat alle Bürgermeis­ter im Kreis, den Landrat und die Bezirksreg­ierung angeschrie­ben. Gefordert wird ein Umdenken im Umgang mit ehrenamtli­chen Tierhelfer­n.

- VON BIANCA TREFFER ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER

NETTETAL/KREIS VIERSEN Die Fälle mehren sich: Die nach mehreren Tagen des Leidens erschossen­e Graugans, das Blesshuhn, das keine Hilfe erhielt. Eine weitere Graugans, bei der der Finder über eine Stunde wartete, nachdem er das verletzte Tier bei der Unteren Naturschut­zbehörde des Kreises Viersen gemeldet hatte und niemand vor Ort erschien. Das hatte letztendli­ch zur Folge, dass das Tier in dieser Zeit starb.

Zu den Menschen, die ein verletztes Wildtier gefunden haben, gehören jetzt auch Corinna und Jörg Wilps. Das Ehepaar aus Wankum war am Ostersamst­ag nach Lobberich unterwegs. Als das Ehepaar die Landstraße in Höhe der alten Weberei in Grefrath befuhr, fiel ihnen ein Schwan auf, der auf einem Feld lag. „Er bewegte sich irgendwie ganz komisch, kam aber nicht weg. Wir waren unsicher, wie wir uns verhalten sollten, da wir uns mit Schwänen nicht auskennen“, sagt Corinna Wilps. Das Ehepaar, das nur kurz in Lobberich einkaufen wollte, beschloss auf dem Rückweg nach dem Schwan zu schauen. Die Leitstelle habe ihnen aber mitgeteilt, dass die Feuerwehr nicht zuständig sei. Und die Untere Naturschut­zbehörde? „Wir haben nirgendwo jemanden erreicht. Eine Hilfsorgan­isation teilte uns mit, dass sie gerne helfen kommen würde, aber nicht dürfte“, berichtet die Wankumerin von den erfolglose­n Anrufen. Es handelte sich um die Wildtieror­ganisation „Fell und Federn“. Für die Wilps war diese Antwort unvorstell­bar. Der Schwan versuchte indes immer wieder einige Schritte zu laufen und fiel dann ins Gras zurück. Dabei flatterte er immer nur mit einem Flügel. „Wir haben selber Tiere aus dem Tierschutz, aber wir haben uns nicht an den Schwan herangetra­ut. Da hätten wir jemanden gebraucht, der weiß, wie man mit einem solchen Tier umgeht“, sagt Corinna

Wilps. Schweren Herzens ließen sie den Schwan auf dem Feld zurück. Was aus ihm geworden ist, wissen sie nicht.

Bei einem Schwan handelt es sich um jagdbares Wild, das primär dem Jagdrecht unterliegt, teilte der Kreis auf Anfrage mit. Daher sei in solchen Fällen der Jagdausübu­ngsberecht­igte zu informiere­n. Dieser könne über die Leitstelle der Feuerwehr oder die Polizei in Erfahrung gebracht werden. Die untere Naturschut­zbehörde

ist ausschließ­lich für die besonders und streng geschützte­n Arten zuständig, hat aber in der Vergangenh­eit auch bei Wildtieren, die nicht hierunter fallen, schon mal unterstütz­t. Ein Bereitscha­ftsdienst besteht offiziell nicht.

Wenn Anna Pilz von „Fell und Federn“an diesen Schwan denkt, wird ihr das Herz schwer. Die junge Frau aus Nettetal würde gerne in Kooperatio­n mit der Unteren Naturschut­zbehörde für die Tiere in den

Einsatz gehen. Sie versteht die gesamte Vorgehensw­eise des Kreises Viersen nicht, angefangen von der Hausdurchs­uchung bei ihr bis hin zur Auflage, keine Tiere anzunehmen und sich um diese zu kümmern. Pilz kann nicht nachvollzi­ehen, was man ihr konkret vorwirft.

Der Bund Kreis und Stadt Viersen hat derweil alle neun Bürgermeis­ter in den Gemeinden und Städten im Kreis Viersen angeschrie­ben und darum gebeten, sich dafür einzusetze­n, dass die bisher erfolgreic­he Praxis durch Wildtiersc­hutz-Organisati­onen beibehalte­n wird. Künftig sei beim Kreis vor einer Rettung eine Genehmigun­g einzuholen, der dann entscheide­t, welches Tier gerettet wird oder nicht. Der Bund kritisiert die aktuelle Vorgehensw­eise aufs Schärfste und hofft auf ein Umdenken. Kreis Viersen und ehrenamtli­che Tierschütz­er sollten wieder Hand in Hand arbeiten.

 ??  ?? Anna Pilz aus Nettetal war im August 2019 für „Fell und Federn“an der Niers in Oedt im Einsatz, um vergiftete Enten zu retten. Bei hohen Temperatur­en war durch Algen Botulin-Toxin freigesetz­t worden.
Anna Pilz aus Nettetal war im August 2019 für „Fell und Federn“an der Niers in Oedt im Einsatz, um vergiftete Enten zu retten. Bei hohen Temperatur­en war durch Algen Botulin-Toxin freigesetz­t worden.

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