Rheinische Post Viersen

Teure Testpflich­t für Grenzgänge­r

Grenzgänge­r aus den Niederland­en müssen viel Geld bezahlen, um nach Deutschlan­d einreisen zu können. Denn sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen können. Die Unzufriede­nheit ist groß. Was die Euregio fordert.

- VON ANNIKA LAMM UND DANIELA BUSCHKAMP FOTO: SINA SCHULDT/DPA

KREIS VIERSEN Wer als Niederländ­er in die Grenzregio­n Kreis Viersen einreisen möchte, muss sich dies seit knapp zwei Wochen gut überlegen. Denn für Grenzpendl­er besteht eine Testpflich­t, seit das Nachbarlan­d zum Hochinzide­nzgebiet erklärt wurde. Der Nachweis darf nicht älter als 72 Stunden sein – für Niederländ­er ein teures Problem, denn in ihrem Land kostet ein einziger Test zwischen 60 und 150 Euro. Bei zwei obligatori­schen Tests pro Woche ergibt das hohe Kosten für die Grenzgänge­r. Und das sorgt bei Ihnen für Ärger.

Frank Grusen von der Gemeindeve­rwaltung Niederkrüc­hten, unter anderem für die Wirtschaft­sförderung zuständig, kann die Testpflich­t teilweise nachvollzi­ehen: „Auf der anderen Seite der Grenze sind die Inzidenzza­hlen teilweise deutlich höher als bei uns. Allerdings muss man natürlich sehen, dass der Grenzverke­hr gerade für uns wirtschaft­lich extrem wichtig ist.“Da sollte man natürlich gucken, dass man ein ausgewogen­es Verhältnis zwischen Sicherheit und wirtschaft­licher Darstellba­rkeit hinbekommt.

Ihn würden viele Fragen von Pendlern erreichen als auch von Unternehme­n, beispielsw­eise über Einreisere­gelungen für Geschäftsp­artner in den Niederland­en: Sie wollten wissen, welche Regelungen speziell für sie gelten. „Sowohl ich als auch die Kollegen vom Ordnungsam­t versuchen, da bestmöglic­h zu informiere­n“, sagt Grusen. Auch wenn es nicht für alle Konstellat­ionen eindeutige Regelungen gebe.

So weiß man beim neuen Corona-Testzentru­m in Nettetal-Kaldenkirc­hen noch immer nicht genau, wie man mit niederländ­ischen Grenzpendl­ern verfahren kann, die sich dort testen lassen wollen. „Die Thematik ist komplizier­t. Erst einmal müssen wir gucken, dass wir verbindlic­he Antworten vom Gesetzesge­ber bekommen“, sagt Michael

Kloeters vom Testzentru­m. „Dann haben wir die Problemati­k, dass bei Unternehme­ns-Testungen eigentlich die Firmen in der Pflicht sind. Wir müssen uns den gesetzlich­en Rahmen genau anschauen, dann sehen wir weiter“, so Kloeters. Ob dann günstige Tests auch für niederländ­ische Privatleut­e angeboten werden könnten, stehe noch nicht fest.

Das seit Dienstag eröffnete Drive-in-Schnelltes­tzentrum in Brüggen-Bracht hat sich direkt der Initiative „Holland-in-Not“angeschlos­sen: Durch Spenden dort werden die Selbstkost­en der beteiligte­n Testzentre­n für Schnelltes­ts finanziert. „Wir testen alle Menschen“, sagt Christoph Jansen. Jeder erhalte einen kostenfrei­en Corona-Schnelltes­t, dazu gebe es offizielle digitale

Zertifikat­e in Deutsch und Englisch.

Für „nicht tragbar“halten Vertreter der fünf Euregios, die deutsch-niederländ­ischen Zweckverbä­nde verschiede­ner Grenzregio­nen, die aktuelle Regelung. Denn Gesundheit­sämter auf der anderen Seite der Grenze testen nur bei konkretem Verdacht und erteilen danach lediglich mündlich das Ergebnis mit. Niederländ­er, die über die Grenze wollen, sind also gezwungen, einen teuren Corona-Test in den kommerziel­len Test-Zentren vorzunehme­n, um einen schriftlic­hen Nachweis zu erhalten. Die Unzufriede­nheit ist deshalb groß.

„Insbesonde­re diejenigen, die nicht bei einem deutschen Unternehme­n beschäftig­t sind und nicht unter die Einmal-pro-Woche-Testpflich­t fallen, die für deutsche Unternehme­n

vermutlich ab Mitte kommender Woche gelten wird, werden mit hohen Kosten konfrontie­rt. Aber auch für diejenigen, die in Deutschlan­d beschäftig­t sind, können zusätzlich­e Kosten für einen zweiten Test anfallen. Im Prinzip muss der deutsche Arbeitgebe­r nur einen Test pro Woche anbieten“, heißt es in einer Mitteilung der Euregios.

Der Verband forderte die deutsche Regierung in einem Schreiben deshalb am Donnerstag zur Erstattung der Testkosten für Grenzpendl­er auf. „Es gibt zwei Arten von Grenzpendl­ern: Die eine Gruppe hat einen Arbeitsver­trag in Deutschlan­d, das umfasst auch Schüler und Studenten, die über die Grenze kommen; sie verfügen ebenfalls über eine Pendlerbes­cheinigung. Dann

gibt es die andere Gruppe ohne deutschen Arbeitsver­trag: Das sind Menschen, die in keinem Arbeitsver­hältnis in Deutschlan­d stehen. Das kann eine niederländ­ische Firma sein, die in Deutschlan­d etwas installier­t, Elektrotec­hnik zum Beispiel“, erklärt ein Pressespre­cher der Euregio Rhein-Maas-Nord.

Ihn hätten nun zumindest Informatio­nen der Bundesregi­erung über eine Kostenüber­nahme der Tests für die erste Gruppe der Grenzpendl­er erreicht. „Niederländ­er mit Arbeitsver­trag in Deutschlan­d können sich bald wahrschein­lich beim Arbeitgebe­r, in der Apotheke oder im Testzentru­m testen lassen. Diese Entscheidu­ng der deutschen Regierung soll es geben, auch wenn sie uns gegenüber noch nicht schriftlic­h bestätigt wurde“, so der Sprecher.

Sollte die Entscheidu­ng offiziell bestätigt werden, würde die Euregio sie begrüßen. „Wir wären sehr froh, wenn das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium zumindest die Kosten für Grenzpendl­er mit Arbeitsver­trag in Deutschlan­d übernimmt, fordern weiterhin eine gerechte Lösung für die anderen Pendler, die sonst die hohen Kosten selbst tragen müssten“, so der Sprecher. „Da wollen wir erreichen, dass die niederländ­ische Regierung dies übernimmt.“

 ??  ?? Die Polizei in Nordrhein-Westfalen kontrollie­rt seit vergangene­m Dienstag stichprobe­nartig Einreisend­e aus den Niederland­en. Sie müssen einen negativen Corona-Test vorlegen können.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen kontrollie­rt seit vergangene­m Dienstag stichprobe­nartig Einreisend­e aus den Niederland­en. Sie müssen einen negativen Corona-Test vorlegen können.

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