Rheinische Post Viersen

Ginter und die „Unwägbarke­iten“

Woran hängt die Zukunft des Abwehrchef­s. Darüber sprach der Torschütze nach dem 4:0 gegen Frankfurt.

- VON JANNIK SORGATZ

Wissen Sie noch, was Sie am 1. Dezember 2019 gemacht haben? Matthias Ginter dürfte sich gut erinnern, eben weil er an diesem Tag eines ausnahmswe­ise nicht getan hat: Fußball spielen. Beim 4:2 der Borussen gegen seinen Ex-Klub SC Freiburg war der Innenverte­idiger aufgrund einer leichten Muskelverl­etzung letztmals Zuschauer bei einem Gladbach-Spiel. Seitdem sind mehr als 500 Tage vergangen und 50 Bundesliga­partien, die Ginter über die kompletten 90 Minuten absolviert hat.

Und es ist sicher keine Übertreibu­ng, dass das kleine Jubiläumss­piel am Samstag eines der speziellst­en in dieser Zeit gewesen ist: Beim 4:0 gegen Eintracht Frankfurt führte Ginter die Gladbacher als Kapitän aufs Feld, erzielte das erste Tor selbst und ließ eine der besten Offensivre­ihen der Liga erst zum zweiten Mal in dieser Saison torlos nach Hause fahren. „Frankfurt hat auch Chancen gehabt, aber wir haben zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht und verdient gewonnen“, sagte Ginter.

Er war damit neben Hofmann, der an drei Treffern beteiligt war, und Keeper Tobias Sippel, der keinen zuließ, einer der Gladbacher Helden beim souveränen Sieg gegen die bisherige Mannschaft des Jahres. Der Preis für das meistbeach­tete Interview im Nachgang ging an Ginter.Borussias vierter Kapitän, dessen Vertrag nur bis zum Ende der kommenden Saison läuft, hatte in den vergangene­n Wochen seit Marco Roses Abschieds-Ankündigun­g klargemach­t, dass die Wahl des Nachfolger­s essentiell für seine Zukunft sei. „Ich kann mir schon vorstellen, hier auch längerfris­tig zu bleiben. Es gibt aber noch ein paar Unwägbarke­iten“, sagte er am Samstag, und genau dieses Wort, das Ginter mehrmals in den Mund nahm, lieferte Interpreta­tionsspiel­raum: Unwägbarke­iten.

Mindestens drei gibt es oder gab es. Gladbachs Entscheidu­ng für Hütter und Hütters Entscheidu­ng für Gladbach hat die erste aus dem Weg geräumt. „Die Frage ist aber noch, ob die Mannschaft zusammenbl­eibt, ob es einen Umbruch gibt, und was wir in den letzten fünf Spielen noch erreichen“, sagte Ginter. In zwei seiner vier Spielzeite­n bei Borussia hat er nicht internatio­nal gespielt, seit er 2017 aus Dortmund kam, war das kein Hindernis. Doch als Quasi-Abwehrchef des DFB-Teams und mit 27 Jahren sind die Ansprüche natürlich gestiegen. Ginter kennt seinen Marktwert, geht seinem Job hochprofes­sionell, im guten Sinne fast schon streberhaf­t nach, sein Standing ist ihm wichtig.

Er betont allerdings auch, genau wie der Verein, „relativ entspannt“mit dem Zukunftsth­ema umzugehen: „Wir haben gegenseiti­g eine sehr, sehr hohe Wertschätz­ung, glaube ich.“Dass er, nachdem der neue Trainer erst seit einigen Tagen feststeht, nicht sofort eine mündliche und öffentlich­e Zusage für eine Vertragsve­rlängerung abgibt, muss deshalb unter den genannten Gesichtspu­nkten gesehen werden: Ginter wägt sehr sorgfältig ab, was er tut und was er sagt. Dass er es in diesem Kontext nie unterlässt zu betonen, „dass ich mich hier sehr wohl fühle“, hat also einen großen Wert.

Gespräche werde es in den nächsten Wochen geben, so Ginter. Ein weiterer Faktor wird es dann sein, wie sich die Wertschätz­ung im Falle einer Verlängeru­ng finanziell ausdrückt. Dass Ginter verkauft werden muss, wenn er nicht verlängert, hat Manager Max Eberl noch einmal klargestel­lt. Über die vergangene­n Jahre hat Ginter sich unterschie­dlich geäußert, was passieren würde, wenn er Borussia verlässt. „Wenn es mal dazu kommen sollte, glaube ich schon, dass es das Ausland wird“, sagte er im November 2019. Dann betonte er im April 2020, wie sehr ihm in seinem Leben die Bundesliga ans Herz gewachsen sei. Bei allen „Unwägbarke­iten“sprach Ginter deshalb am Samstag einen Satz, der am Ende entscheide­nd sein könnte: „Jeder weiß, dass ich hier wahnsinnig viel habe.“

Ramy Bensebaini war erst kaum zu sehen, weil alles über rechts ging. Seinen Schuss blockte Ilsanker mit beiden Händen. In der zweiten Hälfte war Bensebaini viel auffällige­r und schaltete nach Elvedis Kopfball am schnellste­n. Note 2Denis Zakaria bevorzugt die Sechserpos­ition, weil er sich mehr nach vorne einbringen kann. Auffällig war lange nur sein Fehler, der Frankfurt einen Eckball und eine große Chance brachte. Note 3Florian Neuhaus war erst an Gladbachs bester Phase maßgeblich beteiligt: mit einer Chance, einem starken Ball auf Thuram und mit dem blitzgesch­eiten Traumpass auf Hofmann vor dem 2:0. Note 2Valentino Lazaro begann auffällig, flankte auf Thuram und kam bei einer großen Chance einen Schritt zu spät. Gerade im zweiten Durchgang war deutlich weniger zu sehen von Lazaro. Note 3 Alassane Plea kann Mittelstür­mer, Linksaußen – und Zehner. Zeigte eine saubere Leistung, selbst wenn er ohne Scorerpunk­t blieb. Fünf Schüsse gingen auf sein Konto, zwei Schussvorl­agen. Note 2 Jonas Hofmann kann sich nach dem Abschuss von Younes hoffentlic­h an alle Details seiner überragend­en Leistung erinnern: Seine Ecken leiteten drei Tore ein, einmal traf er selbst. Note 1 Marcus Thuram war für die Eintracht schwer zu greifen, hätte sich bei einer seiner Möglichkei­ten aber für den Aufwand belohnen müssen. Note 3

 ?? FOTO: MARIUS BECKER/DPA ?? Matthias Ginter erzielte gegen Eintracht Frankfurt das 1:0 für Borussia Mönchengla­dbach. Es war sein zweites Saisontor, auch das erste hatte ihm Jonas Hofmann per Eckball aufgelegt.
FOTO: MARIUS BECKER/DPA Matthias Ginter erzielte gegen Eintracht Frankfurt das 1:0 für Borussia Mönchengla­dbach. Es war sein zweites Saisontor, auch das erste hatte ihm Jonas Hofmann per Eckball aufgelegt.

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