Rheinische Post Viersen

Wolfs Tor dient zur Wahrheitsf­indung

Der Österreich­er tut sich schwer, in Gladbach anzukommen. Nun schoss er das 4:0 gegen Frankfurt, das Borussia auf Rang sieben klettern ließ.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Jonas Hofmann hat gerade noch mal betont, dass Erfolg im Fußball nicht nur mit den Füßen zu tun hat. „Ich sage immer, dass Fußball in großen Teilen Kopfsache ist“, sagte der Mann, der mit einem Tor und zwei Vorlagen der Matchwinne­r war bei Borussias 4:0 gegen Frankfurt.

Hofmann, der Gefeierte: Da gab es auch andere Zeiten in Gladbach. Lange hatte der Neu-Nationalsp­ieler kein gutes Standing bei den Fans. Weswegen er auch ein guter Ansprechpa­rtner für Hannes Wolf ist. Denn dem jungen Österreich­er, der gerade 22 Jahre alt geworden ist, geht es ähnlich: Er tut sich immer noch schwer, in Gladbach anzukommen.

Hofmann kam Anfang 2016 für acht Millionen Euro von Borussia Dortmund, wie Wolf wurde er als vielseitig­er Offensivma­nn geholt. Für Wolf zahlt Borussia inklusive Leihgebühr und späterer fixer Ablöse elf Millionen Euro an RB Leipzig. Doch fremdelt der Mann, den Trainer Marco Rose seit Teenager-Tagen kennt, noch mit dem Borussen-Spiel. Zuletzt beim 2:1 gegen Freiburg bekam er eine Startelf-Chance, wirkte aber erneut wie ein Fremdkörpe­r und musste nach 45 Minuten raus. Nun durfte er als Joker angreifen – und machte etwas daraus.

Er kam in der vorletzten Minute für Valentino Lazaro ins Spiel und erzielte nach dem feinen Pass des ebenfalls eingewechs­elten Patrick

Herrmann dann in der fünften Minute der Nachspielz­eit das 4:0. Für Wolf war es das dritte Saisontor, für Herrmann der dritte Assist. Wolf schraubte damit nicht nur das Ergebnis für Frankfurt in eine ärgerliche Höhe, sein Tor machte auch für Gladbach einen großen Unterschie­d:

Denn mit dem höchsten Liga-Sieg der Saison zogen die Borussen an Union Berlin wegen der mehr erzielten Tore vorbei auf den siebten Platz der Tabelle, der theoretisc­h der erste sein kann, der nach Europa führt.

Das Ziel der Borussen ist, sich Spieltag für Spieltag nach vorn zu arbeiten, da ist es psychologi­sch extrem wichtig, auch Fortschrit­te zu sehen dort, wo die letzte Wahrheit des Fußballs nun mal liegt: in der Tabelle. Wolfs 4:0 trug somit zur aktuellen Wahrheitsf­indung der Borussen bei: Sie sind jetzt richtig nah herangerüc­kt an die Europa-Gegend der Tabelle.

Wolfs Tat hat also Gewicht, und das fühlt sich gut an für einen, der gerade ein bisschen auf der Suche nach sich selbst ist. Dass es nebenbei ein nachträgli­ches Selbstgesc­henk zum Geburtstag war (so war es auch beim Torschütze­n zum 3:0, Ramy Bensebaini), kam hinzu. Wolf ist zudem nun nicht mehr nur der Borusse mit den meisten Einwechslu­ngen, sondern auch der beste Joker des Teams. Schon gegen Schalke hatte er als solcher das vierte Tor gemacht beim 4:1. Sein erstes Tor erzielte er als Startelf-Teilnehmer, es war das 1:0-Siegtor gegen Leipzig.

Erzielt hat er das 4:0 gegen Frankfurt in Mittelstür­mer-Position, cool und präzise mit links. Damit hat er auch belegt, dass er etwas bewegen kann in der entscheide­nden Phase der Saison. Und er konnte sich dem künftigen Coach, seinem Landsmann Adi Hütter, zeigen. Der hat in Frankfurt nachgewies­en, dass er aus Spielern, die sich schwer taten zuvor, etwas machen kann, siehe André Silva, der in Mailand nicht weiterkam und nun in Frankfurt voll durchstart­ete. Oder Djibril Sow, der in Gladbach kaum spielte, dann aber in Bern (unter Hütter) und nun in Frankfurt zur Stammkraft reifte.

Fallbeispi­ele wie das von Jonas Hofmann zeigen Wolf, dass die Wege nach oben zuweilen verschlung­en sind und es sich lohnt, dranzublei­ben. Tore wie das gegen Frankfurt können in so einer Geschichte Wendepunkt­e sein, weil sie gut für den Kopf sein können. Man darf gespannt sein, was Wolf aus der Sache macht. Er hat sich mit dem Tor selbst die beste Vorlage gegeben. Es kann ihm gut tun.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Hannes Wolf.

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