Rheinische Post Viersen

Doucourés Geschichte wird immer tragischer

Borussia dokumentie­rt nach dem Achillesse­hnenriss des Franzosen, wie sehr sie hinter ihm steht.

- VON JANNIK SORGATZ

Bis kurz vor Schluss sah es so aus, als wolle Borussia sogar das Ergebnis Mamadou Doucouré widmen. 4:0 stand es gegen Arminia Bielefeld, und die 4, Doucourés Nummer, war trotz seiner Abwesenhei­t omnipräsen­t am Sonntag. Vor dem Spiel posierte das Team mit Doucouré-Trikots für ein Foto, Breel Embolo hielt nach seinem ersten Tor eines in die Kamera und klopfte sich nach seinem zweiten mit vier Fingern auf die linke Brust. Die Borussen zeigten ein Herz für Doucouré, ihren auf kaum zu fassende Weise vom Pech verfolgten Kollegen, der im Training einen Riss der Achillesse­hne erlitten hat.

5:0 ging das Spiel aus, Doucouré dürfte all die Gesten und Genesungsw­ünsche im Rahmen des Sieges gegen Bielefeld verfolgt haben, obwohl er seinen Twitter-Account stillgeleg­t hat und auf seinem Instagram-Account nur noch ein Eintrag zu sehen ist: Er zeigt Bilder vom Bundesliga-Debüt am 31. Mai 2020. „Ich war, glaube ich, in den Moment der glücklichs­te Mensch der Welt“, sagte Doucouré damals. Im Saison-Endspurt stand er stets im Kader und durfte noch einmal kurz ran. Für die laufende Spielzeit hatte sich der 22-Jährige vorgenomme­n, ein richtiger Bundesliga­spieler zu werden, doch sein Körper spielt nicht mit.

„Man kann gar nicht in Worte fassen, was dieser Junge alles ertragen muss“, sagte Manager Max Eberl. Er hat Doucouré vor knapp fünf Jahren ablösefrei von Paris Saint-Germain verpflicht­et, ein Coup, angesichts dessen viele Exoerten sich die Augen rieben. In seinem letzten Spiel für Paris hatte sich Doucouré einen Muskelbünd­elriss zugezogen.

Als er im Winter-Trainingsl­ager 2017 erstmals mittrainie­ren konnte, folgte der nächste. Anfang Dezember durfte Doucouré erstmals als 19. Mann mit zu einem Spiel und am Kader schnuppern. Eine Woche später streikte die Oberschenk­elmuskulat­ur erneut, im Heimspiel gegen Schalke liefen die Kollegen mit Doucouré-Trikots ein, damals trug er noch die 29. Im Februar 2018 begrüßte ihn die Mannschaft mit Applaus zurück auf dem Trainingsp­latz, kurz darauf die nächste Hiobsbotsc­haft: Muskelteil­abriss. Erst im September 2018 war es so weit: In einem Testspiel lief der Verteidige­r erstmals für Borussia auf, debütierte in der U23 – im November raubte ihm die nächste Verletzung Monate.

„Wir sind alle sehr traurig über das, was mit Mams passiert ist“, sagte Denis Zakaria. Er gehört als

Mitglied der „French Connection“, also der Gruppe französisc­hsprachige­r Spieler, zu den engsten Freunden Doucourés. Ibrahima Traoré ist über die Jahre sogar wie ein großer Bruder für den gebürtigen Senegalese­n geworden. „Einmal kam ich nach Hause und Mamadou saß schon bei mir rum. Stellen Sie sich das mal vor“, erzählte Traoré mal lachend in einem Interview, um das enge Verhältnis zu Doucouré zu beschreibe­n. „Und er hat noch nicht mal was gekocht, das musste ich dann machen.“

Borussia hat Doucouré jede mögliche Unterstütz­ung zugesagt. Er ist mit einem Vertrag bis 2024 ausgestatt­et. Doch die erneute schwere Verletzung verringert natürlich die ohnehin schon geringe Wahrschein­lichkeit, dass Doucouré irgendwann eine sorgenfrei­e Profikarri­ere aufnehmen kann. „Es ist schon dramatisch. Der Junge hat ein außergewöh­nliches Talent, ist ein Top-Charakter“, sagte Trainer Marco Rose. „Jeder kann nachempfin­den, dass es ihm dementspre­chend nicht so gut geht. Umso wichtiger ist es, dass der Leute an seiner Seite hat, die zu ihm stehen und an ihn denken.“Das hat Borussia am Sonntag eindeutig dokumentie­rt.

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FOTO: PÄFFGEN Mamadou Doucouré vor einigen Wochen im Training.

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