Stimmen zu Odenkirchens Problemzone
Der Hochhaus-Komplex „Zur Burgmühle“hat einen schlechten Ruf. Manche Odenkirchener meiden die Gegend. Wir haben Meinungen im Stadtteil gesammelt.
ODENKIRCHEN Die spielenden Kinder, die tagsüber schon mal an der Wohnanlage „Zur Burgmühle“lärmen, sind für Michael Wittwer kein Problem. „Von morgens bis in den Nachmittag ist das der friedlichste Platz in Odenkirchen“, sagt der Anwohner, der die Entwicklung des Hochhaus-Komplexes zur Problem-Wohnanlage über einen langen Zeitraum verfolgt hat. Ungemütlich wird es abends und nachts. Dann treffen sich Heranwachsende und Erwachsene, steigen Grill-Partys auf dem Gelände vor der Anlage, dröhnt laute Musik, wird Alkohol konsumiert. „Das geht oft bis in die Nacht hinein“, sagt Wittwer. Zumindest bis vor etwa einem halben Jahr hätten sich solche Szenen regelmäßig abgespielt. „In der Pandemie, so etwa seit Oktober, ist es deutlich seltener geworden“, hat Wittwer beobachtet. Gelöst ist das Problem damit aus seiner Sicht aber nicht.
Das dürften auch Polizei und Ordnungsamt so sehen. Auch sie haben die Wohnanlage seit Langem im Blick. Denn es geht nicht nur um Ruhestörungen, es gibt laut der Behörden auch „Hinweise auf Prostitution, Drogenhandel und diverse andere Straftaten“. Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOS) begeben sich sicherheitshalber nur noch in Begleitung von Polizisten dorthin. Rund 400 Personen sind in der Anlage offiziell gemeldet. Wie viele Menschen sich dort tatsächlich aufhalten, ist unklar. Denn es gibt auch Hinweise darauf, dass in einigen Wohnungen größere Gruppen von Arbeitskräften aus Osteuropa untergebracht werden.
Hier sieht Wittwer auch eine Ursache für die Probleme. Bei den Menschen, die sich abends treffen und miteinander trinken, handele es sich oft um Personen aus Polen, Bulgarien und Rumänien. „Klar, sie sind hier fern der Heimat, sind einsam und haben wenig Möglichkeiten, ihren Feierabend sinnvoll zu verbringen“, sagt Wittwer. Die Sozialarbeit von Streetworken mit Kindern und Jugendlichen und andere Bemühungen des Jugendamtes um die ganz jungen Bewohner seien gut und richtig. „Aber es müssten sich auch Sozialarbeiter um die Erwachsenen kümmern, die die Probleme machen“, findet Wittwer. Dass die Ruhestörungen in den vergangenen Monaten etwas abgenommen haben, erklärt sich Wittwer damit, dass sich wegen geringeren Bedarfs vielleicht etwas weniger Arbeitskräfte aus Osteuropa in der Anlage aufhalten. Doch das werde nach der Pandemie wahrscheinlich wieder anders. „Darum müssen schon jetzt Schritte unternommen werden, um die Entwicklung in eine andere Richtung zu drehen.“
Dass die Adresse „Zur Burgmühle“vielleicht nicht eine ideale sein würde, war auch den Karnevalisten des Vereins „Schwarz-Gold Odenkirchen“klar, als sie in dem Komplex vor gut zehn Jahren ihren Vereinssitz nahmen. Die den Hochhäusern vorgelagerte Burggrafenhalle ist nun einmal der einzige wirklich große Saal im Stadtteil, in dem man große Veranstaltungen über die Bühne bringen kann – wenn nicht Pandemie ist. Auch die Tanzgarden des Vereins haben dort ihr Trainingsfeld. Spätester Trainingsschluss ist abends um acht. Den vielen Klagen über die Anlage zum Trotz sagt Vereins-Vorsitzender Stefan Zimmermanns: „Wir haben uns mit den Bewohnern der Anlage gut arrangiert. Wir haben mit dem Hausmeister Kontakt und mit einigen Leuten aus der Anlage gesprochen. Da gibt es keine großen Probleme.“Der Vorsitzende fügt hinzu: „Was in den Blocks und im Innenhof passiert, damit haben wir nichts zu tun.“
Die Odenkirchener sind offenbar geteilter Meinung über die Wohnanlage. Dieses Bild ergibt sich zumindest, wenn man sich auf dem Wochenmarkt mit einigen Bewohnern des Stadtteils unterhält. Da ist zum Beispiel Bernhard Odenthal, der nicht möchte, dass seine Frau abends dort vorbeigeht. „Ich habe zu viel Angst um sie. Bei der Burgmühle kann ja alles Mögliche passieren. Man hört immer wieder, dass da Straftaten geschehen“, sagt der 69-Jährige. Sein Freund Hans-Walter Laufs (65) stimmt ihm zu: „Die Polizeipräsenz lässt hier aus meiner Sicht auch zu wünschen übrig. Da ist die Angst berechtigt.“
Maria Peters sieht das anders:
„Natürlich gehe ich da abends noch lang. Da habe ich keine Bedenken“, sagt die 69-Jährige. Das Einzige, was sie und ihr Mann Bruno (64) öfter mitbekommen: Es gebe viele Vorurteile gegenüber den Menschen, die in der Anlage leben. „Die teilen wir nicht“, sagt Bruno Peters. Überhaupt fühlt sich das Ehepaar in Odenkirchen wohl und sicher.
Martin Steinhoff lebt schon sein ganzes Leben in dem Stadtteil, ganz in der Nähe der Burgmühle. Er fühlt sich seit einigen Jahren nicht mehr sicher: „Früher war Odenkirchen toll, aber vieles hat sich zum Negativen entwickelt.“Dafür macht der 32-Jährige vor allem die Wohnanlage in seiner direkten Nachbarschaft verantwortlich. Er vermutet, dass dort mit Drogen gedealt wird. Beobachtet habe er das aber nicht. Es sei eher ein Gefühl. Er überlegt, wegzuziehen.