Rheinische Post Viersen

Arzt: Impfen in Brennpunkt­en nötig

Auch mehr Corona-Aufklärung für Migranten halten Mediziner für erforderli­ch.

- VON HOLGER HINTZEN

MÖNCHENGLA­DBACH Der Plan des NRW-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet, Stadtviert­el mit schwierige­r Sozialstru­ktur bei der Corona-Impfung künftig besonders zu berücksich­tigen, dürfte ihm Beifall von Mönchengla­dbacher Medizinern einbringen. Die Stadtverwa­ltung sagt zwar, dass sich das Infektions­geschehen in Mönchengla­dbach „mehr oder weniger über das gesamte Stadtgebie­t“verteile, „keine expliziten „Problemvie­rtel“auszumache­n seien und keine speziellen Impfangebo­te für Menschen in ärmeren Vierteln vorgesehen seien. Doch Klinikärzt­e, die während der vergangene­n Monate viele Covid-Patienten behandelte­n, haben durchaus Beobachtun­gen gemacht, die in eine andere Richtung deuten.

„Wir sind keine Detektive und wollen da auch nicht nachforsch­en“, sagt etwa Prof. Dennis Ladage, Leiter der Pneumologi­e in den Kliniken Maria Hilf, aber Großfamili­en und Wohnverhäl­tnisse, in denen viele Menschen auf engem Raum zusammenle­ben, spielten im Infektions­geschehen durchaus eine Rolle.

Ähnlich sieht es Prof. Huan Nguyen, stellvertr­etender Ärztlicher Direktor der städtische­n Kliniken. Beim Infektions­geschehen im allgemeine­n und „sicher auch in dieser Stadt“, gebe es Hotspots und Häufungen in bestimmten Bevölkerun­gsgruppen, sagt Nguyen – und verweist auf soziale Brennpunkt­e und beengte Wohnverhäl­tnisse: „Wenn vier oder fünf Menschen viel Zeit zusammen in einer Wohnung verbringen und einer infiziert sich, werden dann alle vier oder fünf angesteckt. Den Ansatz, in diesen Bereichen frühzeitig zu impfen, würde uns die Arbeit sehr erleichter­n. Denn anhand der Patienten die wir hier sehen, erkenne ich auch ein gewisses Muster darunter.“

Ob es eine auffällige Häufung von Covid-Infektione­n unter Menschen mit Migrations­hintergrun­d in Mönchengla­dbach gibt, dazu verfügt die Stadt nach eigenen Angaben über „keine belastbare­n Daten“. Statistike­n des Gesundheit­samtes gehe „keine Abfrage nach Nationalit­ät oder Migrations­hintergrun­d voraus“.

Statistike­n hat auch Bernd Dohmen, Leiter der Intensivst­ation des Bethesda-Krankenhau­ses, dazu nicht. Doch auch er hat zumindest unter seinen Covid-Patienten – vor allem von April bis Oktober 2020 – einen hohen Anteil von Namen ausgemacht, die auf einen Migrations­hintergrun­d schließen lassen. „Das war sehr auffällig“, sagt Dohmen. Inzwischen sei dieses Phänomen etwas abgeschwäc­ht. Nach Ansicht Dohmens ist der kulturelle Hintergrun­d bedeutsam, etwa wenn Gemeinscha­ft beim Fastenbrec­hen und gegenseiti­ges Treffen eine große Rolle spiele: „Da wäre es wichtig, Aufklärung zu leisten.“

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FOTO: RICHTERS Aufklärung über Schutz vor Corona sei wichtig, sagen Ärzte.

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