Corona-Jahr hält Feuerwehr in Atem
2020 riefen weniger Menschen den Rettungsdienst – coronabedingt. Doch die Pandemie veränderte so einiges im Alltag der Feuerwehr.
MÖNCHENGLADBACH Es ist der 24. Januar 2020, gegen Mittag erhält die Feuerwehr einen Notruf: An der Kaiserstraße/Ecke Sittardstraße steht der Dachstuhl eines Gebäudes in Flammen. Das Feuer breitet sich auf vier Häuser aus, die Rettungskräfte holen Menschen über Drehleitern aus dem Gebäude. „Bei dem ersten großen Einsatz im vergangenen Jahr ist auch das erste Mal unsere Drohne zur Erkundung der Stelle zum Einsatz gekommen“, sagt Dirk Schattka, Leiter des Fachbereichs Feuerwehr, bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Die weiteren Monate sollen für die Feuerwehr noch eine besondere Herausforderung werden: Die Pandemie erreicht Mönchengladbach.
Die Rettungskräfte wurden 2020 mit 53.835 Alarmierungen insgesamt deutlich weniger gerufen als noch im Vorjahr. Da lag diese Zahl bei 58.386. Im Jahr 2018 waren es allerdings 50.439 Alarmierungen. Darunter fallen sowohl Brände und Hilfeleistungen als auch die Einsätze im Rettungsdienst. Letztere sind im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen: von 53.956 im Jahr 2019 auf 49.338 im Jahr 2020. „Das ist ein Effekt der Pandemie“, sagte Schattka. Aus Furcht vor einer Ansteckung, etwa im Krankenhaus, hätten überwiegend Menschen angerufen, die keinen anderen Ausweg gewusst hätten. Zur Bekämpfung von Feuern riefen die Menschen 2110 Mal die Mönchengladbacher Feuerwehr – ein normaler Wert, ordnete Schattka ein. „Darunter waren 1576 Fehlalarme. Das kann eine Brandmeldeanlage sein, oder dass der Nachbar gegrillt hat und jemand dachte, es brennt, aber es gab auch böswillige Falschanrufe“, so der Feuerwehr-Chef. Mit 62 böswilligen Alarmen rief mehr als einmal die Woche jemand bewusst unnötig die Helfer.
Den Großteil der realen Brände machten die Kleinbrände aus: 488 stehen fünf Großbränden und 38 Mittelbränden gegenüber. Insgesamt verzeichneten die Rettungskräfte
34 Dienstunfälle, die etwa während einer Hilfeleistung, im Rettungsdienst oder beim Brandschutz passiert sind. Bei einem tragischen Unglück in einer Grube, bei der zwei Männer durch austretende Dämpfe bewusstlos wurden, eilt ein Wehrmann zur Hilfe, zieht einen der beiden heraus, wird selbst ohnmächtig, kommt ins Krankenhaus. Die beiden Männer starben später im Krankenhaus.
Das erste Corona-Jahr hat sich auf die Arbeit der Feuerwehr stark ausgewirkt. Nicht nur die erschwerte
Arbeit bei Rettungseinsätzen, etwa durch das Tragen einer FFP2-Maske, die Befragung von Verletzten auf Abstand oder den erhöhten Aufwand, nach einem Krankentransport mit Verdacht auf eine Corona-Infektion belastete die Rettungskräfte im vergangenen Jahr stärker. Auch gestaltete sich die Arbeit im Hintergrund schwieriger, berichtete Dirk Schattka. „Die Ehrenamtlichen bei der Feuerwehr im Dienst zu halten, ist in der Pandemie schwieriger geworden“, erklärte er. Das Geschehen der Feuerwehr sei auf die Echteinsätze
heruntergefahren, viele teambildende Veranstaltungen, die etwa Ehrenamtliche unter anderem motivieren, seien weggefallen. „Wir haben es aber geschafft, dass keine Infektion aus dem Bereich der Feuerwehr kam“, erklärte Schattka. Die Aufgaben waren unterdessen umso neuer: „Wir sind immer wieder bei Bedarf nach Düsseldorf gefahren und haben dort Material abgeholt“, so Schattka. Auch kleine Behälter für Desinfektionsmittel seien plötzlich Mangelware gewesen. „Die haben wir eingesammelt, aufbereitet, neu etikettiert – sowas kannten wir vorher gar nicht.“Auch die Vorbereitungen für das Impfzentrum oblagen der Feuerwehr. „Wir haben sechs Mitarbeiter dafür freigestellt, die das in den zwei, drei Wochen aufgezogen haben.“Eine weitere Besonderheit: Die Zahl der Infektionstransporte stieg auf 2700 – 90 Prozent davon mit Verdacht auf eine Covid-19-Intektion. „Sonst sind wir da eher bei einer Größenordnung von 300.“Die anschließende Desinfektion eines Wagens dauere etwa dreimal so lang wie normalerweise.
Matthias Engel, Beigeordneter, betonte seine Dankbarkeit für den Einsatz: „Die Arbeit in der Pandemie ist eigentlich nicht das Kerngeschäft der Feuerwehr. Doch es gibt eine Sicherheitsreserve in der Stadt, die immer funktioniert. Und das ist die Feuerwehr.“
Geendet habe das Jahr für die Feuerwehr schon am ersten Weihnachtsfeiertag: Bei einem Brand an der Mühlenstraße ist eine Person gestorben. „Sonst endet unser Jahr immer an Silvester – das war 2020 aber sehr ruhig“, so Schattka.