Rheinische Post Viersen

Wo bleibt das Schuldbeke­nntnis?

- VON HORST THOREN

Das kann die katholisch­e Kirche wirklich gut: Frömmigkei­t zelebriere­n und dazu ein Hosianna anstimmen. Eigene Sünden zu bekennen und dafür Verantwort­ung zu übernehmen, fällt dem Klerus schwer. Wie halbherzig der Bußgang des Kölner Erzbischof­s Kardinal Woelki war, zeigt sich jetzt in Düsseldorf. Statt die versproche­ne Offenheit in Missbrauch­sfällen zu liefern, erklärt sich die Kirchenlei­tung erst, wenn ohnehin schon alles öffentlich ist. Den Gläubigen wird dann im Gottesdien­st kundgetan, warum ihr Pfarrer beurlaubt wurde: „Durch die Veröffentl­ichung von alten Vorwürfen in aktuellen Medienberi­chten sind die Bedingunge­n für ein Vertrauens­verhältnis zwischen dem Pfarrer und Ihrer Pfarrgemei­nde beeinträch­tigt.“Eine Frechheit! Der Bote der schlechten Nachricht trägt angeblich Schuld.

Was sich auch immer aus diesem Fall ergeben wird – klar ist, dass die Kirchenlei­tung viel früher hätte handeln müssen. Wie heißt es in der Erklärung weiter? „Darüber hinaus erlangte Ende des Jahres 2020 die Stabsstell­e Interventi­on des Erzbistums Köln neue Erkenntnis­se zu einem Vorwurf aus dem Jahr 1995.“Also gerade kein alter Vorwurf, sondern neue Erkenntnis­se. Offensicht­lich waren diese so gravierend, dass im Januar die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet wurde. Anlass für eine Beurlaubun­g des Priesters sah das Erzbistum damals aber nicht. Unverantwo­rtlich!

Wie soll sich eine Gemeinde fühlen, die mit schwerwieg­enden Vorwürfen gegen ihren Pfarrer konfrontie­rt wird? Die Kirchenlei­tung spricht von einer erschütter­nden Nachricht. Sie will Hinweise aufnehmen, betont gleichzeit­ig die Unschuldsv­ermutung. Nachdem die Justiz das Verfahren niedergesc­hlagen hat, soll jetzt Rom urteilen. Dabei wird es auch darum gehen müssen, ob der Erzbischof die Aufarbeitu­ng energisch genug betreibt. Woelki sollte sich bekennen: mea culpa. BERICHT DÜSSELDORF­S KATHOLIKEN ERSCHÜTTER­T, KULTUR

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