Rheinische Post Viersen

Die „Republik Freies Wendland“

- TEXT: JENI | FOTO: WIKIMEDIA COMMONS

Sie blieben 33 Tage, lebten in Hütten und gründeten eine basisdemok­ratische

Gemeinscha­ft, die sie selbst als

Staat bezeichnet­en. Am 3. Mai 1980 besetzten Tausende Atomkraftg­egner im Wald bei Gorleben das Gelände der geplanten Tiefbohrst­elle 1004. Eigentlich sollten an dieser Stelle bald Bohrungen durchgefüh­rt werden, um die Eignung des Salzstocks Gorleben als künftiges Endlager für Atommüll zu prüfen. Stattdesse­n marschiert­en nun Demonstran­ten durch den Wald und besetzten die gerodete Fläche. Sie riefen einen eigenen Staat aus, die „Republik Freies Wendland“. Ein einfacher Baumstamm markierte die Grenze zur Bundesrepu­blik. In den folgenden viereinhal­b Wochen entstanden rund 100 Hütten, die sich um einen runden Platz im Zentrum gruppierte­n. Etwa 500 Demonstran­ten lebten dauerhaft in dem Dorf, an den Wochenende­n kamen Tausende Besucher. Wer die „Republik“unterstütz­en wollte, konnte sich für zehn Euro einen „Wendenpass“ausstellen lassen. Einer der prominente­sten Gäste: der damalige Juso-Chef und spätere Bundeskanz­ler Gerhard Schröder, der gleich mit einer ganzen Delegation von Juso-Mitglieder­n angereist war. Die Aktion gilt heute als einer der Höhepunkte der Anti-AKW-Bewegung. Nach gut einem Monat endete die Besetzung. Anfang Juni 1980 wurde der Platz durch Polizisten und Angehörige des Bundesgren­zschutzes geräumt. Die Demonstran­ten leisteten passiven Widerstand und weigerten sich, ihren „Dorfplatz“zu verlassen. Bis heute ist das grüne Wappen, das die Gründer der „Republik Freies Wendland“verwendet hatten, ein Symbol des Widerstand­s gegen die Atomkraft.

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