Kita-Kinder appellieren an Müllsünder
Neues vom Müllexperiment am Borner See: Erst verschwanden die Mülleimer, dann kamen die erklärenden Schilder. Nachdem Unbekannte Müllsäcke an die leeren Metallpfosten gehängt hatten, wurden jetzt Kita-Kinder aktiv.
BRÜGGEN Das „Brüggener Müllexperiment“(weniger Abfall in der Natur durch weniger Papierkörbe) hat eine weitere Dimension erreicht. Dabei steht einmal mehr der Borner See im Fokus. Nachdem der Bauhof dort Müllbehälter demontiert hatte, war der Abfall zunächst an den nun leeren Metallpfosten abgestellt worden. Anschließend hatten Unbekannte an den Pfählen Müllsäcke aufgehängt, die auch eifrig genutzt werden. Jetzt haben sich die Erzieherinnen, Mädchen und Jungen des Kindergartens in Born mit einem rührenden Appell an potenzielle Müllsünder in die laufenden Diskussion eingemischt. Sie haben am Borner See Bilder aufgehängt, auf denen zu lesen ist: „Nehmt Euren Müll mit. Wir tun es auch.“
Wo wurden Mülleimer abgebaut? Mitarbeiter vom Brüggener Bauhof haben sechs Mülleimer an der Straße Zum Weißen Stein, vier Behälter am Wanderparkplatz Brachter Wald, acht Behälter am Borner See sowie fünf Mülleimer an einzeln im Wald stehenden Bänken wie etwa am Dassenberg und am Grenzweg am Weißen Stein in Richtung Nettetal-Kaldenkirchen abgebaut.
Warum wurden die Papierkörbe entfernt?
Die Entscheidung geht auf einen Antrag der CDU-Fraktion zurück. Sie wollte damit verhindern, dass in Ausflugs- und Naherholungsgebieten immer wieder Unrat in der Natur landet. Spaziergänger und Hundebesitzer sollten motiviert werden, ihren Unrat wieder mit nach Hause zu nehmen. Um das zu erreichen, sollten anstelle der Müllbehälter Schilder angebracht werden. Doch die Gleichzeitigkeit von Mülleimer-Abbau und Schild-Aufbau funktionierte nicht: Das Team des Bauhofs war mit dem Abbau schneller als mit dem Anbringen der Schilder. Diese konnten erst später aufgestellt werden. Das hat zu heftiger
Kritik der CDU-Fraktion geführt. Sie fürchtete deshalb um den Erfolg des gesamten Versuchs.
Wie haben die Menschen auf die verschwundenen Papierkörbe reagiert? „Ich hätte nie gedacht, dass ein solches Thema derartige Diskussionen auslöst“, erklärte Dieter Dresen, Leiter des zuständigen Fachbereichs Planung, Bauen und Technik bei der Gemeindeverwaltung in der jüngsten Ratssitzung, mit Verblüffung. In den sozialen Netzwerken wie Facebook wurde das Thema kontrovers diskutiert: Mal wurde Verständnis geäußert, häufiger wurde das Müllexperiment kritisiert. Die Rheinische Post erreichten dazu zahlreiche Leserbriefe. Auch innerhalb der politischen Fraktionen wurde und wird das Müllexperiment unterschiedlich bewertet. CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Lamers hatte nach dem ersten Wochenende ohne Abfallbehälter Fotos von sauberen Rastplätzen am Borner See gemacht. Andere, später aufgenommene Fotos zeigten weggeworfenen Unrat. Insbesondere die Wählergemeinschaft „Wir“hatte sich bereits im Vorfeld gegen den Versuch ausgesprochen; sie hatte in einer ausführlichen Stellungnahme vorgeschlagen, das Thema Vermüllung noch einmal umfassend zu diskutieren, war damit aber gescheitert. Deren Borner Ratsherr Ulrich Siebert kündigte an, die Situation insbesondere am Borner See weiter zu beobachten und Fotos an die Verwaltung zu schicken.
Wie reagiert die Verwaltung auf die Diskussion?
Bereits in einem Gespräch mit der Rheinischen Post hatte Brüggens Bürgermeister Frank Gellen (CDU) erklärt, dass der Mülleimer-Abbau ein Versuch sei. Je nach Ergebnis könne er sich auch vorstellen, dass die Papierkörbe wieder montiert werden. Gellen hatte damals für Gelassenheit plädiert und die Menschen aufgefordert, dem Vorhaben erstmal eine Chance zu geben. Zu den negativen Äußerungen auf Facebook sagte Gellen: „Einen solchen Shitstorm haben wir nicht verdient.“Er plädierte erneut dafür, dem Experiment weiterhin eine Chance zu geben. Außerdem habe er Kenntnis davon erhalten, dass gerade am Borner See „das Vorhaben bewusst torpediert“werde, sagt der Verwaltungschef in der jüngsten Ratssitzung.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Verwaltung werde zunächst, wie von den Politikern beschlossen, den Ausgang des Versuchs weiter beobachten. „Im Herbst werden wir eine differenzierte Bewertung abgeben können“, sagte Bürgermeister Gellen. Noch sei unklar, ob man den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen werde. Dieter Dresen ergänzte: „Bisher haben wir je nach Standort unterschiedliche Erfahrungen gesammelt.“An manchen Stellen funktioniere das Experiment gut. Dresen sagte aber auch, dass die eigentliche Bewährungsprobe noch ausstehe. Sie wird erst kommen, wenn das Wetter so schön ist, dass abends am Borner See oder am Dahmensee wieder gefeiert werde. Beide Seen seien Hotspots und beliebte Treffpunkte. Hier sei vielleicht ein anderes Vorgehen angebracht als etwa im Bereich Weißer Stein oder Brachter Wald. Dort hätten die abgebauten Müllbehälter laut Dresen bisher zu keiner stärkeren Vermüllung geführt.