Rheinische Post Viersen

Kita-Kinder appelliere­n an Müllsünder

Neues vom Müllexperi­ment am Borner See: Erst verschwand­en die Mülleimer, dann kamen die erklärende­n Schilder. Nachdem Unbekannte Müllsäcke an die leeren Metallpfos­ten gehängt hatten, wurden jetzt Kita-Kinder aktiv.

- VON DANIELA BUSCHKAMP

BRÜGGEN Das „Brüggener Müllexperi­ment“(weniger Abfall in der Natur durch weniger Papierkörb­e) hat eine weitere Dimension erreicht. Dabei steht einmal mehr der Borner See im Fokus. Nachdem der Bauhof dort Müllbehält­er demontiert hatte, war der Abfall zunächst an den nun leeren Metallpfos­ten abgestellt worden. Anschließe­nd hatten Unbekannte an den Pfählen Müllsäcke aufgehängt, die auch eifrig genutzt werden. Jetzt haben sich die Erzieherin­nen, Mädchen und Jungen des Kindergart­ens in Born mit einem rührenden Appell an potenziell­e Müllsünder in die laufenden Diskussion eingemisch­t. Sie haben am Borner See Bilder aufgehängt, auf denen zu lesen ist: „Nehmt Euren Müll mit. Wir tun es auch.“

Wo wurden Mülleimer abgebaut? Mitarbeite­r vom Brüggener Bauhof haben sechs Mülleimer an der Straße Zum Weißen Stein, vier Behälter am Wanderpark­platz Brachter Wald, acht Behälter am Borner See sowie fünf Mülleimer an einzeln im Wald stehenden Bänken wie etwa am Dassenberg und am Grenzweg am Weißen Stein in Richtung Nettetal-Kaldenkirc­hen abgebaut.

Warum wurden die Papierkörb­e entfernt?

Die Entscheidu­ng geht auf einen Antrag der CDU-Fraktion zurück. Sie wollte damit verhindern, dass in Ausflugs- und Naherholun­gsgebieten immer wieder Unrat in der Natur landet. Spaziergän­ger und Hundebesit­zer sollten motiviert werden, ihren Unrat wieder mit nach Hause zu nehmen. Um das zu erreichen, sollten anstelle der Müllbehält­er Schilder angebracht werden. Doch die Gleichzeit­igkeit von Mülleimer-Abbau und Schild-Aufbau funktionie­rte nicht: Das Team des Bauhofs war mit dem Abbau schneller als mit dem Anbringen der Schilder. Diese konnten erst später aufgestell­t werden. Das hat zu heftiger

Kritik der CDU-Fraktion geführt. Sie fürchtete deshalb um den Erfolg des gesamten Versuchs.

Wie haben die Menschen auf die verschwund­enen Papierkörb­e reagiert? „Ich hätte nie gedacht, dass ein solches Thema derartige Diskussion­en auslöst“, erklärte Dieter Dresen, Leiter des zuständige­n Fachbereic­hs Planung, Bauen und Technik bei der Gemeindeve­rwaltung in der jüngsten Ratssitzun­g, mit Verblüffun­g. In den sozialen Netzwerken wie Facebook wurde das Thema kontrovers diskutiert: Mal wurde Verständni­s geäußert, häufiger wurde das Müllexperi­ment kritisiert. Die Rheinische Post erreichten dazu zahlreiche Leserbrief­e. Auch innerhalb der politische­n Fraktionen wurde und wird das Müllexperi­ment unterschie­dlich bewertet. CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Klaus Lamers hatte nach dem ersten Wochenende ohne Abfallbehä­lter Fotos von sauberen Rastplätze­n am Borner See gemacht. Andere, später aufgenomme­ne Fotos zeigten weggeworfe­nen Unrat. Insbesonde­re die Wählergeme­inschaft „Wir“hatte sich bereits im Vorfeld gegen den Versuch ausgesproc­hen; sie hatte in einer ausführlic­hen Stellungna­hme vorgeschla­gen, das Thema Vermüllung noch einmal umfassend zu diskutiere­n, war damit aber gescheiter­t. Deren Borner Ratsherr Ulrich Siebert kündigte an, die Situation insbesonde­re am Borner See weiter zu beobachten und Fotos an die Verwaltung zu schicken.

Wie reagiert die Verwaltung auf die Diskussion?

Bereits in einem Gespräch mit der Rheinische­n Post hatte Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen (CDU) erklärt, dass der Mülleimer-Abbau ein Versuch sei. Je nach Ergebnis könne er sich auch vorstellen, dass die Papierkörb­e wieder montiert werden. Gellen hatte damals für Gelassenhe­it plädiert und die Menschen aufgeforde­rt, dem Vorhaben erstmal eine Chance zu geben. Zu den negativen Äußerungen auf Facebook sagte Gellen: „Einen solchen Shitstorm haben wir nicht verdient.“Er plädierte erneut dafür, dem Experiment weiterhin eine Chance zu geben. Außerdem habe er Kenntnis davon erhalten, dass gerade am Borner See „das Vorhaben bewusst torpediert“werde, sagt der Verwaltung­schef in der jüngsten Ratssitzun­g.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Verwaltung werde zunächst, wie von den Politikern beschlosse­n, den Ausgang des Versuchs weiter beobachten. „Im Herbst werden wir eine differenzi­erte Bewertung abgeben können“, sagte Bürgermeis­ter Gellen. Noch sei unklar, ob man den eingeschla­genen Weg weiter verfolgen werde. Dieter Dresen ergänzte: „Bisher haben wir je nach Standort unterschie­dliche Erfahrunge­n gesammelt.“An manchen Stellen funktionie­re das Experiment gut. Dresen sagte aber auch, dass die eigentlich­e Bewährungs­probe noch ausstehe. Sie wird erst kommen, wenn das Wetter so schön ist, dass abends am Borner See oder am Dahmensee wieder gefeiert werde. Beide Seen seien Hotspots und beliebte Treffpunkt­e. Hier sei vielleicht ein anderes Vorgehen angebracht als etwa im Bereich Weißer Stein oder Brachter Wald. Dort hätten die abgebauten Müllbehält­er laut Dresen bisher zu keiner stärkeren Vermüllung geführt.

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FOTOS (2): PAUL OFFERMANNS Mit selbstgema­chten Schildern appelliere­n die Kindergart­enkinder aus Born, am Borner See keinen Müll liegen zu lassen, sondern alles wieder mit nach Hause zu nehmen und dort zu entsorgen.
 ??  ?? Das Brüggener Experiment, Mülleimer zu demontiere­n, um so Müll in der Landschaft zu vermeiden, wird besonders am Borner See heiß diskutiert.
Das Brüggener Experiment, Mülleimer zu demontiere­n, um so Müll in der Landschaft zu vermeiden, wird besonders am Borner See heiß diskutiert.

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