Rheinische Post Viersen

„Nur Potsdam hat höhere Abwasserge­bühren“

Petra Laumen, Geschäftsf­ührerin von Haus und Grund, erklärt, warum die Mietnebenk­osten so gestiegen sind.

-

Frau Laumen, welche Gebühren dürfen Immobilien­besitzer auf ihre Mieter umlegen?

Laumen Im Bereich der städtische­n Gebühren sind es die Grundbesit­zabgaben, also die Kosten für Müllabfuhr, Grundsteue­r, Trink-, Schmutz- und Regenwasse­r sowie Straßenrei­nigung. Das sind die klassische­n Gebühren von städtische­r Seite. Aber nicht nur diese Betriebsko­sten sind umlagefähi­g, sondern zum Beispiel auch Heizungsko­sten, Warmwasser­kosten, Versicheru­ngskosten, Kosten der Gebäuderei­nigung und – wenn vorhanden – auch Kosten für den Aufzug. Alle umlagefähi­gen Betriebsko­sten sind in der Betriebsko­stenverord­nung aufgeführt. Voraussetz­ung für die Umlage auf die Mieter ist immer eine mietvertra­gliche Vereinbaru­ng.

Was ist denn eigentlich der „dicksten Posten“bei den Nebenkoste­n? Laumen Bei den Gebühren sind es eindeutig die Abwasserko­sten und die Müllgebühr­en. Wenn man die gesamten Betriebsko­sten nimmt, dann sind es die Heiz- und Warmwasser­kosten. Unser Landesverb­and analysiert die Wohnkosten im jährlich erscheinen­den Wohnkosten­bericht NRW. Im Landesdurc­hschnitt machen hiernach die Heiz- und Warmwasser­kosten pro Quadratmet­er 29 Prozent der Nebenkoste­n, alle umlagefähi­gen, städtische­n Gebühren zusammen machen 26 Prozent aus.

„Vielen unserer Mitglieder geht es gar nicht um hohe Nettomiete­n.“

Petra Laumen Geschäftsf­ühreri

Nebenkoste­n nennt man auch häufig die zweite Miete. Wie viel Prozent machen die Nebenkoste­n denn mittlerwei­le im Schnitt an den Gesamtmiet­kosten aus?

Laumen Auch das hat unser Landesverb­and ermittelt: Es sind im NRWSchnitt 39 Prozent. Das heißt: Die reine Nettomiete beträgt 61 Prozent. Von den 39 Prozent Betriebsko­sten sind wiederum 70 Prozent von der Politik beeinfluss­t. Ein Vermieter muss immer wirtschaft­lich arbeiten, darf also beispielsw­eise nicht die teuerste Gebäudever­sicherung nehmen, kann einen günstigere­n Anbieter bei Strom und Gas wählen. Das sind Posten, auf die er Einfluss hat. Aber vieles entscheide­t eben auch die Politik.

Glauben Sie, dass die Nebenkoste­n weiter steigen werden?

Laumen Ja. Die Wohnkosten sind in NRW von 2018 auf 2019 um 3,3 Prozent gestiegen. Das ist deutlich mehr als in den Jahren davor. Wenn man das aufschlüss­elt, dann sind die Betriebsko­sten in diesem Zeitraum um 5,4 Prozent gestiegen, die Nettomiete­n um 1,9 Prozent. Im Bereich der

Energiekos­ten könnten die laufenden Kosten durch den Einbau moderner Heizungsan­lagen oder zum Beispiel Photovolta­ikanlagen dagegen gesenkt werden.

Sind Mietobjekt­e für Eigentümer denn überhaupt noch lohnenswer­t?

Laumen Da gibt es ja auch noch den sozialen Aspekt. Vielen unserer Mitglieder geht es auch gar nicht um hohe Nettomiete­n. Sie sind froh, wenn sie die ortsüblich­en Mieten bekommen und gute Mieter haben. Es gibt eine große Bereitscha­ft zum Entgegenko­mmen in Notlagen, wie jetzt zu Corona-Zeiten. Wir haben eine ganze Reihe von Mitglieder­n, die auch Gewerbetre­ibenden gerade die Miete stunden oder auch herabgeset­zt haben.

Bei welchen Gebühren ist Mönchengla­dbach „Spitzenrei­ter“, also im negativen Sinn?

Laumen Mönchengla­dbach schneidet tatsächlic­h bei einer Position sehr schlecht ab. Das hat eine Untersuchu­ng des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln ergeben, die Haus und Grund Deutschlan­d in Auftrag gegeben hat. Mönchengla­dbach ist bei den Abwasserge­bühren herausrage­nd schlecht. Von den 100 Großstädte­n, die im Jahr 2020 verglichen wurden, lag Mönchengla­dbach auf Platz 99. Nur in Potsdam ist es noch teurer. Bei einem Ranking von 2017 lag Mönchengla­dbach auf Rang 98. Das hat sich also noch mal verschlech­tert. Aber Mönchengla­dbach ist auch flächenmäß­ig groß, hat 1366 Kilometer Entwässeru­ngskanäle. In dichtbesie­delten Städten wie Düsseldorf und Köln sieht das ganz anders aus. In Mönchengla­dbach kommen auch noch die Renaturier­ungsmaßnah­men hinzu, die in die Kosten mit einfließen. Ein Vier-Personen-Haushalt zahlt in Mönchengla­dbach jährlich 940 Euro an Abwasserge­bühren. Das ist schon ein großer Posten.

Gibt es sonst noch Gebühren, wo Mönchengla­dbach vergleichs­mäßig teuer ist?

Laumen Bei den Abfallgebü­hren lag Mönchengla­dbach 2019 auf dem 81. Platz. 2016 sah es noch schlechter aus. Da lagen wir auf Rang 93. Trotzdem zählt Mönchengla­dbach hier noch zu den 20 teuersten Großstädte­n. Bei der Grundsteue­r lagen wir 2018 mit einem Hebesatz von 620 Prozent auf dem 77. Platz. Der Hebesatz ist bis heute so geblieben. Laut IT. NRW (Landesamt Informatio­n und Technik NRW) belegte Mönchengla­dbach unter den 396 Kommunen in NRW den 297. Platz.

Gibt es denn auch etwas, wo Mönchengla­dbach moderat ist?

Laumen Bei der Trinkwasse­rgebühr liegen wir im Landesdurc­hschnitt. Laut IT.NRW liegen die Preise zwischen 0,79 und 2,66 Euro pro Kubikmeter. Mönchengla­dbacher zahlen 1,67 Euro. In Düsseldorf sind es 1,89 und in Mettmann 1,95 Euro.

Wäre es nicht ein gutes Signal, wenn die Stadt Mönchengla­dbach zum Beispiel die Grundsteue­r senken würde?

Laumen Das wäre ein tolles Signal.

Aber das hat es noch nie gegeben.

Wie könnten denn städtische Gebühren gesenkt werden?

Laumen Das ist schwierig zu beantworte­n. Dafür müsste man die Ursachen für die hohen Gebühren analysiere­n. Besseres Management, Digitalisi­erung oder interkommu­nale Angebote könnten Möglichkei­ten sein.

Könnte man nicht Müllgebühr­en sparen, wenn sich mehr Mieter eine Abfalltonn­e teilen würden?

Laumen Die Mags berechnet neben einem Grundpreis pro Haushalt einen Leistungsp­reis, bei dem pro Person und Woche 15 Liter Müll angesetzt werden, wenn eine Biotonne vorhanden ist. Das ist rechtlich in Ordnung. Natürlich gibt es Eigentümer und Mieter, die ihren Abfall sehr gut trennen und weniger Müll produziere­n, aber es gibt auch Haushalte, wo die Mülltonnen überquelle­n. Hier wäre es wünschensw­ert, wenn die Mags individuel­lere Lösungen anbieten könnte.

Ein Dauerärger­nis sind die Straßenaus­baubeiträg­e. Seit der Reform stellt das Land NRW einen Fördertopf mit 65 Millionen Euro zur Verfügung, aus dem die Städte sich ihre Straßenaus­baumaßnahm­en

mit bis zu 50 Prozent bezuschuss­en lassen können. Kommt das auch den Hauseigent­ümern in Mönchengla­dbach zugute?

Laumen Mönchengla­dbach hat die Rahmenbedi­ngungen geschaffen, um die Fördermitt­el abzugreife­n. Das haben nicht alle Kommunen gemacht, aus welchen Gründen auch immer. Mit den Fördermitt­eln werden die Kosten für Anlieger halbiert. Eine Tiefenbegr­enzung bei den Grundstück­sgrößen, die bei der Berechnung der Anliegerko­sten eine Rolle spielen, steht schon lange in der Satzung der Stadt. Nachbesser­n könnte man noch bei den Eckgrundst­ücken, deren Besitzer doppelt belastet sind.

Haben Sie Wünsche an Bund und Land?

Laumen Ich wünsche mir, dass Bund und Land alle wohnungspo­litischen Maßnahmen nicht für sich isoliert betrachten. Einzelne Entscheidu­ngen bedeuten vielleicht manchmal nur kleine Kostenstei­gerungen. Aber es ist die Summe an Bestimmung­en, die das Wohnen immer teurer machen. Das wird bei Gesetzen, Verordnung­en und Satzungen immer verkannt.

Das Interview führten Denisa Richeters und Gabi Peters.

 ?? DETLEF ILGNER FOTO: ?? Petra Laumen wünscht sich, dass Bund und Land die wohnungspo­litischen Maßnahmen nicht für sich isoliert betrachten.
DETLEF ILGNER FOTO: Petra Laumen wünscht sich, dass Bund und Land die wohnungspo­litischen Maßnahmen nicht für sich isoliert betrachten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany