Corona-Randale auf Mallorca
Während sich Menschen auf der Insel gegen die Regeln auflehnen, steigt in Madrid eine große Fiesta.
PALMA/MADRID Die Corona-Beschränkungen auf der Ferieninsel Mallorca sorgen zunehmend für soziale Spannungen. In der Nacht zum Sonntag lieferten sich Jugendliche in der City der Inselhauptstadt Palma eine Straßenschlacht mit der Polizei. Auf beiden Seiten gab es mehrere Verletzte. Die Beamten nahmen 16 Demonstranten fest. Anlass der gewaltsamen Proteste war die nächtliche Ausgangssperre, die auf Mallorca und den balearischen Nachbarinseln schon seit Monaten von 23 bis 6 Uhr morgens gilt und noch wenigstens bis Ende Mai in Kraft bleiben soll.
„Freiheit, Freiheit“, riefen mehrere Hunderte junge Menschen, die nach Beginn der Ausgehsperre durch Palma zogen. Als Flaschen und Steine gegen die Sicherheitskräfte flogen und urbanes Mobiliar zerstört wurde, griffen die Beamten ein. Erst nach einer Stunde konnte die Polizei die Lage unter Kontrolle bringen. Für besonderen Frust sorgte in Palma, dass an diesem Wochenende zwar in ganz Spanien nach sechs Monaten der nationale Ausnahmezustand endete, aber die Ausgehsperre auf Mallorca trotzdem bestehen bleibt. Die Regionalregierung der Balearischen Inseln beschloss auf eigenen Faust, die nächtliche Ausgangsbeschränkung zu verlängern.
Viele Gastwirte Mallorcas, denen das Wasser bis zum Hals steht, haben für die fortbestehenden Restriktionen allerdings kein Verständnis mehr. Zudem beklagen sie, dass sie weiterhin nicht in ihren Innenräumen die Tische decken und auch an der Theke nichts servieren dürfen. „Die Inselregierung stranguliert uns“, protestieren die Kneipiers. Sie drohen mit Ungehorsam und wollen vor Gericht ziehen.
Immerhin machte die Inselregierung auch ein paar Zugeständnisse: Denn die Öffnungszeiten der Außenterrassen der Gastronomie wurden verlängert. Ab dieser Woche ist auf der Insel ein abendliches Ausgehen wieder möglich: Die Außentische der Bierschenken, Weinlokale und Restaurants auf Promenaden sowie Straßen dürfen nun sieben Tage die Woche bis 22.30 Uhr öffnen. Nur die Partytempel im Ballermann-Vergnügungsviertel an der Playa de Palma bleiben noch zu.
Die Einreise ausländischer Urlauber ist übrigens auf Mallorca wie in ganz Spanien wieder durchweg erlaubt. Und die schon länger bestehende Testpflicht scheint ausländische Touristen nicht abzuschrecken. Die Zahl der Feriengäste steigt wieder: Allein im März kamen laut mallorquinischem Statistikinstitut 62.000 internationale Urlauber auf die Insel – rund 43.000, also weitaus die meisten, waren Deutsche. Auch in ganz Spanien geht es wieder mit dem Tourismus bergauf. Im März wurden nahezu 500.000 ausländische Besucher gezählt – darunter waren als stärkste Gruppen jeweils rund 100.000 Franzosen und ebenso viele Deutsche.
Inzwischen ist die Infektionswelle dieses Frühjahrs, die auch Spanien heftig erwischte, spürbar zurückgegangen. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 84 Fällen pro 100.000 Einwohner. Die Balearen
mit Mallorca stehen mit einer wöchentlichen Fallhäufigkeit von 26 sogar noch sehr viel besser da. Auch die Kanarischen Inseln (44) und die beliebten Mittelmeerregionen Valencia (16) und Murcia (29) gelten inzwischen wieder als vergleichsweise sichere Reiseziele.
Übrigens: Während es auf Mallorca am Wochenende wegen der fortdauernden nächtlichen Ausgangssperre Randale gab, feierten in der spanischen Hauptstadt Madrid und in anderen Orten Tausende Menschen das Ende der dortigen Ausgehbeschränkungen. Madrid ist in den vergangenen Monaten wegen seiner äußerst laxen Corona-Regeln zur Partymetropole Europas geworden. „Wir sind frei“, sangen junge Menschen, die sich in der Nacht zum Sonntag in Madrids City versammelten.
Allerdings weckten die Bilder von großen Gruppen, die ohne Sicherheitsabstand und Maske auf Straßen tanzten, auch Befürchtungen, dass mit dem Auslaufen des nationalen Ausnahmerechts die Infektionskurve wieder ansteigen könnte. Spaniens Regierung mahnte: „Wir müssen vorsichtig bleiben.“
„Die Inselregierung stranguliert uns“Kneipiers auf Mallorca