So werden die raren Sanddünen gerettet
Auch wenn es nicht gut aussieht: Im Brachter Wald wurden Bäume gefällt und Boden entfernt. Was dahinter steckt.
BRÜGGEN Viele Spaziergänger, die im Brachter Wald Ruhe, Erholung und das Natur-Erlebnis suchen, haben sich seit Januar immer wieder gefragt, welche Arbeiten dort auf einer sieben Hektar großen Fläche ausgeführt werden. Darauf hat Peter Koshorn, der als Biologe an der Biologischen Station Krickenbecker Seen tätig ist, die Antworten – und diese musste er bereits häufig Spaziergängern geben.
In dem Bereich wurden ein paar hundert Nadelbäume wie etwa Kiefern oder Lärchen gefällt oder deren Äste ausgedünnt, anschließend wurden sowohl der mit Gras überzogene Oberboden als auch die Humusstreu entfernt. „Jetzt sind die Arbeiten, die seit Mitte Januar laufen, größtenteils abgeschlossen“, erklärt der Fachmann.
Das Ziel all’ dieser Aktivitäten: Binnendünen, Sandheiden und Borstgrasrasen offenzulegen und wiederherzustellen. In ganz Nordrhein-Westfalen sind diese Landschaftsformen, insbesondere der Borstgrasrasen, überaus selten: Sie stellen bedrohte Lebensräume dar und sollen geschützt werden, um dort lebenden Pflanzen- und Tierarten wie die stark gefährdete Zauneidechse, den Ziegenmelker oder die gefährdete Schlingnatter zu erhalten und für sie bessere Lebensbedingungen zu schaffen.
In diesem Bereich der Brachter Wälder und Heiden ist außerdem noch eine Pflanzen-Rarität zu finden: Nur dort als einzigen Ort in Deutschland, wächst die Graue Glockenheide.
Möglich wurden die Maßnahmen im Brachter Wald durch Mittel von der Europäischen Union (EU). Dafür hat die Biologische Station mit der Bezirksregierung Münster und der NRW-Stiftung zusammengearbeitet. Corinna Kaiser von der Bezirksregierung Münster beziffert die Kosten für die jetzt beendeten Arbeiten im Brachter Wald auf „rund 150.000 Euro“. Ansgar Reichmann, Leiter der Biologischen Station und Biologe, sieht in dem Vorhaben eine große Möglichkeit für die Artenvielfalt: „Mit den EU-Geldern bietet sich uns hier die einmalige Chance, die seltene Dünenvegetation wiederherzustellen, um die Biodiversität zu fördern.“
Die Arbeiten im Brachter Naturschutzgebiet gehören zu dem von der EU-geförderten Projekt „Atlantische Sandlandschaften“: Dieses Vorhaben setzten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gemeinsam um, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Das Projekt läuft insgesamt zehn Jahre, so lange steht den beiden Bundesländern insgesamt ein Budget von rund 16,9 Millionen Euro zur Verfügung. 60 Prozent der Mittel hat die Europäische Union gestellt, jeweils 20 Prozent die beteiligten Bundesländer. Die Gesamtverantwortung für das Vorhaben liegt in NRW beim Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz.
Im Brachter Wald wurde in sieben unterschiedlichen Bereichen
Kiefern und Lärchen gefällt oder gestutzt, anschließend wurden die obersten Schichten der Dünenkuppen abgezogen. Bei diesem Verfahren, dem Plaggen, waren Maschinen notwendig. Im nächsten Schritt wurden die umgebenden Heideflächen von Büschen befreit.
Damit die neu geschaffenen offenen Landschaftsformen auch Bestand haben, werden sie zwar zum
einen sich selbst überlassen. Bis gefährdete Tierarten zurückkehren, werde es wohl noch zwei bis drei Jahre dauern.
Doch laut Peter Kolshorn geht es spätestens im Juni zum anderen mit der üblichen Pflege durch Weidetiere weiter: Dann werden im Brachter Wald wieder Schafe, Ziegen, Pferde und Rinder grasen, neben dem dort freilebenden Damwild.