Rheinische Post Viersen

So werden die raren Sanddünen gerettet

Auch wenn es nicht gut aussieht: Im Brachter Wald wurden Bäume gefällt und Boden entfernt. Was dahinter steckt.

- VON DANIELA BUSCHKAMP

BRÜGGEN Viele Spaziergän­ger, die im Brachter Wald Ruhe, Erholung und das Natur-Erlebnis suchen, haben sich seit Januar immer wieder gefragt, welche Arbeiten dort auf einer sieben Hektar großen Fläche ausgeführt werden. Darauf hat Peter Koshorn, der als Biologe an der Biologisch­en Station Krickenbec­ker Seen tätig ist, die Antworten – und diese musste er bereits häufig Spaziergän­gern geben.

In dem Bereich wurden ein paar hundert Nadelbäume wie etwa Kiefern oder Lärchen gefällt oder deren Äste ausgedünnt, anschließe­nd wurden sowohl der mit Gras überzogene Oberboden als auch die Humusstreu entfernt. „Jetzt sind die Arbeiten, die seit Mitte Januar laufen, größtentei­ls abgeschlos­sen“, erklärt der Fachmann.

Das Ziel all’ dieser Aktivitäte­n: Binnendüne­n, Sandheiden und Borstgrasr­asen offenzuleg­en und wiederherz­ustellen. In ganz Nordrhein-Westfalen sind diese Landschaft­sformen, insbesonde­re der Borstgrasr­asen, überaus selten: Sie stellen bedrohte Lebensräum­e dar und sollen geschützt werden, um dort lebenden Pflanzen- und Tierarten wie die stark gefährdete Zauneidech­se, den Ziegenmelk­er oder die gefährdete Schlingnat­ter zu erhalten und für sie bessere Lebensbedi­ngungen zu schaffen.

In diesem Bereich der Brachter Wälder und Heiden ist außerdem noch eine Pflanzen-Rarität zu finden: Nur dort als einzigen Ort in Deutschlan­d, wächst die Graue Glockenhei­de.

Möglich wurden die Maßnahmen im Brachter Wald durch Mittel von der Europäisch­en Union (EU). Dafür hat die Biologisch­e Station mit der Bezirksreg­ierung Münster und der NRW-Stiftung zusammenge­arbeitet. Corinna Kaiser von der Bezirksreg­ierung Münster beziffert die Kosten für die jetzt beendeten Arbeiten im Brachter Wald auf „rund 150.000 Euro“. Ansgar Reichmann, Leiter der Biologisch­en Station und Biologe, sieht in dem Vorhaben eine große Möglichkei­t für die Artenvielf­alt: „Mit den EU-Geldern bietet sich uns hier die einmalige Chance, die seltene Dünenveget­ation wiederherz­ustellen, um die Biodiversi­tät zu fördern.“

Die Arbeiten im Brachter Naturschut­zgebiet gehören zu dem von der EU-geförderte­n Projekt „Atlantisch­e Sandlandsc­haften“: Dieses Vorhaben setzten die Bundesländ­er Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen gemeinsam um, um die biologisch­e Vielfalt zu erhalten. Das Projekt läuft insgesamt zehn Jahre, so lange steht den beiden Bundesländ­ern insgesamt ein Budget von rund 16,9 Millionen Euro zur Verfügung. 60 Prozent der Mittel hat die Europäisch­e Union gestellt, jeweils 20 Prozent die beteiligte­n Bundesländ­er. Die Gesamtvera­ntwortung für das Vorhaben liegt in NRW beim Ministeriu­m für Umwelt, Landwirtsc­haft, Natur- und Verbrauche­rschutz.

Im Brachter Wald wurde in sieben unterschie­dlichen Bereichen

Kiefern und Lärchen gefällt oder gestutzt, anschließe­nd wurden die obersten Schichten der Dünenkuppe­n abgezogen. Bei diesem Verfahren, dem Plaggen, waren Maschinen notwendig. Im nächsten Schritt wurden die umgebenden Heidefläch­en von Büschen befreit.

Damit die neu geschaffen­en offenen Landschaft­sformen auch Bestand haben, werden sie zwar zum

einen sich selbst überlassen. Bis gefährdete Tierarten zurückkehr­en, werde es wohl noch zwei bis drei Jahre dauern.

Doch laut Peter Kolshorn geht es spätestens im Juni zum anderen mit der üblichen Pflege durch Weidetiere weiter: Dann werden im Brachter Wald wieder Schafe, Ziegen, Pferde und Rinder grasen, neben dem dort freilebend­en Damwild.

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FOTO: N. NEIKES, BIOSTATION KRICKENBEC­KER SEEN Nadelbäume sind gefällt, die oberen Bodenschic­hten sind abgetragen: Das ist die Fläche nach Abschluss der Arbeiten.
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FOTO: N. NEIKES/BIOSTATION So sah die Fläche im Brachter Wald aus, bevor im Januar die Arbeiten begonnen wurden.
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FOTO: DPA Der Ziegenmelk­er soll bessere Lebensbedi­ngungen vorfinden.

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