Der KFC ist ein glücklicher Verlierer
Die Uerdinger Chancen auf den Klassenerhalt sinken nach der 1:4-Niederlage in Kaiserslautern in Richtung Nullpunkt, doch bereits tags darauf kehrt die Hoffnung dank der Resultate der Konkurrenz zurück.
Nachdem Schiedsrichter Mitja Stegemann die Partie zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem KFC Uerdingen um 15.52 Uhr abgepfiffen hatte, sank Dave Gnaase auf dem Rasen des Fritz-Walter-Stadions nieder. Haktab Omar Traoré satzte sich auf den Trainerstuhl und blickte nachdenklich in den Himmel. Edvinas Girdvainis, der nur eine Viertelstunde gespielt hatte, absolvierte mit Athletiktrainer Ruben Solis noch ein individuelles Training. Die Roten Teufel hingegen waren im siebten Himmel. Sie feierten erst im Mannschaftskreis und gingen dann zum Stadiontor, wo sich mehrere hundert Fans versammelt hatten und ihr Team feierten. Die Anhänger verabschiedeten ihre Lieblinge so, wie sie sie empfangen hatten, als der Mannschaftsbus vor dem Spiel an der Arena vorfuhr: mit einem pyrotechnischen Feuerwerk.
Die Lauterer waren längst in der Kabine verschwunden, da stand Dave Gnaase noch immer auf dem Rasen. Er hatte ebenso Gesprächsbedarf wie Teamchef Stefan Reisinger, der telefonierte. Gnaase suchte Zerstreuung nach der bitteren 1:4-Niederlage. „Wir sind gut ins Spiel gekommen“, sagt Gnaase, der dann um Fassung ringt. „Es ist schwierig zu erklären, ob es Fehler oder ganze Fehlerketten waren. So wie die ersten zwei, drei Tore gefallen sind, das darf nicht passieren. Vielleicht haben wir uns nach dem 1:0 auch wieder zu weit hinten rein drücken lassen. Da läuft man dann hinterher.“
Erst um 16.22 Uhr verließ Gnaase den grünen Rasen des Fritz-Walter-Stadions. Vermutlich hatte er dabei das Gefühl, dass er mit dem KFC in der kommenden Saison hier nicht mehr hier spielen wird. Aber die Hoffnung hatte er trotz der niederschmetternden Niederlage nicht aufgegeben: „Die anderen spielen morgen erst. Ich will nicht hoffen, dass sie beide jeweils drei Punkte einfahren. Und dann müssen wir nächste Woche Vollgas geben. Rechnerisch ist noch alles möglich.“
Gnaase, zu dessen Stärken gehört, ein Spiel zu lesen und Situationen zu antizipieren, hatte den richtigen Riecher bewiesen. Denn 24 Stunden später sah die Welt schon wieder etwas anders aus, als unmittelbar nach der bitteren Schlappe in der Pfalz. Die Heimniederlage des
SV Meppen (0:2 gegen den Vorletzten VfB Lübeck) und die 1:2-Niederlage des FC Bayern München II beim Schlusslicht Spielvereinigung Unterhaching gaben den Hoffnungen
Kaiserslautern – Uerdingen 4:1 der Uerdinger neue Nahrung. „Das ist ja der Wahnsinn“, sagte Teamchef Stefan Reisinger, der die Spiele natürlich verfolgt hatte und anschließend mit der kleinen Tochter auf den Spielplatz ging, um abzuschalten. „Aber im Grunde ist es ja nicht neu, sondern schon die ganze Saison so: jeder kann jeden schlagen.“
Der KFC muss allerdings noch seinen Beitrag leisten, wenn er tatsächlich noch den Abstieg verhindern und den Klassenerhalt feiern will. Dazu wird die Leistung von Kaiserslautern trotz der Steigerung nicht ausreichen. Das Ergebnis fiel natürlich um ein Tor zu hoch aus, doch es bedarf in den nächsten zwei Wochen einer Verbesserung auf allen Positionen – vom Torhüter über die Abwehr, das Mittelfeld bis hin zum Sturm.
Die gefühlte Achterbahnfahrt des KFC Uerdingen geht weiter. In den zurückliegenden Tagen hat sie allerdings an Geschwindigkeit derart zugenommen, dass manch ein Fan nicht mehr hinsehen mochte. Am Mittwoch sinkt der Mut nach dem verlorenen Heimspiel gegen Viktoria Köln, am Donnerstag geben die Gläubiger ein ermutigendes Signal, indem sie dem vorgelegten Insolvenzplan zustimmen, am Samstag scheint der KFC nach der Niederlage in Kaiserslautern bereits abgestiegen und nicht mehr zu retten, am Sonntag verlieren auch beide Konkurrenten, so dass die Hoffnung zurückkehrt. Und nun?
Fest steht nur eines: Es gibt keinerlei Planungssicherheit. Ob die Uerdinger im Saisonendspurt tatsächlich noch den Klassenerhalt feiern können, steht frühestens am 22. Mai gegen 15.50 Uhr fest. Sollte die Entscheidung früher fallen, so wäre sie negativ und würde den Abstieg bedeuten.
Das wiederum wäre für den Verein ein Desaster, denn es würde bedeuten, dass anstatt der Planungssicherheit die Unsicherheit zunehmen würde. Dann wäre der vorgelegte Insolvenzplan obsolet, dann wäre es höchst fraglich, ob Investor Roman Gevorkyan über das Saisonende hinaus den Verein alimentieren würde, dann wäre ungewiss, ob der KFC überhaupt in der Regionalliga spielen könnte. Der Abstieg könnte also einen Domini-Effekt großen Ausmaßes auslösen.
Noch besteht die Chance, einen solchen Super-Gau zu verhindern. Dazu müssten die Spieler möglichst all das vergessen, was in den zurückliegenden Tagen, Wochen und Monaten war. Dazu müssten sie erkennen, dass es an ihnen liegt, ihre Drittligatauglichkeit nachzuweisen, um sich eine gute Verhandlungsbasis für die kommende Saison zu verschaffen.