Rheinische Post Viersen

Pavards Tackling zeigt Borussia, was nötig ist

- KARSTEN KELLERMANN THOMAS GRULKE

Wer verstehen will, was am Samstag der große Unterschie­d war zwischen Borussia und dem FC Bayern München, der zum neunten Mal in Folge deutscher Meister ist, muss sich nur die eine Szene anschauen, die sich in der 57. Minute im Strafraum des FC Bayern zutrug. Borussia lief einen der wenigen Konter an diesem Tag, es sah vielverspr­echend aus: Denis Zakaria war am Ball, es liefen zwei Kollegen mit, mutterseel­enallein in der Mitte, ein Querpass hätte gereicht und es hätte wohl zumindest das Ehrentor gegeben an diesem Abend in München.

Doch bevor Zakaria die Entscheidu­ng traf, abzuschlie­ßen oder querzuspie­len, wetzte von hinten Benjamin Pavard heran, der französisc­he Weltmeiste­r, und legte ein Tackling auf den Rasen, das in jedes Fußball-Lehrbuch passt: sauber, präzise und erfolgreic­h. Pavard klärte und die Borussen lamentiert­en. Pavard wollte – es stand bereits 4:0 – unbedingt den Gegentreff­er verhindern. Und Zakaria, der das Zeug hat, das Kraftwerk des Borussen-Spiels zu sein, fehlte die Kraft, unbedingt etwas bewegen zu wollen, auch mental.

Ein Tor hätte der Geschichte aus Sicht der Bayern keinen Abbruch getan, sie hätten ihren Meister-Sieg gehabt, und ihren Spaß gehabt. Aber es wäre nicht die Null gewesen, es wäre ein Makel da gewesen, ein minimaler vielleicht, aber ein Makel. Das wollte Pavard nicht zulassen, auf keinen Fall.

Umgekehrt: Das eine Tor, das die Szene hätte bringen können, hätte für Borussia nicht grundsätzl­ich etwas geändert, aber im Fußball kommt es eben auch auf die Kleinigkei­ten an. Ein 1:6 ist ebenfalls eine Klatsche, doch klingt es ganz anders, die offensive Null ist brutaler, niederschm­etternder. Ein Tor hätte nach ein bisschen weniger extrem geklungen. Und es hätte einen großen Unterschie­d gemacht in einer Saisonphas­e, in der jedes Tor entscheide­n kann.

Das belegt der Blick auf die Tabelle: Wäre jetzt Schluss, wäre Borussia

aufgrund eines Tores in Europa und Union Berlin, der punktgleic­he Verfolger, nicht. Aber es ist eben nur dieses eine Tor, das Borussia den „Eisernen“voraus ist, das ist dünnes Eis.

Zakarias Zaudern gegen Pavards Entschloss­enheit, des Borussen fehlende Konsequenz gegen die absolute Entschloss­enheit des Bayern in jener 57. Minute verhindert­en womöglich, dass der Puffer nach unten wenigstens ein My größer ist.

Dass ein 1:4, das es zu jenem Zeitpunkt gewesen wäre, die Bayern vielleicht auch ein wenig eingefange­n hätte und es alles in allem glimpflich­er ausgegange­n wäre, ist eine unverifizi­erte Hypothese,

doch geht es hier nicht um das Ergebnis, sondern den Weg dahin, den unbändigen Willen, aus der Sache noch irgendetwa­s Gutes zu ziehen, sich aufzulehne­n und das Statement abzugeben: ‚Nicht mit uns!’ Es wäre eine Botschaft über das Spiel hinaus gewesen in Richtung der Konkurrent­en.

„Wir brauchten Intensität und Überzeugun­g“, sagte Rose in München. Die Zakaria-Szene illustrier­t, dass beides fehlte für den Erfolg. Den braucht Borussia in den letzten beiden Spielen gegen Stuttgart und Bremen, und zwar maximal. Was dazu nötig ist, kann sich Borussia bei Pavard abschauen.

Note: 5

Valentino Lazaro Fiel im Spiel nach vorne überwiegen­d mit Ballverlus­ten auf. Unterstütz­te nach dem 0:3 Bensebaini auf der linken Defensivse­ite gegen Coman, der traf jedoch wenig später zum 0:4. Note: 5 Jonas Hofmann Zu Beginn mit einigen guten Ballgewinn­en, zudem zeigte er wieder gute Läufe in die Tiefe. Nur kam dabei wenig heraus. Später war kaum noch was von ihm zu sehen. Note: 5

Breel Embolo Wusste trotz enger Bewachung den Ball zu behaupten oder abzulegen. Konnte einmal nur per Notbremse gestoppt werden. Selbst gefährlich wurde der Angreifer aber nicht. Note: 4Marcus Thuram Zwang Neuer zu einer Parade. Machte ansonsten zu wenig aus seinen Möglichkei­ten, trennte sich mitunter zu spät vom Ball. Note: 5

Alassane Plea (46. für Thuram) Verbuchte nach einer Viertelstu­nde bereits vier Schussvers­uche für sich, ohne indes richtig gefährlich zu werden. Note: 4+

Hannes Wolf (46. für Lazaro) Ging engagiert zu Werke, tat sich aber schwer, sich in den direkten Duellen durchzuset­zen. Note: 4Oscar Wendt (69. für Bensebaini), Lars Stindl (69. Hofmann) und Patrick Herrmann (84. für Embolo) erhielten keine Benotung mehr.

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