Fortunas Umgang mit ungeimpften Profis
Vereine dürfen die Spieler nicht zwingen. Daher müssen sie im Team Wege finden, damit umzugehen.
DÜSSELDORF (gic) Am letzten offiziellen Arbeitstag der vergangenen Saison hatte Fortuna seinen Spielern ein zum damaligen Zeitpunkt noch recht exklusives Angebot unterbreitet. Wer wollte, konnte sich mit Astrazeneca gegen das Coronavirus impfen lassen. Von dieser Möglichkeit hat allerdings nur eine sehr überschaubare Gruppe dem Vernehmen nach Gebrauch gemacht. Viele Spieler, so haben sie es unserer Redaktion selbst berichtet, wollten lieber auf Biontech warten.
Mittlerweile ist Impfstoff hierzulande in ausreichendem Maße verfügbar. Und auch ein Großteil der Mannschaft ist mindestens einmal, der komplette Betreuerstab inklusive Trainerteam schon komplett durchgeimpft. Ausdrücklicher Wunsch des Vereins: Alle sollen ein entsprechendes Angebot annehmen und sich impfen lassen.
Bei einigen Profis stoßen diese Appelle allerdings auf taube Ohren. In der „Bild“hatte Vorstandsmitglied Klaus Allofs Anfang des Monats noch gesagt: „Alle wollen sich impfen lassen! Wir hoffen, auch bei den Spielern bald die 100 Prozent erreicht zu haben. Wie es schon bei den Trainern und Betreuern der Fall ist.“Allofs ist wohl selbst nicht davon ausgegangen, dass es ein paar hartnäckige Impfverweigerer in den eigenen Reihen gibt. Grundsätzlich ist es zunächst natürlich eine sehr individuelle Entscheidung. Ohne entsprechende gesetzliche Pflicht, kann jeder sich dafür entscheiden oder es lassen. Für das Unternehmen Fortuna steht allerdings einiges auf dem Spiel. Würde sich einer der nicht-geimpften Spieler infizieren, fiele er mindestens 14 Tage aus, inwieweit auch noch das Umfeld betroffen wäre, müsste sich im Einzelfall zeigen.
Finanziell könnte man zudem einiges einsparen. Denn bei vollständig Geimpften fällt laut neuer DFL-Hygieneverordnung die Pflicht der täglichen Schnelltests weg. Fortuna hat in der vergangenen Saison mehr als 250.000 Euro nur für Corona-Testungen ausgegeben. Viel Geld für einen Klub, der an allen Ecken und Enden sparen muss, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Pikant: In Teilen der Mannschaft kommt die Haltung der wenigen Verweigerer nicht gut an. Kein Wunder, schließlich hat die überwältigende Mehrheit eine andere Entscheidung getroffen – auch zum Wohle der Gemeinschaft. Allofs sagt: „Wir hoffen darauf, mit unseren Argumenten überzeugen zu können.“Es ist ein hochemotionales Thema, ein sehr aufgelandenes obendrein. Eine Suspendierung oder einen Ausschluss aus dem Team soll es für die Impfverweigerer nicht geben. Die Auflagen der DFL lassen ausreichend Spielraum, um damit entsprechend umzugehen.
In den vergangenen Monaten hat es im Fortuna-Kader bislang fünf Corona-Fälle gegeben. Nana Ampomah (25) und Dawid Kownacki (24) im August 2020, Luka Krajnc (26) im November 2020, im Januar Jakub Piotrowski (23) und Kenan Karaman (27) im April. Kownacki wurde, wie alle polnischen Nationalspieler, vor der Europameisterschaft mit Johnson & Johnson geimpft.
Rechtlich ist die Sache recht eindeutig. „Es gibt grundsätzlich keine Impfpflicht, so dass die Fortuna niemanden zwingen kann, sich impfen zu lassen. Es dürfen daher auch keine Nachteile an das Nicht-Impfen geknüpft werden. Dagegen sind Vergünstigungen für Geimpfte durchaus zulässig“, sagt Sportrechtsexperte Paul Lambertz. „Ich denke jedoch, dass die Macht des Faktischen hier schnell für eine Sondierung der Mannschaft sorgen wird. Die Ungeimpften sorgen ja offensichtlich jetzt schon für Unfrieden und Mehrkosten, was ja keiner haben will. All dies wird sicherlich bei den nächsten Vertragsgesprächen eine Rolle spielen. Meine Prognose daher: Nach und nach werden die ungeimpften Spieler aus den Kadern verschwinden.“