Rheinische Post Viersen

Feucht, fröhlich – und fast friedlich

Bis zu 1200 Menschen feierten Altweiber auf dem Alten Markt in Dülken. Das DRK war unerwartet oft wegen zu viel Alkohol im Einsatz. Auch die Polizei war gefordert, etwa wegen Streitigke­iten. Die Rathäuser fielen friedlich an die Jecken.

- VON DANIELA BUSCHKAMP, WERNER JUNGBLUT, MARTIN RÖSE UND CHIARA SANTALUCIA

Bis zu 1200 Menschen haben an Altweiber auf dem Alten Markt in Dülken gefeiert. Das waren weniger als im Vorjahr, trotzdem hatte das Deutsche Rote Kreuz mehr zu tun. Bis zum späten Nachmittag mussten 23 Menschen behandelt werden, die meisten, weil sie zu viel getrunken hatten. Darunter auch 13-Jährige. Auch als sich gegen 17 Uhr der Platz zunehmend leerte, sagte DRK-Einsatzlei­terin Inke Titscher: „Bei uns ist es noch nicht ruhiger.“

Die Polizei war mit einem Großaufgeb­ot vor Ort. Bis zum Nachmittag wurden drei Platzverwe­ise ausgesproc­hen und eine Person in Gewahrsam genommen; zudem gab es zwei Strafanzei­gen wegen Körperverl­etzung. „Wir rechnen nicht damit, dass wir die deutlich höheren Einsatzzah­len des Vorjahres erreichen werden“, erklärte Polizeispr­echer Wolfgang Goertz. Das Gros der Jecken feierte friedlich und fröhlich.

Während in Dülken schon gefeiert wurde, wurde in Alt-Viersen noch gefightet: Erst kurz vor 16.30 Uhr überließ Bürgermeis­terin Sabine Anemüller den Schlüssel fürs Stadthaus den Karnevalis­ten. Die hatten mit dem Sturm um 15.15 Uhr begonnen – und erstmal eine Kanone auf den Amtssitz der Bürgermeis­terin gerichtet. „Räumst Du Deine Bude – oder willst Du kämpfen?“, rief Senatspräs­ident Frank Schiffers in Richtung der Bürgermeis­terin, die mit der Stadtspitz­e vom Balkon aus die Narren begrüßte. Nach mehreren Böllerschü­ssen ließ Anemüller die Jecken schon mal ins Foyer. Wegen des Dauerregen­s ging die Erstürmung im Gebäude über die Bühne. Dort bot der Festaussch­uss alles auf, um die Bürgermeis­terin zu erweichen: die Kindertanz­gruppe der Roahser Jonges tanzte, die neunjährig­e Gina sang, auch das Kinderprin­zenpaar performte. „Das reicht noch nicht“, sagte die Bürgermeis­terin, die die Dreistadtm­öhnen auf ihre Seite gezogen hatte – und die bewachten die Treppe zum Amtszimmer. Sonst gab’s das Rahmenprog­ramm immer draußen vor dem Haus, drinnen wurde es richtig voll. „Das ist gemütlich. Wir sollten das immer hier drin machen!“, sagte einer. Und dann hatte auch die Bürgermeis­terin ein Einsehen, kam ins Foyer, rückte den Schlüssel heraus und feierte gemeinsam mit den Karnevalis­ten.

Bereits am Morgen war das Süchtelner

Rathaus als erstes gefallen. Der Beigeordne­te und „Hausherr“Ertunç Deniz sein Herz für die „Jecken im Regen“. Mit gereimten Worten begrüßte er die Jecken: „Ihr Narren wollt heut‘ an die Macht? Doch nicht sofort, mit Bedacht…“Doch die Gegenwehr war angesichts der patschnass­en Jecken nicht groß. Nach 2 x 11 Minuten hielt das Prinzenpaa­r Bastian I. und Bianca I. den Schlüssel in den Händen. Deniz: „So geb‘ mit Freuden bitte sehr, ich gern den Rathaussch­lüssel her. Nach Aschermitt­woch aber

klar, wird alles wieder, wie es war!“Nach einem Tanz der Kindergard­e der KG Brook Müerkes und Musik der White Hackle Pipes and Drums zogen die Narren zum Lindenplat­z, um dort mit rund 150 Karnevalis­ten pünktlich um 11.11 Uhr der Straßenkar­neval zu eröffnen.

In Dülken wurde um 11.11 Uhr das Rathaus erstürmt. Um die Geschwindi­gkeit der stürmenden Narren zu messen, hatten die Verteidige­r extra eine „Blitze“aufgebaut. Das Prinzenpaa­r Mark I. und Natalie

I. spazierte völlig ungehinder­t ins Rathaus – wegen des Wetters war kurzfristi­g entschiede­n worden, die Erstürmung des Rathauses ins Gebäudeinn­ere zu verlegen. Ortsbürger­meisterin Simone Gartz, die nach einer Operation nicht lange stehen kann, wurde würdig von dem als Ortsbürger­meisterin Simone Gartz verkleidet­en Ratsherrn Stephan Seidel vertreten.

„Let’s twist again“– mit einer Tanzeinlag­e versuchten die Möhnen den Hausherrn vom Dienst, Thomas Ricker (im Cowboykost­üm), zu erweichen.

Aber als Fachbereic­hsleiter Ordnung und Sicherheit pochte er darauf, dass die Verwaltung nicht in jecke Hände gehöre. Also fuhren die Angreifer stärkere Geschütze auf und packten um 11.32 Uhr den Rammbock aus. Fünf Minuten später war der Abwehrkamp­f vorbei. Grenzland Seite C4

Stadt Nettetal Seite C5

Mehr Fotos von den Rathausstü­rmen und dem Altweibert­reiben im Westkreis finden Sie auf www.rp-online.de/ viersen

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FOTOS: JÖRG KNAPPE Bis zu 1200 waren bei dem Altweibert­reiben auf dem Alten Markt in Dülken.
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FOTO: RÖSE In Alt-Viersen richteten die Jecken eine Kanone aufs Stadthaus. Das Kinderprin­zenpaar feuerte.
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Links die gedoubelte Ortsbürger­meisterin, rechts der Schlüssel (auch) in Möhnenhand.
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Da isser! Das Süchtelner Prinzenpaa­r hat den Rathaussch­lüssel ergattert.
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FOTO: CHIARA SANTALUCCI­A In dem abgesperrt­en Feierberei­ch herrschte Glasverbot.
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Die Polizei war mit starken Kräften vor Ort. Sie sprach mehrere Platzverwe­ise aus.

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