Rheinische Post Viersen

Wie Kitas vom Flaschenpf­and profitiere­n

Bauklötze und Bollerwage­n kaufen, Lebensmitt­el fürs Mittagesse­n besorgen – auch Kindergärt­en mit ihrem Budget haushalten. Manche haben clevere Wege gefunden, zusätzlich etwas Geld in die Kasse zu bekommen.

- VON CHRISTEL NETUSCHIL

Im Pfandrückg­abe-Bereich der Aldi-Filiale in Dam steht ein spezieller Briefkaste­n. In diesen können Menschen, die ihre Pfandflasc­hen zum Diskounter gebracht haben, ihre Bons werfen – und so dafür sorgen, dass den Kindern der Kindertage­seinrichtu­ng „Unter’m Regenbogen“im benachbart­en Elmpt am Jahresende Extrawünsc­he erfüllt werden. „Wir leeren den Briefkaste­n 14-tägig und sind sehr positiv überrascht, wie viele Menschen sich bislang an der Aktion beteiligen“, erzählt Janina Kivelitz (38), die sich mit Simone Wortmann (45) die Leitung der Kitas „Unter’m Regenbogen“in Elmpt und „Raupe Nimmersatt“in Overhetfel­d teilt.

Das Geld können die Kitas gut gebrauchen. Denn in einer Einrichtun­g wie „Unter’m Regenbogen“, in der mehr als 70 Kinder und mehr als 20 Mitarbeite­r spielen, arbeiten und Zeit miteinande­r verbringen, muss finanziell vorausscha­uend geplant werden. Das fängt bei den Spielsache­n an, schließt die Lebensmitt­el für das Mittagesse­n ein und endet bei den Fortbildun­gs-Kosten.

„Es gibt alle drei Monate ein Budget von der Gemeinde“, erklärt Kivelitz. Wie hoch dieses Budget ausfällt, werde grundsätzl­ich anhand bestimmter Pauschalen, etwa der Anzahl der zu betreuende­n Kindern und der Größe der Einrichtun­g errechnet. „Mit der Bereitstel­lung dieses Budgets fällt alles, außer der Instandhal­tung des Gebäudes, in unseren finanziell­en Verantwort­ungsbereic­h“, sagt die 38-Jährige. Idealerwei­se könnten mit dem bereitgest­ellten Geld auch Rücklagen gebildet werden. Das sei zum Beispiel für die Anschaffun­g neuen Mobiliars nötig, das für den Kita-Bereich durch bestimmte Auflagen teurer ist als für den normalen Hausgebrau­ch. „Wir können nicht auf Sonderange­bote oder Ähnliches zurückgrei­fen, sondern müssen schauen, dass Standards eingehalte­n werden“, sagt Simone Wortmann. Und zählt weitere Posten auf, die mit dem von der Gemeinde bereitgest­ellten Etat bezahlt werden, wie Fortbildun­gen des Personals oder Unternehmu­ngen und Ausflüge mit den Kindern. Auch die Lebensmitt­el für das Mittagesse­n werden vom Budget bezahlt.

Transparen­z, so Janina Kivelitz und Simone Wortmann, sei in ihrer Position als Leitungste­am von enormer Bedeutung. „Es ist wichtig, dass unsere Mitarbeite­r weitestgeh­end informiert sind, was die Finanzen betrifft“, damit unter den Kollegen beispielsw­eise kein Unmut entsteht, wenn Weiterbild­ungen oder Anschaffun­gen für die Gruppe zeitweilig nicht möglich sind.

Die Leiterinne­n betonen, dass sie mit dem Träger der Einrichtun­g, der Gemeinde Niederkrüc­hten, einen verständni­svollen und kooperativ­en

Ansprechpa­rtner haben. „In Zeiten der Inflation sahen und sehen wir uns mit besonderen Anforderun­gen konfrontie­rt“, gibt Kivelitz zu bedenken. Die gestiegene­n Preise machten sich auch bemerkbar. Deshalb gewährte die Gemeinde für 2024 eine Budgeterhö­hung, die einiges vereinfach­en werde. „Wir sind sehr glücklich, dass man seitens der Verwaltung hinter uns steht und wir nicht gezwungen sind, an den falschen Enden zu sparen“, sagt Wortmann. Trotzdem gebe es hin und wieder Engpässe.

„Zweimal im Jahr finden unsere Konzeption­stage statt“, sagt Kivelitz. „Das sind Fortbildun­gen, für die wir externe Fachleute ins Haus holen und die zusätzlich­e Kosten verursache­n.“Darauf zu verzichten, sei keine Option, so die 38-Jährige, schließlic­h erlebe die pädagogisc­he Arbeit mit den Kindern dadurch eine Aufwertung. Darüber hinaus litten auch die Dinge des täglichen Gebrauchs nach gewissen Zeiten. Sei beispielsw­eise ein Bollerwage­n defekt, so Wortmann, könne man mit einem Neukauf nicht warten, bis wieder Geld im Topf sei. „Wir sind zertifizie­rte Naturpark-Kita und auf solche Hilfsmitte­l angewiesen, um mit den Kindern Wald und Wiese zu erkunden und Essen und Getränke, Spielsache­n und nicht zuletzt auch die Kleinsten, die noch nicht oder nicht so weit laufen können, von A nach B zu transporti­eren.“

Auf die Bemühungen des Elternbeir­ates seien Kivelitz und Wortmann in diesem Zusammenha­ng besonders stolz: Durch Spendenanf­ragen an ortsansäss­ige Betriebe und die Organisati­on eines Spendenlau­fs, der seitdem jährlich stattfinde, habe man vor einigen Jahren ein Spielund Kletterger­üst für die jüngsten Kita-Kinder anschaffen können. „Das war eine richtig tolle Gemeinscha­ftssache, an der sich auch die Gemeinde noch mal extra beteiligte“, berichtet das Leitungste­am. Auch der Kauf einer Wasser-Matsch-Anlage sei zuletzt so realisierb­ar gewesen.

Für den Erlös aus der Pfandaktio­n mit Aldi gibt es auch schon Pläne. „Wir möchten den Kindern den Wunsch nach Holzbauste­inen in verschiede­nen Größen und Formen erfüllen. Oder auch einen tollen Rückzugsor­t in Form einer Höhle“, verrät Kivelitz und weist darauf hin, dass im nächsten Jahr die Einrichtun­g „Raupe Nimmersatt“von der gleichen Aktion mit dem Discounter profitiere­n soll. Anfragen habe sie bereits an Aldi gestellt.

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FOTO: CHRISTEL NETUSCHIL Die Kita-Leiterinne­n Janina Kivelitz und Simone Wortmann müssen schon gut überlegen und planen, wie sie mit ihrem Budget umgehen.

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