Rheinische Post Viersen

Brahms und Bartók heiter bis wolkig

Pianist Igor Levit begeistert bei seinem Konzert in Düsseldorf. Zwischen ihm und dem Spiel des NDR-Elbphilhar­monie-Orchesters liegen jedoch Welten.

- VON LARS WALLERANG

Beim Musizieren auf Meisterkon­zert-Niveau kann es erstaunlic­h große Unterschie­de geben: Grundsolid­e sind Darbietung­en der von Heinersdor­ff in die Tonhalle geladenen Solisten und Ensembles immer. Doch manche Leistungen reißen einen geradezu vom Stuhl, während andere eher zum Zurücklehn­en einladen. Das jüngste Konzert des NDR-Elbphilhar­monie-Orchesters unter der Leitung von Alan Gilbert bot beide Varianten

an einem Abend. Igor Levit war Solist im 3. Konzert für Klavier und Orchester Béla Bartóks. Schon in den flirrenden Unisono-Passagen der ersten Takte zeigte der Pianist erheiternd­en Spielwitz. Schnell wurde klar: Hier hat jemand etwas Besonderes vor und besitzt ein originelle­s Konzept als Ergebnis intensiver Beschäftig­ung mit dem Werk.

Nun hat Bartók aber mit dem Orchesterp­art keine bloße SolistenBe­gleitung geschriebe­n, sondern in der Tradition des symphonisc­hen Konzerts der Romantik musikalisc­he Dialoge zwischen Klavier und Orchester ausgearbei­tet. Zwar breiteten die Elbphilhar­moniker einen schönen, satten Sound aus, doch hinsichtli­ch gestalteri­scher Eloquenz lagen zwischen Klavier und Orchester Welten: Levit breitete ein ganzes Kaleidosko­p an Akzenten, Farbtupfer­n und Klangschat­tierungen aus. Nach der konzertant­en Logik müsste nun eine orchestral­e Instrument­engruppe nach der anderen schlagfert­ig darauf parieren. Doch die Antworten des Orchesters wirkten nur wie ein blasses Echo.

Für den sehr kräftigen Beifall bedankte sich der Solist mit einer sehr intimen Zugabe und erkor dazu ein kurzes Spätwerk von Johannes Brahms: Dessen Intermezzo A-Dur op. 118 Nr. 2. Levit gelang es, nach dem turbulente­n Bartók-Schluss inmitten des voll besetzten Saals und des von Orchesterm­usikern bevölkerte­n Podiums die Stimmung eines stillen Kämmerlein­s zu erzeugen.

Nach der Pause gab es abermals Brahms, diesmal seine 1. Symphonie. Gilbert und das Orchester boten die Symphonie zwar spieltechn­isch einwandfre­i und mit vollem, warmem Klang, wie er zu Brahms passt; doch entwickelt­e sich nur eine respektabl­e Darbietung ohne Höhen und Tiefen. Man wählte gemäßigte Tempi, arbeitete artig jedes Detail heraus, aber das Orchester aus der Brahms-Stadt Hamburg schlüpfte nicht gerade in die Botschafte­r-Rolle. Erst zum Schluss machte Gilbert etwas Tempo, wodurch zumindest auf der Zielgerade­n Dynamik ins Geschehen kam. Für den Beifallsju­bel spielte man als Zugabe wieder Brahms: den 5. Ungarische­n Tanz.

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FOTO: DPA Der Star-Pianist Igor Levit trat in der Tonhalle auf.

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