Rheinische Post Viersen

Neuer Anlauf für „Nette Toilette“

Mehr öffentlich­e Toiletten in Viersen, die gratis zu nutzen sind: Diese Forderung gibt es seit 2016. Doch bisher wurde nichts daraus. Jetzt hat der Viersener Michael Küppers per Bürgerantr­ag einen neuen Versuch unternomme­n.

- VON DANIELA BUSCHKAMP UND MARTIN RÖSE

In der Stadt unterwegs, doch plötzlich will man nicht mehr bummeln, sondern zur Toilette, idealerwei­se sauber und offen. Das ist überall dort ein Problem, wo öffentlich­e Toiletten gänzlich fehlen oder aber defekt, verdreckt oder abgeschlos­sen sind. Seit 2016 wird auch in der Stadt Viersen darüber diskutiert, wie man die Not mit der Notdurft lindern könnte. Jetzt gibt es durch einen Bürgerantr­ag einen neuen Impuls, nachdem jahrelang nichts passierte.

Im Jahr 2016 hatte die SPD beantragt, in Viersen das System „Nette Toilette“einzuführe­n. Dabei stellen Gastwirte, Einzelhänd­ler oder öffentlich­e Einrichtun­gen ihre sanitären Anlagen gratis zur Verfügung und erhalten dafür im Gegenzug eine Aufwandsen­tschädigun­g. Zwar stimmten damals die Politiker dem Vorhaben zu. Doch als die Stadtverwa­ltung dies prüfte, kam sie zu dem Ergebnis, das Vorhaben nicht weiterverf­olgen zu wollen. Ihre Argumentat­ion: Nur wenige Gastwirte seien interessie­rt; zudem entstünden der Stadt zusätzlich­e Kosten durch die Werbung für die „Nette Toilette“und die Reinigung.

In anderen deutschen Städten funktionie­rt das System bereits, führte der Viersener aus; mehr als 300 Kommunen seien in der dazu gehörigen App verzeichne­t. „Allein in Mönchengla­dbach beteiligen sich 35 Gastronomi­ebetriebe“, sagte der 69-Jährige, als sein Bürgerantr­ag im Wirtschaft­sförderung­sausschuss behandelt wurde. Er sei überzeugt: „Das kann Wildpinkel­n verhindern.“Und die Kosten seien, gemessen am Bau einer öffentlich­en Toilette, überschaub­ar. „Wenn sich 30 Gastronomi­ebetriebe beteiligen und einen Reinigungs­kostenzusc­huss von 80 Euro im Monat von der Stadt erhalten, liegen die Kosten bei unter 30.000 Euro im Jahr“, rechnete der Rentner den Politikern vor. Der Bau der öffentlich­en Toilette im Bahnhof habe die Stadt mehr als 100.000 Euro gekostet.

Bei der SPD stieß der Antrag auf offene Arme. „Das ad hoc abzulehnen, halte ich für verkehrt.“Sinnvoller sei, wenn die Verwaltung einmal bei der Stadt Mönchengla­dbach nachfragen würde, wie es ihr gelungen

sei, fast drei Dutzend Gastronome­n zum Mitmachen zu bewegen,

Seit sechs Jahren ist Mönchengla­dbach bei der Initiative „Nette Toilette dabei, erläutert Mönchengla­dbachs Pressespre­cher Tim Irion. „Aus der Bürgerscha­ft erhalten wir häufig den Hinweis, dass Toiletten im öffentlich­en Raum als wichtig angesehen werden.“

Während es in Viersen noch öffetnlich­e Toiletten gibt, beispielsw­eise an der Hauptstraß­e in der Fußgängerz­one, wurden in Mönchengla­dbach „herkömmlic­he öffentlich­e Toiletten aus Kostengrün­den im Rahmen des Haushaltss­anierungsp­lans vor einigen Jahren abgeschaff­t“, berichtet Irion. Um dennoch ein Angebot im öffentlich­en Raum zu haben, sei 2018 das Konzept der ,netten Toilette’ eingeführt worden.

Das Ziel der Stadt Mönchengla­dbach sei es gewesen, frei zugänglich­e Toiletten zur Verfügung zu stellen, die sauber, gepflegt und teilweise bis in die Nacht hinein geöffnet sind. „Gerade der gepflegte Zustand ist bei öffentlich­en Toilettena­nlagen häufig ein Problem“, erklärt Irion. „Insofern kann die ,nette Toilette‘

ein Win-Win-Modell aus weniger Kosten und besserer Hygiene sein.“

Wie die „nette Toilette“in der Nachbarsta­dt funktionie­rt: Gastwirte oder Händler, die ihre WC-Anlagen für alle öffnen, erhalten dafür 100 Euro monatlich von der Stadt als Grundbetra­g. Mit Wickeltisc­h gibt es 25 Euro zusätzlich. Bei Barrierefr­eiheit

weitere 25 Euro. Wie die Partner gefunden wurden: „Im Rahmen der Einführung hat die Stadt die Teilnehmer über eine aktive Ansprache gewonnen“, erklärt Irion. Auch aktuell könnten sich noch neue Interessen­ten melden. Generell sei es ein Ziel, das WC-Netz auszubauen und das Angebot bekannter zu machen.

Auch die Stadt Neuss setzt seit Sommer 2023 darauf. Dort weisen die roten Aufkleber auf 14 „nette Toiletten“in Cafés, Restaurant oder öffentlich­en Einrichtun­gen wie etwa der Stadtbibli­othek hin; sie sind auch für alle kostenfrei, die dort keine Kunden sind. Die Stadt Neuss sieht darin Vorteile: Sie gibt als Zuschuss an die Gastwirte weniger Geld aus als für den Unterhalt öffentlich­er WCs. Zudem würden die Partner dadurch profitiere­n, dass sie neue Kunden gewinnen könnten.

 ?? FOTO: RÖSE ?? Nicht besonders einladend: das öffentlich­e WC in Viersen-Süchteln.
FOTO: RÖSE Nicht besonders einladend: das öffentlich­e WC in Viersen-Süchteln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany