Neuer Anlauf für „Nette Toilette“
Mehr öffentliche Toiletten in Viersen, die gratis zu nutzen sind: Diese Forderung gibt es seit 2016. Doch bisher wurde nichts daraus. Jetzt hat der Viersener Michael Küppers per Bürgerantrag einen neuen Versuch unternommen.
In der Stadt unterwegs, doch plötzlich will man nicht mehr bummeln, sondern zur Toilette, idealerweise sauber und offen. Das ist überall dort ein Problem, wo öffentliche Toiletten gänzlich fehlen oder aber defekt, verdreckt oder abgeschlossen sind. Seit 2016 wird auch in der Stadt Viersen darüber diskutiert, wie man die Not mit der Notdurft lindern könnte. Jetzt gibt es durch einen Bürgerantrag einen neuen Impuls, nachdem jahrelang nichts passierte.
Im Jahr 2016 hatte die SPD beantragt, in Viersen das System „Nette Toilette“einzuführen. Dabei stellen Gastwirte, Einzelhändler oder öffentliche Einrichtungen ihre sanitären Anlagen gratis zur Verfügung und erhalten dafür im Gegenzug eine Aufwandsentschädigung. Zwar stimmten damals die Politiker dem Vorhaben zu. Doch als die Stadtverwaltung dies prüfte, kam sie zu dem Ergebnis, das Vorhaben nicht weiterverfolgen zu wollen. Ihre Argumentation: Nur wenige Gastwirte seien interessiert; zudem entstünden der Stadt zusätzliche Kosten durch die Werbung für die „Nette Toilette“und die Reinigung.
In anderen deutschen Städten funktioniert das System bereits, führte der Viersener aus; mehr als 300 Kommunen seien in der dazu gehörigen App verzeichnet. „Allein in Mönchengladbach beteiligen sich 35 Gastronomiebetriebe“, sagte der 69-Jährige, als sein Bürgerantrag im Wirtschaftsförderungsausschuss behandelt wurde. Er sei überzeugt: „Das kann Wildpinkeln verhindern.“Und die Kosten seien, gemessen am Bau einer öffentlichen Toilette, überschaubar. „Wenn sich 30 Gastronomiebetriebe beteiligen und einen Reinigungskostenzuschuss von 80 Euro im Monat von der Stadt erhalten, liegen die Kosten bei unter 30.000 Euro im Jahr“, rechnete der Rentner den Politikern vor. Der Bau der öffentlichen Toilette im Bahnhof habe die Stadt mehr als 100.000 Euro gekostet.
Bei der SPD stieß der Antrag auf offene Arme. „Das ad hoc abzulehnen, halte ich für verkehrt.“Sinnvoller sei, wenn die Verwaltung einmal bei der Stadt Mönchengladbach nachfragen würde, wie es ihr gelungen
sei, fast drei Dutzend Gastronomen zum Mitmachen zu bewegen,
Seit sechs Jahren ist Mönchengladbach bei der Initiative „Nette Toilette dabei, erläutert Mönchengladbachs Pressesprecher Tim Irion. „Aus der Bürgerschaft erhalten wir häufig den Hinweis, dass Toiletten im öffentlichen Raum als wichtig angesehen werden.“
Während es in Viersen noch öffetnliche Toiletten gibt, beispielsweise an der Hauptstraße in der Fußgängerzone, wurden in Mönchengladbach „herkömmliche öffentliche Toiletten aus Kostengründen im Rahmen des Haushaltssanierungsplans vor einigen Jahren abgeschafft“, berichtet Irion. Um dennoch ein Angebot im öffentlichen Raum zu haben, sei 2018 das Konzept der ,netten Toilette’ eingeführt worden.
Das Ziel der Stadt Mönchengladbach sei es gewesen, frei zugängliche Toiletten zur Verfügung zu stellen, die sauber, gepflegt und teilweise bis in die Nacht hinein geöffnet sind. „Gerade der gepflegte Zustand ist bei öffentlichen Toilettenanlagen häufig ein Problem“, erklärt Irion. „Insofern kann die ,nette Toilette‘
ein Win-Win-Modell aus weniger Kosten und besserer Hygiene sein.“
Wie die „nette Toilette“in der Nachbarstadt funktioniert: Gastwirte oder Händler, die ihre WC-Anlagen für alle öffnen, erhalten dafür 100 Euro monatlich von der Stadt als Grundbetrag. Mit Wickeltisch gibt es 25 Euro zusätzlich. Bei Barrierefreiheit
weitere 25 Euro. Wie die Partner gefunden wurden: „Im Rahmen der Einführung hat die Stadt die Teilnehmer über eine aktive Ansprache gewonnen“, erklärt Irion. Auch aktuell könnten sich noch neue Interessenten melden. Generell sei es ein Ziel, das WC-Netz auszubauen und das Angebot bekannter zu machen.
Auch die Stadt Neuss setzt seit Sommer 2023 darauf. Dort weisen die roten Aufkleber auf 14 „nette Toiletten“in Cafés, Restaurant oder öffentlichen Einrichtungen wie etwa der Stadtbibliothek hin; sie sind auch für alle kostenfrei, die dort keine Kunden sind. Die Stadt Neuss sieht darin Vorteile: Sie gibt als Zuschuss an die Gastwirte weniger Geld aus als für den Unterhalt öffentlicher WCs. Zudem würden die Partner dadurch profitieren, dass sie neue Kunden gewinnen könnten.