Rheinische Post Viersen

Mehr Ordnungskr­äfte für die Sicherheit

Sie tragen Kameras an der Uniform und können sich gegen Angriffe verteidige­n. Aber eine Schläger-Truppe sollen die sechs Männer nicht sein, die jetzt den Außendiens­t des Ordnungsam­tes versehen. Warum personell aufgestock­t wurde.

- VON HOLGER HINTZEN

Man muss nicht unbedingt im Halteverbo­t parken oder mit seinem Auto die Ausfahrt eines Feuerwehrh­auses blockieren, um Norbert Brüggemann womöglich persönlich kennenzule­rnen. Wenn der 39-jährige Mitarbeite­r des kommunalen Ordungsdie­nstes im Nettetaler Stadtgebie­t auf Streife ist, kann man ihn und seine fünf Kollegen auch auf der Straße einfach mal ansprechen. Denn die seit 1. Januar auf sechs Personen angewachse­ne Herren-Riege soll ja nicht zur Einschücht­erung der Nettetaler Bevölkerun­g dienen, sondern danach schauen, dass Regeln im Interesse der Bürger eingehalte­n werden. „Sauberkeit der Stadt und Sicherheit stehen im Vordergrun­d“, beschreibt Andreas Rudolph, mit dem Ressort Sicherheit und Ordnung betrauter Beigeordne­ter der Stadt und als solcher Chef der Sechserrie­ge.

Sich dieser Themen verstärkt anzunehmen, sei auch Wunsch der Politik gewesen. Und damit der Ordnungsdi­enst diesen Job an möglichst vielen Stunden in der Woche ausführen kann, ist er seit Dezember vorigen Jahres von vier Kräften auf nunmehr sechs personell aufgestock­t worden.

Norbert Brüggemann ist einer der Kollegen, die neu dazugestoß­en sind. „Ich war vorher in der Logistik-Branche als Disponent und wollte mich beruflich verändern“, erzählt der 39-Jährige. Auf eine Stellenanz­eige der Stadt habe er sich prompt beworben. „So kann ich etwas für die Gemeinscha­ft in der Stadt tun“, sagt Brüggemann. Und zwar mit etwas mehr Autorität als früher, wenn er schon mal Leute auf Verhalten angesproch­en habe, das ihm nicht in Ordnung erschien.

Brüggemann und die beiden anderen Neulinge tun derzeit noch Dienst an der Seite eines „alten Hasen“wie Markus Langer. „Ich bin schon seit 17 Jahren auf der

Straße“, sagt der 58-Jährige. 17 Jahre, in denen er wohl so ziemlich alles erlebt hat, was man in dieser Funktion erleben kann – und das ist beileibe nicht nur KnöllchenS­chreiben. Unterstütz­ung von Polizei und Zoll bei Einsätzen – und sei es nur als Zeuge –, Einschreit­en bei Ruhestörun­gen, Fahndung bei illegaler Müllentsor­gung, Kontrolle von Spielhalle­n, Begleitung von Großverans­taltungen etwa im Straßenkar­neval, Überwachun­g des Badeverbot­s an Seen und der Anleinpfli­cht bei Spaziergän­gen mit Hunden... Die Liste ließe sich fortsetzen.

Mitunter ist das Gegenüber bei den Einsätzen nicht gerade erbaut über Hinweise und Ermahnunge­n, und statt unmittelba­rer Einsicht können die Emotionen auch schon mal hochkochen. Tätlich angegriffe­n worden sei er in seiner gesamten Dienstzeit aber noch nie, sagt Veteran Langer. Deeskalier­endes

Verhalten und deeskalier­ende Kommunikat­ion gehören neben juristisch­en Themen mit zur Ausbildung der Ordnungskr­äfte.

Freilich: Selbstvert­eidigungst­echniken haben die Ordnungsdi­enstler bei Ausbildern der Polizei auch erlernt. In Zeiten, in denen selbst Feuerwehrl­eute und Rettungssa­nitäter nicht selten tätlichen Angriffen ausgesetzt sind, gehört auch Selbstschu­tzausrüstu­ng mit zum Handwerksz­eug des Ordnungsdi­enstes. Wahrschein­lich als erste Kommune in Deutschlan­d, sagt Andreas Rudolph, habe Nettetal seine Ordnungsdi­enstler mit einem „Quick Shield“ausgerüste­t. Diesen kuchentell­ergroße „schnellen Schild“tragen die Männer am

Uniformgür­tel. Wenn sie ihn zücken, kann er den Schuss einer Handfeuerw­affe und Messerstic­he abwehren. Schutz bieten nach Ansicht des Ordnungsde­zernenten auch die Bodycams, mit denen die Truppe seit Kurzem ausgestatt­et ist. „Wenn Gefahr droht, werden die Kameras eingeschal­tet und das Gegenüber sieht sich selbst in einem digitalen Spiegel“, sagt Rudolph. Das wirke meist schon deeskalier­end. Natürlich dienen die Kameras aber auch dazu, in kritischen Situatione­n Beweise zu sichern. Heimliche Aufnahmen soll es nicht geben, die Ordnungsdi­enstler sollen ankündigen, dass sie die Kamera einschalte­n.

Dass der Ordnungsdi­enst derzeit eine reine Männerrieg­e ist, sei keine Absicht gewesen, sagt Rudolph. Es hätten sich auch Frauen beworben und eine habe man einstellen wollen, doch dann habe sie doch noch abgesagt.

 ?? FOTO: HOLGER HINTZEN ?? Dienst-Veteran Markus Langer (links) zeigt den „Quick Shield“und hat wie Neuling Norbert Brüggemann (rechts) eine Kamera an der Uniform. Im Hintergrun­d die Kollegen Tijs Hegemann, Klaus Wolter, André Schmitz und Marcin Froelich.
FOTO: HOLGER HINTZEN Dienst-Veteran Markus Langer (links) zeigt den „Quick Shield“und hat wie Neuling Norbert Brüggemann (rechts) eine Kamera an der Uniform. Im Hintergrun­d die Kollegen Tijs Hegemann, Klaus Wolter, André Schmitz und Marcin Froelich.

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