Erdbeerernte beginnt eine Woche später
Am Dienstag eröffnete Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen die Erdbeersaison in NRW. Doch die nächtlichen tiefen Temperaturen gefährden die Blüten auf den Feldern. Wie sich hiesige Erdbeerbauern helfen.
Drei Kilogramm Erdbeeren: So groß ist der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr. Während es bisher in den Supermärkten bereits Erdbeeren aus südlicheren Gefilden zu kaufen gab, beginnt in den nächsten Tagen auch die heimische Erdbeersaison. NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen hat am Dienstag auf einem Obsthof in Wachtberg-Fritzdorf im Rhein-Sieg-Kreis die Saison für Nordrhein-Westfalen gestartet, doch das Wetter macht den heimischen Erdbeerbauern einen Strich durch die Rechnung. Niemand hat mit Minus-Graden in Bodennähe gerechnet. In den nächsten Tag bleiben die Tiefsttemperaturen einstellig zwischen zwei und fünf Grad, erst am Wochenende wird es wieder wärmer, die Temperatur bleiben dann auch nachts wieder zweistellig.
Für die Landwirte vor Ort bedeutet das „erhöhte Alarmbereitschaft“. Hermann Ingenrieth vom Genholter Hof in Brüggen hätte in dieser Woche normalerweise mit der Erdbeerernte begonnen. Jetzt verschiebt er die erste Ernte auf Mitte nächster Woche. „Wir müssen abwarten, wie die Pflanzen die neue Kältewelle überstanden haben“, sagt der erfahrene Obstbauer. Der Genholter Hof baut Erdbeeren sowohl auf offenen Feld, als auch in Wandertunneln an. Die freien Flächen wirden bereits mit einem Vlies abgedeckt, um die Blüten vor Frost zu schützen. Die FreilandErdbeeren werden sowieso erst Ende Mai geerntet. Aber eine Berieselung wie anderenorts hat man in Brüggen nicht eingesetzt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist
es noch schwierig, einzuschätzen, wie die Ernte ausfällt. Durch den milden Frühling hatten sich die Pflanzen gut entwickelt. welche Schäden es gebe, dazu können die erfahrenen Obstbauern noch keine klare Aussage machen. Für die nächsten Tage wünscht sich Ingenrieth auf jeden Fall viel Sonnenschein, damit die leckeren roten Früchtchen die richtige Süße entwickeln können. Temperatur von 23 bis 25 Grad im Sommer seien völlig ausreichend, damit das Wachstum der Pflanzen nicht explodiere. Heiße Sommer wie vor zwei Jahre braucht anscheinend keiner
der Obstbauern. Auf dem Genholter Hof rechnet man mit Preisen auf dem Niveau des Vorjahres.
Im Nordwesten von Nettetal-Kaldenkirchen, nur wenige Meter von der niederländischen Grenze entfernt, liegt der Spargel- und Erdbeerhof Bonnacker. Auf dem ehemaligen Gutshof hielt Großvater Willi Bonnacker einst Vieh. In den 1990er-Jahren übernahm Wilhelm den Betrieb und baute erstmals Spargel an, dann folgten Erdbeeren. Der Familienbetrieb wird mittlerweile von Wilhelm Bonnacker und seinen beiden Söhnen Kevin
und Robin geführt. Vor zwei Jahren wurden die Gewächshausflächen für den Erdbeerbau erweitert. Heute beträgt die geschützte Fläche für den Erdbeeranbau 15 Hektar. Das macht den Anbau weniger temperaturanfällig. Kevin weiß um die Vorteile des geschützten Anbaus: „Durch die kontrollierten Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen lässt sich die Vegetation deutlich ausweiten. So ernten wir von April bis Dezember. Ein wichtiger Vorteil ist auch die Arbeitserleichterung, da die Erdbeeren in 1,50 Meter Höhe in einem Rinnensystem von rund
75 Meter Länge wachsen.“Das ermöglicht eine Ernte im Stehen und somit eine deutliche körperliche Entlastung für alle Mitarbeitenden.
Obwohl die automatisierte Erntetechnik laut der Brüder noch in den Kinderschuhen stecke, schließen sie nicht aus, dass Erdbeeren in Zukunft auch von Robotern gepflückt werden. „Trotz steigender Löhne fällt es immer schwerer, Mitarbeitende für Aufgaben wie die Ernte zu finden – egal ob Erdbeeren oder Spargel“, berichtet der junge Unternehmer. „Die Gesellschaft wünscht sich höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Umwelt- und Klimaschutz. Durch diese steigenden sozialen und ökologischen Standards kann unsere deutsche Ware aber oft nicht mit den Preisen der Importware mithalten“, gibt er zu bedenken. Bisher ist die automatisierte Erntetechnik aber noch nicht ausgereift.