Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Stadt prüft Live-übertragung von Ratssitzungen
Sitzungen des Stadtrates sind öffentlich. In Coronazeiten können allerdings nur 35 Bürger die Sitzungen besuchen. Jetzt will die Stadt herausfinden, was für ein Live-streaming erforderlich ist und was es kosten würde.
DINSLAKEN (aha) Die Stadtverwaltung beschäftigt sich mit der Möglichkeit, Ratssitzungen live ins Internet zu streamen. Das teilt sie in der Stellungnahme zu entsprechenden Anträgen der FDP und der Linken mit.
Das ist die Rechtslage Nach der Gemeindeordnung NRW (§ 48 Absatz 2) sind Sitzungen des Stadtrates öffentlich. Dieser Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit ist Teil des Transparenzgebots und, so die Stadtverwaltung, „Ausfluss des Demokratieprinzips“: Bürger sollen sich „grundsätzlich durch die Teilnahme an den Sitzungen unmittelbar über die sie betreffenden Angelegenheiten der Stadt informieren und das Handeln der gewählten Mandatsträger verfolgen“können. Auf diese Weise soll zudem „das Interesse von Einwohnern an kommunalen Themen“und die „Bereitschaft zur politischen Mitwirkung auf kommunaler Ebene“gefördert werden.
Wenn die Sitzungsöffentlichkeit (die Gemeindeordnung sieht natürlich auch nicht-öffentliche Angelegenheiten vor) nicht geboten ist, sind die Entscheidungen in der Ratssitzung zudem unwirksam.
Grundsätzlich muss jeder die gleiche Chance haben, die Sitzungen – im Rahmen der Raumkapazitäten – zu besuchen. Eine Pflicht zur Erweiterung der Zuschauerkapazität besteht nach Gerichtsurteilen unter dem Gesichtspunkt der Sitzungsöffentlichkeit nicht. Auch eine Pflicht zur Liveübertragung von Sitzungen sieht die Gemeindeordnung nicht vor – verbietet sie aber auch nicht.
Das sind die aktuellen Gegebenheiten Derzeit sind die Teilnahmemöglichkeiten bei Sitzungen des Dinslakener Stadtrats eingeschränkt – durch die Coronaschutzverordnung und „räumliche Gegebenheiten“, so die Stadtverwaltung.
Wegen der Pandemie tagt der Stadtrat derzeit nicht im Ratssaal des Rathauses sondern im größeren Tribünenhaus der Trabrennbahn. Weil das Gremium aber nach der Kommunalwahl um 16 Mitglieder gewachsen ist, sind selbst dort die räumlichen Kapazitäten eingeschränkt. Der Amtseinführung der neuen Bürgermeisterin konnten beispielsweise nur 30 Bürger beiwohnen. Bei einer vorherigen Sitzung kamen die mittlerweile gewählten Ratskandidaten der Grünen nicht in den Saal, der zudem nicht ohne weiteres barrierefrei zugänglich ist.
Das sagt die Stadtverwaltung Derzeit ist bei Sitzungen im Tribünenhaus Platz für 35 Bürger. Damit sei die Öffentlichkeit im Grundsatz hergestellt, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Er erinnert daran, dass es Sitzungen ohne einen einzigen Zuschauer gab, aber auch solche, bei denen „sogar noch Menschen im Foyer standen“. Das Gesetz sehe keine definierte Besucherzahl vor. „Es sollte eine relevante Platzzahl sein“, so Sturm, diese sei mit 35 Sitzplätzen „sicherlich absolut gegeben“. Außerdem muss die Teilnahme der Presse gewährleistet sein, „die zur Herstellung von Öffentlichkeit beiträgt“, so Sturm.
Dennoch ermögliche die Einführung eines Livestreams von Ratssitzungen und möglicherweise auch Ausschusssitzungen „einem größeren Personenkreises Beratungen und Entscheidungen der Mandatsträger zu verfolgen“, so die Stadtverwaltung. Ein solches Vorhaben gab es auch vor der Amtseinführung der Bürgermeisterin: Die Sitzung sollte in ein Nachbargebäude übertragen werden, was aber an der Coronaschutzverordnung scheiterte.
Das sind die Bedingungen Generell müsse ein Livestream von Sitzungen im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung stehen: Alle Mandatsträger müssen einer Übertragung zustimmen, weil personenbezogene Daten verarbeitet werden und weil ein Live-mitschnitt „in Anbetracht der ehrenamtlichen Stellung von Ratsmitgliedern und der damit häufig noch verbundenen Unerfahrenheit im Umgang mit einer breiten Öffentlichkeit in der Re
gel einen Eingriff in das Recht der Ratsmitglieder auf ungestörte Mandatsausübung“darstelle, so die Stadtverwaltung.
Nach Erfahrung anderer Kommunen lägen die Kosten je nach „Ausgestaltung der Übertragung“bei 1000 bis 3000 Euro pro Sitzung. Im Jahr 2019 gab es 80 Ausschuss- und sechs Ratssitzungen.
Die Verwaltung der Stadt Dinslaken will nun „die konkreten rechtlichen und finanziellen Modalitäten zur Live-übertragung und Aufzeichnung von Sitzungen“prüfen. Das schlägt sie dem Stadtrat vor, der in seiner Sitzung am heutigen Dienstag, 24. November, darüber befinden will.