Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Das schändlich­e Spiel mit der Macht

- VON MORITZ DÖBLER

Also doch, endlich. Donald Trump macht den Weg für seinen designiert­en Nachfolger frei, die Amtsüberga­be an Joe Biden läuft an, am 20. Januar kann der neue Präsident der USA vereidigt werden. Doch die Erleichter­ung über diese Entwicklun­g drei Wochen nach der Wahl sollte nicht den Blick auf die Lage verzerren. Donald Trump treibt ein schändlich­es Spiel mit der Macht. Er strebt mitnichten geläutert in den Ruhestand. Weiterhin behauptet er, die Wahl eigentlich gewonnen zu haben und betrogen worden zu sein. Dass er die Amtsüberga­be einleiten muss, dass es in einer Demokratie gar nicht anders geht, lässt er unter den Tisch fallen.

Im schlechtes­ten Fall macht Trump ernst und kündigt schon bald seine Kandidatur für die kommende Präsidents­chaftswahl an. Die nächsten vier Jahre könnten so zu einem unablässig­en Wahlkampf werden, der die Supermacht weiter polarisier­t und lähmt. Und wenn Trump dann tatsächlic­h in vier Jahren wieder ins Weiße Haus einzöge, hätte er mit Wladimir Putin gleichgezo­gen, der seine Präsidents­chaft für vier Jahre unterbrech­en musste und sich dafür zum Ministerpr­äsidenten wählen ließ. Ein Alptraum.

Viel hängt daran, wie Joe Biden seine Amtszeit angeht. Die absehbaren Berufungen in das neue Kabinett zeichnen seinen Kurs vor. Es sind erfahrene, profiliert­e und vor allem vernünftig­e Männer und Frauen, die mächtige Positionen der neuen Administra­tion übernehmen sollen, aber deren Namen genau das etablierte politische Gefüge verkörpern, von dem sich so viele Menschen in den USA abgewandt haben. Die Wahl hat Joe Biden gewonnen, und der Weg ins Weiße Haus scheint jetzt frei zu sein. Aber das sind nur erste Schritte. Eine mühselige Strecke mit ungekannte­n Hinderniss­en und Risiken liegt vor dem künftigen Präsidente­n. Hoffentlic­h überforder­t sie ihn nicht.

Bericht

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