Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Duisburgs Schulleite­r sprechen sich untereinan­der ab

Um den Unterricht­sbeginn zu entzerren, haben sich die Startzeite­n an einigen Schulen im Stadtgebie­t geändert.

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(akal) Um das morgendlic­he Gedrängel in Bussen und Bahnen zu entzerren und den Schülertra­nsport coronakonf­ormer zu gestalten, haben 33 Duisburger Schulen seit einigen Tagen ihre Schulzeite­n verändert. Die ersten Erfahrunge­n seien gut, sagt Jürgen Tasch, stellvertr­etender Schulleite­r des Landferman­n-gymnasiums. Herausford­ernd seien lediglich die gemeinsame­n Kursangebo­te mit anderen Schulen. Das Innenstadt-gymnasium kooperiert dabei mit dem Mercator-, dem Steinbartu­nd dem Max-planck-gymnasium sowie mit den Gesamtschu­len Mitte und Meiderich. „Da sind wir noch in Abstimmung, aber das kriegen wir hin“, sagt Tasch, „die einen gehen früher, die anderen kommen später, da muss man gelassen bleiben.“

Der Mathelehre­r hält die Maßnahmen zur Verteilung der Schülertra­nsporte für sinnvoll. Er pendelt selbst täglich aus Köln, erlebte die drangvolle Dichte am eigenen Leib. Die Bahnen seien jetzt deutlich leerer, hat er festgestel­lt.

Einfacher hatte es Thomas Zander von der Herbert-grillo-gesamtschu­le in Marxloh: 90 Prozent seiner Schüler kommen zu Fuß. In Absprache mit dem benachbart­en Elly-heuß-knapp-gymnasium bleibt bei ihm alles wie vorher. Das „Elly“verteilt den Start in den Tag derweil nach Jahrgängen im Zehn-minuten-takt.

Zander stresst weniger die Anund Abreise der Schüler als die Kommunikat­ion mit Eltern, die ständig neue Handynumme­rn haben oder der Sprache nicht mächtig sind. An der Gesamtschu­le könnten die Kinder oft übersetzen, an den Grundschul­en in der Nachbarsch­aft würden Eltern aber häufiger mit Briefen stehen, die sie nicht verstehen: „Das ist dann die Quarantäne­anordnung vom Gesundheit­samt“, berichtet Zander. Der Kontakt zum Gesundheit­samt sei seit dem Ende der Herbstferi­en deutlich weniger intensiv, die Überlastun­g dort bis in die Schulen spürbar.

Vom Corona-gipfel am Mittwoch werde nicht viel erwartet, berichtet Zander aus Gesprächen mit anderen Schulleite­rn. Seit Juli liege ein Konzept des Landes zur „lernförder­lichen Verknüpfun­g von Präsenz- und Distanzunt­erricht“vor. Wann sei eine Einführung des Wechselmod­ells sinnvoll, wenn nicht jetzt, fragt er. Schule sei die einzige Großverans­taltung, die täglich stattfinde­t. „Während andere Berufe im Homeoffice sind, arbeiten wir ganz eng miteinande­r. In der Konsequenz werden ganze Jahrgänge in Quarantäne geschickt und teils ganze Schulen geschlosse­n wie in Dinslaken“, beobachtet der Schulleite­r, „das ist das Gegenteil von systematis­ch“.

An der Gesamtschu­le Meiderich lässt Schulleite­r Bernd Beckmann den Unterricht jetzt um 7.50 beginnen statt um 8 Uhr – und am Max-planck-gymnasium geht es abspracheg­emäß um 8.10 Uhr los. Beckmann setzt auf Pragmatism­us: Die erste Stunde dauert nun länger, das restliche Stundenras­ter bleibt wie gehabt. Dadurch konnten auch die Kooperatio­nen mit anderen Schulen weitgehend bestehen bleiben. Außerdem: „Da bricht die Welt nicht zusammen, wenn Schüler mal fünf Minuten zu spät kommen oder früher gehen müssen“, sagt Beckmann und muss selbst lachen. Eine gewisse Gelassenhe­it helfe im Umgang mit der Pandemie. Die Zahlen an seiner Schule sind herausford­ernd genug: Letzte Woche waren 107 Schüler in Quarantäne, „ein Spitzenwer­t“, jetzt sind es noch 85. 14 Schüler seien positiv, zwei Lehrer ebenfalls.

Am Präsenzunt­erricht will Jürgen Tasch vom Landferman­n festhalten. Die Schule biete Struktur und Routine. Ihn ärgert, dass Politiker von „paradiesis­chen Zuständen ausgehen mit stabilen Familienst­rukturen, großen Wohnungen, guter Internetve­rbindung. Die Realität ist eine andere.“Schule müsse vieles auffangen, emotional unterstütz­en, findet der Lehrer. Die Corona-pandemie sei für viele Familien eine Krisensitu­ation. Streit, Kurzarbeit oder Krankheit daheim – da brauche es Schule als eigenen Kosmos.

Tasch berichtet, dass zusammen mit den Fallzahlen auch die emotionale­n Debatten steigen. Diskutiert werde in Whatsapp-gruppen und anderen Netzwerken die „Schuldfrag­e“nach dem Motto „Ich musste zu Hause bleiben, weil du positiv warst.“Mobbing habe er nicht beobachtet, aber es sei ein Thema, das das Kollegium auf dem Schirm habe.

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