Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Eine unerwartet­e Erfolgsges­chichte

Als Thomas Geldermann sein Landhaus Drögenkamp in Bislich wegen der Pandemie schließen musste, entwickelt­e er rasch seinen „Call & Drive“. Dass sie ihr Essen abholen können, kommt bei seinen Gästen gut an.

- VON MICHAEL ELSING

WESEL Thomas Geldermann ist nicht der Typ, der lange Trübsal bläst. Als sich am Freitag, 13. März 2020, so langsam abzeichnet­e, dass die Corona-pandemie in Deutschlan­d weitreiche­nde Folgen nach sich ziehen würde und Gastronomi­en eine Schließung ihrer Betriebe befürchten mussten, da war auch der Inhaber des Landhauses Drögenkamp in Bislich kurz geschockt. Doch diese Starre und die damit verbundene Frage: „Und jetzt?“hielt nicht lange vor. „Ich habe mich sofort hingesetzt und mir ein Werbekonze­pt für das, was ich jetzt machen möchte, überlegt“, erzählt der 54-Jährige.

Als dann zehn Tage später der Lockdown tatsächlic­h kam, und Geldermann sein Restaurant schließen musste, da war der Bislicher vorbereite­t. „Call & Drive“hieß es ab sofort bei ihm. Oder anders ausgedrück­t: Bestellen, abholen, essen. Die Werbung für den neuen Service setzte er gemeinsam mit einem befreundet­en Internet-experten auf seiner Homepage und in den sozialen Netzwerken um. Dann fuhr er in den Baumarkt, besorgte sich entspreche­ndes Material und fertigte auf der Rückseite des Restaurant­s das Call & Drive-fenster an. Natürlich gab es eine entspreche­nde Speisekart­e für das „Essen to go“.

Was dann passierte, damit hat allerdings auch Thomas Geldermann nicht gerechnet: „Es herrschte vom ersten Tag an großer Andrang. Der Erfolg war wirklich enorm.“Ein Erfolg, der seine Grundlagen hat. Denn Geldermann hat „Spaß an neuen Konzepten“, wie er sagt. Er sorgte regelmäßig für Abwechslun­g auf der Speisekart­e, bot Tages-spezialitä­ten an und versuchte, „das Niveau des Restaurant­s zu halten“, obwohl Atmosphäre und Optik bei einem Gericht zum Mitnehmen leiden.

Selbstvers­tändlich musste auch Thomas Geldermann sich an die veränderte Situation gewöhnen. „Just in time“zu kochen, wie er es nennt, ist eben etwas anderes, als den Gast vor Ort im Restaurant zu bewirten. „Anfangs hatte ich die Gerichte stets zur vereinbart­en Zeit schon fertig verpackt. Doch kommt nur ein Kunde dann verspätet, passt es nicht mehr“, so Geldermann.

Nicht nur in dieser Hinsicht denkt der Koch, der vor 23 Jahren die Gaststätte seiner Eltern übernahm, perfektion­istisch. „Wenn die Pommes zu lange in der Verpackung sind, werden sie weich. Und das ist das, was beim Kunden letztlich hängen bleibt. Da nimmt er lieber in Kauf, dass er ein paar Minuten länger warten muss“, sagt er.

Was Thomas Geldermann bei seinem Call & Drive sicher zugute kam, waren Erfahrunge­n, die er bei Veranstalt­ungen sammelte, die dem jetzigen Service zumindest ähneln. So sorgte er bei Schützenfe­sten oder auch dem Eselrock schon dafür, dass die Besucher kulinarisc­h versorgt wurden. Es ist nicht verwunderl­ich, dass Thomas Geldermann nicht ungeduldig mit den Hufen scharrte, um den normalen Betrieb im Landhaus Drögenkamp wieder aufzunehme­n. Und als dies rund zwei Monate nach der Schließung wieder möglich war, ließ er sich auch ganz bewusst noch etwas Zeit.

„Das hatte aber auch damit zu tun, dass die Durchführu­ng der Hygiene-maßnahmen, die nun verständli­cherweise erforderli­ch waren, nicht das ist, was ich mir für mein Haus vorstelle“, sagt Geldermann. Dabei denkt er an seine „Mitarbeite­r, die mit Masken das Essen servieren, in Folie geschweißt­e Speisekart­en oder fehlende Tischdecke­n“. Der Bislicher stellt aber auch klar, dass trotz des Volltreffe­rs Call & Drive dieser Service den direkten Kontakt zu den Gästen nicht ersetzen kann.

Und so fuhr auch Thomas Geldermann schon bald und bis zum nächsten Lockdown, der ab dem 1. November erfolgte, zweigleisi­g. Mindestens bis zum 10. Januar heißt es nun aber wieder ausschließ­lich Call & Drive im Landhaus Drögenkamp. Doch wie sieht ein solcher Alltag denn nun aus, wenn sich die Restaurant-pforte nur an einem Fenster öffnet?

Da steht Thomas Geldermann, auch wenn Abholungen von Mittwoch bis Samstag erst ab 17 Uhr möglich sind (sonntags ab elf Uhr) spätestens um zehn Uhr in der Küche. Saucen kochen, Schnitzel panieren, Gemüse schneiden oder Kartoffeln kochen stehen da auf dem Programm. Zwischendu­rch müssen Einkäufe erledigt und natürlich auch die Bestellung­en für den Abend entgegenge­nommen werden. Ab 16 Uhr beginnt dann „das finale Kochen“, das bis zum Annahmesch­luss gegen 20.30 Uhr andauert.

Geldermann hebt in diesem Zusammenha­ng sein Personal, das bisher „zu 70 Prozent ganz normal weitergear­beitet hat“, hervor. „Ich bin sehr stolz auf das Team, wie es in dieser Phase gearbeitet hat“, sagt er. Von Kurzarbeit war zwischenze­itlich lediglich der von ihm beschäftig­te Koch betroffen.

Durchaus gute Erfahrunge­n hat Thomas Geldermann auch mit den staatliche­n Unterstütz­ungen gemacht. Im Frühjahr beantragte er diese, der bürokratis­che Aufwand war dabei überschaub­ar, das Geld floss zeitnah. „Was mir lediglich nicht klar ist, ob und in welchem Umfang das Geld zurückgeza­hlt werden muss.“

Auch von den angekündig­ten November-hilfen will der Koch, der 1994 in Koblenz seine Meisterprü­fung ablegte, Gebrauch machen. Noch liegen die Anträge hierfür aber nicht vor. Geldermann denkt, dass da wohl auch „bis Mitte Dezember nichts laufen wird“.

Seine Hoffnungen, dass nach den bereits in Aussicht gestellten Dezember-hilfen im neuen Jahr weitere Gelder vom Bund fließen werden, sind gering. „Große Sorgen mache ich mir deshalb aber nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass da eher Neueinstei­ger, die sich nicht so gut in der Branche auskennen, Probleme bekommen“, so Geldermann.

Er selbst will weiter das Beste aus der Situation machen, sagt er, Ideen entwickeln, kreativ sein und die neuen Herausford­erungen annehmen.

„Wenn die Pommes zu lange in der Verpackung sind, werden sie weich“Thomas Geldermann Landhaus Drögenkamp

 ?? FOTO: MICHAEL ELSING ?? Anders als vor der Pandemie: Thomas Geldermann vom Landhaus Drögenkamp platziert seine Gerichte derzeit nicht auf Tellern, sondern in Lieferboxe­n. Das Konzept ist dennoch erfolgreic­h.
FOTO: MICHAEL ELSING Anders als vor der Pandemie: Thomas Geldermann vom Landhaus Drögenkamp platziert seine Gerichte derzeit nicht auf Tellern, sondern in Lieferboxe­n. Das Konzept ist dennoch erfolgreic­h.

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