Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Hanno Wienhausens legendäres Rennen
Der gebürtige Weseler Hanno Wienhausen blickt gerne auf das Rennen im Jahr 2012 zwischen den beiden Universitäten Oxford und Cambridge zurück. Der kuriose Ausgang ist in die Geschichtsbücher eingegangen – und er war dabei.
Der gebürtige Weseler blickt gerne auf das Ruder-duell 2012 zwischen den Universitäten aus Oxford und Cambridge zurück.
WESEL Er hat Rudergeschichte geschrieben. Allerdings eine, auf die Hanno Wienhausen sicherlich gerne verzichtet hätte. Die Erinnerungen daran sind beim gebürtigen Weseler, der seinen Sport bei der Ruderund Tennisgesellschaft (RTG) Wesel erlernt hat, noch recht frisch. Auch wenn das Ereignis mittlerweile mehr als acht Jahre zurückliegt. „Das Rennen ist nicht so gelaufen“, sagt der 38-Jährige lapidar.
Dieses fand an einem Samstag im April des Jahres 2012 auf der Themse in London statt. Der Wettkampf trägt den schlichten Namen „Boat Race“, doch dahinter verbirgt sich eine mehr als 170-jährige Geschichte und eine Rivalität zwischen den Universitäten Oxford und Cambridge. Hanno Wienhausen zählte damals zu den zwei Protagonisten, die die mehr als 200.000 Zuschauer an der Strecke nicht so schnell vergessen werden. Doch wie ist der gebürtige Weseler überhaupt an eine der ältesten Universitäten gekommen?
Zunächst in Bochum nahm Hanno Wienhausen 2002 ein Jura-studium auf, dort legte er später auch sein erstes Staatsexamen ab und promovierte. Im Jahr 2011 wechselte er zur Oxford-universität, um dort seinen Master-abschluss zu machen. Für die Ruder-enthusiasten der britischen Uni war das ein Glücksfall. Hatten sie doch mit Wienhausen schließlich einen Sportler gefunden, der schon im legendären Deutschland-achter in die Riemen gegriffen hat. Und der jährliche Wettstreit mit Cambridge, der auf der Insel auf jeden Fall Kultstatus besitzt, fiel bei Wienhausens Aufenthalt von mehr als einem Jahr natürlich auch in seine Oxford-zeit.
„Die Erinnerungen an diese Zeit sind bestens“, sagt der frühere Profisportler heute, der während seines Oxford-aufenthalts dem deutschen Nationalkader angehörte. Das letztlich enttäuschende Abschneiden spielt im Rückblick keine so große Rolle mehr. Die Atmosphäre, vielleicht auch die Tatsache, Teil eines legendären Rennens gewesen zu sein – dies überwiegt mittlerweile. „Für mich war dies zusammen mit der Berufung in den Deutschland-achter definitiv der Höhepunkt der Karriere“, sagt Hanno Wienhausen.
Doch wieso besitzt dieses Rennen der Elite-schulen über knapp 6800 Meter aus dem Jahr 2012 überhaupt einen legendären Charakter? Etwa zur Hälfte des Rennens, Oxford und Hanno Wienhausen lagen gleichauf mit dem konkurrierenden Achter von Cambridge, verlief alles normal. Dann schwamm der Australier Trenton Oldfield zwischen die Boote, um damit gegen das Elitetum zu protestieren. Das Rennen wurde abgebrochen, nach 30 Minuten an gleicher Stelle aber wieder fortgesetzt. Und dann übernahm Hanno Wienhausen die Rolle der zweiten Schlüsselfigur neben dem Australier – unfreiwillig.
Die Boote aus Oxford und Cambridge kamen sich sehr nahe, zu nahe. Das Ruder des Rtg-mitglieds brach beim Kontakt mit dem Cambridge-achter, Oxford war damit chancenlos.
„Das war mein letztes Rennen, danach habe ich aufgehört“, sagt Hanno Wienhausen. Dabei war die Enttäuschung über den Ausgang allerdings keineswegs ausschlaggebend für die Entscheidung. „Das war für mich so geplant. Jede Zeit hat nun mal ihre Dinge“, sagt er. Und unter die Phase als Profisportler zog Wienhausen dann einen Schlussstrich.
Die sportliche Laufbahn hat ihm viel gebracht, materiell bleibt ein Ruderer allerdings hinter vielen Aktiven anderer Sportarten zurück. „Man macht mehr oder weniger nicht mehr als Training, Essen und Schlafen. Das ist vollkommen professionell, aber ohne die übliche vollprofessionelle Bezahlung.“Nach der Rückkehr aus England kletterte Hanno Wienhausen kaum noch
in ein Ruderboot – das war’s. Außerhalb des Sports baute sich Hanno Wienhausen ein berufliches Standbein auf, legte die Grundlage mit dem Jura-studium. Die sportlichen Aktivitäten kamen ihm auch hier zugute.
„Rudern ist die Möglichkeit, in Perfektion zu lernen, was man als Team erreichen kann. Man sitzt ja sprichwörtlich in einem Boot. Und das hat mir in meinem Job sehr geholfen“, sagt Hanno Wienhausen. Mittlerweile ist der 38-Jährige Geschäftsleitungsmitglied eines Unternehmens der Versicherungswirtschaft. Seit gut einem Jahr besitzt der in Bochum lebende Jurist des
halb einen Zweitwohnsitz in Berlin. Die Gedanken an seine Weseler Zeit bei der Ruder- und Tennisgesellschaft sind aber auch fernab der früheren Heimat noch gegenwärtig.
Hanno Wienhausen spricht über eine besondere Verbundenheit mit der RTG. „Ich werde dort für immer Mitglied bleiben“, versichert er. Der Kontakt sei nie abgebrochen, auch nicht während seines Referendariats, das ihn unter anderem nach Japan und in die USA führte. „Mit denjenigen, mit denen ich damals bei der RTG Wesel war, habe ich immer noch viel zu tun.“Dies gelte auch für die früheren Kollegen im Deutschland-achter.
Apropos Deutschland-achter: Im Alter von 18 Jahren habe er dieses Ziel für sich selbst definiert. Sechs Jahre später folgte die erste Berufung in dieses Kult-boot. „Das war für mich das größte Ziel, die Erfüllung allen Strebens“, sagt Hanno Wienhausen. Noch heute gibt es einen regen Kontakt mit seinen ehemaligen Teamkollegen. „Wir treffen uns häufig.“
Der Sport kommt auch aktuell nicht zu kurz im Leben des Hanno Wienhausen, wenn auch in veränderter Form gegenüber seiner Laufbahn als Ruderer. „Ich mache jeden Tag etwas, entweder Joggen oder auf dem Ruder-ergometer“, sagt der 38-Jährige, der direkt nach dem Abitur nach Dortmund zog und mittlerweile in Bochum seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat. Seit 2016 ist er verheiratet. Zudem hat er zwei Söhne. Im Februar gesellt sich noch Nummer drei hinzu.
Die Hansestadt Wesel und seine Eltern hat Hanno Wienhausen in den zurückliegenden Feiertagen besucht. „Weihnachten haben wir immer bei meinen Eltern gefeiert“, sagt er. Daran hat er nach einigen Überlegungen festgehalten, auch in Zeiten der Coronavirus-pandemie. Diese geht bestimmt ebenfalls in die Geschichte ein, aber ganz anders als das Rennen zwischen Oxford gegen Cambridge im Jahr 2012.