Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wolfsschützer bieten Beratung an
Naturschützer halten vermeintlich vorschriftsmäßigen Herdenschutz für lückenhaft. Abschuss-quoten für Wölfe wären zwecklos.
HÜNXE/DINSLAKEN/NIEDERRHEIN
Peter Malzbender vom Naturschutzbund (Nabu) und Wolfsfachmann Jos de Bruin von der Wolf-auffangstation in Sonsbeck lassen keinen Zweifel: „Wir werden alles tun – mit demokratischen Mitteln – damit Wölfin Gloria auf keinen Fall geschossen werden darf“, sagt Peter Malzbender. Tierhalter könnten ihre Weiden durchaus sicher vor Wölfen schützen. Und der Nabu sowie Jos de Bruin würden erklären, wie, wenn man sie ließe. „Die Leute sollen bitte unser Angebot annehmen“, sagt Malzbender. „Wir kommen gerne raus.“Und Jos de Bruin ergänzt: „Wenn die Leute sich an uns wenden, bekommen sie wirklich sichere Beratung.“
Er kritisiert speziell die Haltung des Gahlener Bürgerforums, das Wolfsrisse in der Region dokumentiert. „Die sagen eigentlich: Man braucht nichts zu schützen, es bringt eh nichts, die springen überall rüber“, sagt Jos de Bruin. Denn das Bürgerforum kommt immer wieder zu dem Schluss, dass die Raubtiere vorschriftsmäßig errichtete Zäune überwunden hätten. „Aber das ist falsch“, sagt de Bruin. „Das ist einfach nicht wahr, und damit machen sie es nur schlimmer.“
Nach seiner eigenen Anschauung seien Gehege, in die Wölfe eingedrungen seien, fast immer eben doch nicht richtig sicher. Da gebe es Lücken oder abgesenkte Bereiche an Einfriedungen, Elektrozäune auf der falschen Höhe. Wenn so etwas immer wieder vorkomme, würden Wölfe praktisch drauf „trainiert“, danach zu suchen: „Der Wolf findet die Schwachstelle.“
Zumal die Raubtiere in der Region nicht nur bei Nutztiergehegen Erfahrungen mit Zäunen machten, sondern beispielsweise auch durch Begrenzungen von Feldern. „Wir haben sehr viele Stromdrähte gegen Wildtiere. Wildschweine, Rotwild. Die sind bis zu zwei Meter hoch.“So lernten Wölfe, sich Wege auf die andere Seite zu suchen. „Darum hilft es auch nicht, wenn man
sie abschießt“, argumentiert Jos de Bruin. „Dann kommt ein neuer Wolf, und der lernt das auch.“
Aber der umgekehrte Prozess sei ebenso möglich. „Auch einen Wolf, der das gelernt hat, kriegt man wieder auf die Reihe durch besseren Herdenschutz“, versichert er. In Niedersachsen etwa seien Wolfsangriffe dadurch zurückgegangen.
Peter Malzbender vom Nabu appelliert an Tierhalter, das auch als
Verantwortung zu begreifen. Der jüngste Riss eines Shetland-ponys in Hünxe etwa habe auf einer praktisch ungesicherten Weide am Wald stattgefunden. „Mir tut das wirklich leid, der emotionale Verlust an solchen Tieren ist so groß. Aber es gibt auch eine Fürsorgepflicht gegenüber Nutztieren“, sagt er. Seiner Ansicht nach dürfen Halter ihre Vierbeiner in einem Wolfsgebiet nicht so ungeschützt lassen.
Die zuletzt mehrfach erhobene Forderung nach einer „aktiven Regulierung des Wolfsbestandes“mit einer „Entnahmequote“lehnt er rundheraus ab. Der Wolfsbestand richte sich nach dem Angebot an Beute im Revier. Eine „Quote“sei deshalb überflüssig, könnte aber, so seine Befürchtung, Menschen dazu verleiten, tatsächlich mal einen Wolf zu töten. „Das öffnet die Türen in eine ganz falsche Richtung.“
Jos de Bruin und Malzbender gehen derzeit davon aus, dass das hiesige Rudel aus drei Wölfen besteht: Gloria, ihrem Partner und einem Welpen. Ganz sicher ist das aber nicht. Was bedauerlich ist, wie sie finden: De Bruin hat Kotproben vom Niederrhein-rudel gesammelt. Daran könnten Gen-untersuchungen angestellt werden, sagen sie. Etwa, um das Geschlecht des Welpen festzustellen, um zu wissen, ob es wirklich nur einer ist, und um dem Tier eine offizielle Kennung zu geben. Aber das Landesumweltamt habe das abgelehnt.
Die Behörde begründet das mit ihren Standards, die immer einzuhalten seien. „Grundsätzlich sind wir auf die Hinweise von Dritten angewiesen und gehen auch all diesen Hinweisen nach, um Spuren zu finden und entsprechende Probenahmen organisieren zu können“, erklärt Sprecher Wilhelm Deitermann. „Jede Spur kann zu wichtigen Informationen und Hinweisen führen, um die Situation in einem Wolfsgebiet exakter einschätzen zu können.“Aber das bundesweit angewandte Monitoringkonzept mache nun mal sehr detaillierte Vorgaben dazu, wie Proben zu gewinnen und zu sichern sind.