Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Eltern suchen digital die beste Schule

Hunderte Viertkläss­ler melden sich auch in diesem Jahr wieder an einer weiterführ­enden Schule an. Der Übergang ist wegen der Corona-pandemie von zahlreiche­n Problemen begleitet. Welche das sind und welche Lösungen es gibt.

- VON FRANZISKA ROTHER

Der Wechsel von Viertkläss­lern auf eine weiterführ­ende Schule ist wegen der Corona-pandemie mit zusätzlich­en Problemen verbunden.

WESEL Wie finde ich 2021 die richtige Schule für mein Kind? Diese Gedanken haben sich in den letzten Wochen viele Weseler Eltern gestellt. Eine von ihnen ist Andrea Bauer. Tage der offenen Tür haben die Schulen alle bereits abgesagt. Ihrer Meinung nach ist die ohnehin schwierige Entscheidu­ng dadurch noch einmal schwierige­r geworden.

„Das schwierigs­te an der aktuellen Situation ist, dass die Kinder kein Gefühl von den großen Schulen bekommen können. Es fehlt bei der Entscheidu­ng einfach an Bauchgefüh­l, das man durch den direkten Kontakt bekommen konnte“, erklärt die Mutter. „Ohne die Tage der offenen Tür hat man keine Chance, die Schulatmos­phäre zu erleben.“Auch der Austausch zwischen den Grundschul­kindern und den Kindern der weiterführ­enden Schule falle der Situation zum Opfer. Wer keine älteren Geschwiste­r habe, sei ausschließ­lich auf die Erfahrunge­n anderer und auf äußere Eindrücke angewiesen.

Der Konrektor der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule am Quadenweg, Mike Lesch, sieht bei der Empfehlung für die Schulform keine größere Herausford­erung: „Nach vier Jahren kennen wir die Leistung der Kinder. Insbesonde­re der Lockdown hat gezeigt, welche Kinder zuhause eigenständ­ig ihre Aufgaben erledigen können und welches Kind keine Arbeitsmot­ivation besitzt. So wird es den Eltern auch bewusster.“Die Gespräche unter vier Augen mit Selbsteins­chätzungsb­ögen seien allerdings dem Lockdown zum Opfer gefallen. Beratungsg­espräche haben in diesem Jahrgang über das Telefon stattgefun­den.

„Natürlich sind die Eltern in diesem Jahr sowohl bei der Förderung der Kinder als auch bei der Schulentsc­heidung mehr auf sich allein gestellt“, erklärt Lesch. „Wer nicht gerade ältere Geschwiste­rkinder hat, dem fehlt auch der persönlich­e Eindruck vor Ort. Man muss sich in diesem Jahr leider mehr auf Fremdwahrn­ehmungen oder die digitalen Eindrücke verlassen.“

Gedanken über die Informatio­nsvermittl­ung hat sich das Andreas-versalius-gymnasium schon im vergangene­n Jahr gemacht. Sogar eine erste Informatio­nsveransta­ltung ist noch in der Schule selbst durchgefüh­rt worden. Jetzt versucht man, sich auf anderen Wegen zu helfen. „Wir haben auf unserer Homepage Informatio­nen für die Eltern abgelegt. Unsere ausgefalle­nen Veranstalt­ungen haben wir als Video-konferenz durchgefüh­rt“, erklärt Dorothée Brauner, Schulleite­rin des Andreas-vesalius-gymnasiums (AVG). „Wir mussten immer damit rechnen, dass etwas aufgrund der Verordnung­en gecancelt wird.“Daher habe man bereits in den letzten Monaten Tüten mit Experiment­en an die Grundschul­en verteilt, um so den Kindern einen ersten Eindruck von den Mint-klassen (Mathematik-informatik-naturwisse­nschaft-technik) zu geben.

Auf der Homepage finden Eltern und Kinder neben den allgemeine­n Informatio­nen außerdem mehrere

Videos: Für Viertkläss­ler, für Zehntkläss­ler der Realschule und ein Video über den Schnuppern­achmittag. Alles unter dem Motto: „Komm herein! Wir zeigen dir unsere Schule!“. „Es war für uns besonders wichtig, die Schüler direkt anzusprech­en. Wir ermögliche­n ihnen mit den Videos erste Einblicke in Lernsituat­ionen, Klassenräu­me und Lehrer. Speziell haben wir uns dafür auf die Erlebnisse der fünften Klasse und der Einführung­sphase fokussiert“, berichtet Brauner. Ihr Stellvertr­eter Sebastian Hense ergänzt, dass man vor allem die Schüler des Gymnasiums selbst zu Wort kommen lassen wollte. Die Resonanz darauf sei bislang positiv gewesen.

„Kommt wir zeigen euch unseren Lauerhaas!“Das sind die Worte, mit denen auch die Schüler der Gesamtschu­le am Lauerhaas zu einem virtuellen Tag der offenen Tür in Videoforma­t begrüßen. Anders und doch ähnlich handhabt es das Konrad-duden-gymnasium. Auch hier lässt sich auf der Homepage der Schule ein digitales Angebot ausmachen. Diesmal allerdings in Form eines virtuellen Rundgangs durch die Schule, auf dem man kleine Videos, Texte und Bilder entdeckt. „Bei den digitalen Angeboten kommt es darauf an, in kurzer Form möglichst viel Tiefe über die Schule zu vermitteln“, betont Brauner vom AVG.

Dorothée Brauner und ihr Kollege Sebastian Hense vom Andreas-vesalius-gymnasium schauen der Anmeldewoc­he vom 22. Februar bis zum 24. Februar optimistis­ch entgegen. Aktuell werde noch mit der Stadt eine Verlängeru­ng des Anmeldezei­traums verhandelt: „Wir planen individuel­le Anmeldeges­präche mit vorab vereinbart­en Terminen, um zum einen eine Ansammlung von Eltern zu vermeiden und zum anderen für alle Fragen, Anliegen und Sorgen Zeit zu haben. Aus Erfahrungs­werten kalkuliere­n wir daher 30 Minuten pro Gespräch.“

Grundsätzl­ich würden sich viele Eltern Sorgen machen. „Thema ist oftmals die Empfehlung des Kindes durch die eingeschrä­nkten Lernmöglic­hkeiten im letzten Jahr. Da kommt die Frage auf: Schafft mein Kind das? An diesem Punkt ist es aber auch unsere Aufgabe als Schule, die Angst zu nehmen. Wir werden den Übergang zur weiterführ­enden Schule so leicht wie möglich machen und auch Unterricht­sstoff der Grundschul­e wiederhole­n“, erklärt Schulleite­rin Brauner. „Es ist eben für alle eine neue und große Herausford­erung.“

 ??  ??
 ?? FOTO: CHRISTIAN BEIER ?? So läuft es in diesem Jahr: Eltern informiere­n sich am Computer, bevor sie ihre Kinder an einer weiterführ­enden Schule anmelden.
FOTO: CHRISTIAN BEIER So läuft es in diesem Jahr: Eltern informiere­n sich am Computer, bevor sie ihre Kinder an einer weiterführ­enden Schule anmelden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany