Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eltern suchen digital die beste Schule
Hunderte Viertklässler melden sich auch in diesem Jahr wieder an einer weiterführenden Schule an. Der Übergang ist wegen der Corona-pandemie von zahlreichen Problemen begleitet. Welche das sind und welche Lösungen es gibt.
Der Wechsel von Viertklässlern auf eine weiterführende Schule ist wegen der Corona-pandemie mit zusätzlichen Problemen verbunden.
WESEL Wie finde ich 2021 die richtige Schule für mein Kind? Diese Gedanken haben sich in den letzten Wochen viele Weseler Eltern gestellt. Eine von ihnen ist Andrea Bauer. Tage der offenen Tür haben die Schulen alle bereits abgesagt. Ihrer Meinung nach ist die ohnehin schwierige Entscheidung dadurch noch einmal schwieriger geworden.
„Das schwierigste an der aktuellen Situation ist, dass die Kinder kein Gefühl von den großen Schulen bekommen können. Es fehlt bei der Entscheidung einfach an Bauchgefühl, das man durch den direkten Kontakt bekommen konnte“, erklärt die Mutter. „Ohne die Tage der offenen Tür hat man keine Chance, die Schulatmosphäre zu erleben.“Auch der Austausch zwischen den Grundschulkindern und den Kindern der weiterführenden Schule falle der Situation zum Opfer. Wer keine älteren Geschwister habe, sei ausschließlich auf die Erfahrungen anderer und auf äußere Eindrücke angewiesen.
Der Konrektor der Gemeinschaftsgrundschule am Quadenweg, Mike Lesch, sieht bei der Empfehlung für die Schulform keine größere Herausforderung: „Nach vier Jahren kennen wir die Leistung der Kinder. Insbesondere der Lockdown hat gezeigt, welche Kinder zuhause eigenständig ihre Aufgaben erledigen können und welches Kind keine Arbeitsmotivation besitzt. So wird es den Eltern auch bewusster.“Die Gespräche unter vier Augen mit Selbsteinschätzungsbögen seien allerdings dem Lockdown zum Opfer gefallen. Beratungsgespräche haben in diesem Jahrgang über das Telefon stattgefunden.
„Natürlich sind die Eltern in diesem Jahr sowohl bei der Förderung der Kinder als auch bei der Schulentscheidung mehr auf sich allein gestellt“, erklärt Lesch. „Wer nicht gerade ältere Geschwisterkinder hat, dem fehlt auch der persönliche Eindruck vor Ort. Man muss sich in diesem Jahr leider mehr auf Fremdwahrnehmungen oder die digitalen Eindrücke verlassen.“
Gedanken über die Informationsvermittlung hat sich das Andreas-versalius-gymnasium schon im vergangenen Jahr gemacht. Sogar eine erste Informationsveranstaltung ist noch in der Schule selbst durchgeführt worden. Jetzt versucht man, sich auf anderen Wegen zu helfen. „Wir haben auf unserer Homepage Informationen für die Eltern abgelegt. Unsere ausgefallenen Veranstaltungen haben wir als Video-konferenz durchgeführt“, erklärt Dorothée Brauner, Schulleiterin des Andreas-vesalius-gymnasiums (AVG). „Wir mussten immer damit rechnen, dass etwas aufgrund der Verordnungen gecancelt wird.“Daher habe man bereits in den letzten Monaten Tüten mit Experimenten an die Grundschulen verteilt, um so den Kindern einen ersten Eindruck von den Mint-klassen (Mathematik-informatik-naturwissenschaft-technik) zu geben.
Auf der Homepage finden Eltern und Kinder neben den allgemeinen Informationen außerdem mehrere
Videos: Für Viertklässler, für Zehntklässler der Realschule und ein Video über den Schnuppernachmittag. Alles unter dem Motto: „Komm herein! Wir zeigen dir unsere Schule!“. „Es war für uns besonders wichtig, die Schüler direkt anzusprechen. Wir ermöglichen ihnen mit den Videos erste Einblicke in Lernsituationen, Klassenräume und Lehrer. Speziell haben wir uns dafür auf die Erlebnisse der fünften Klasse und der Einführungsphase fokussiert“, berichtet Brauner. Ihr Stellvertreter Sebastian Hense ergänzt, dass man vor allem die Schüler des Gymnasiums selbst zu Wort kommen lassen wollte. Die Resonanz darauf sei bislang positiv gewesen.
„Kommt wir zeigen euch unseren Lauerhaas!“Das sind die Worte, mit denen auch die Schüler der Gesamtschule am Lauerhaas zu einem virtuellen Tag der offenen Tür in Videoformat begrüßen. Anders und doch ähnlich handhabt es das Konrad-duden-gymnasium. Auch hier lässt sich auf der Homepage der Schule ein digitales Angebot ausmachen. Diesmal allerdings in Form eines virtuellen Rundgangs durch die Schule, auf dem man kleine Videos, Texte und Bilder entdeckt. „Bei den digitalen Angeboten kommt es darauf an, in kurzer Form möglichst viel Tiefe über die Schule zu vermitteln“, betont Brauner vom AVG.
Dorothée Brauner und ihr Kollege Sebastian Hense vom Andreas-vesalius-gymnasium schauen der Anmeldewoche vom 22. Februar bis zum 24. Februar optimistisch entgegen. Aktuell werde noch mit der Stadt eine Verlängerung des Anmeldezeitraums verhandelt: „Wir planen individuelle Anmeldegespräche mit vorab vereinbarten Terminen, um zum einen eine Ansammlung von Eltern zu vermeiden und zum anderen für alle Fragen, Anliegen und Sorgen Zeit zu haben. Aus Erfahrungswerten kalkulieren wir daher 30 Minuten pro Gespräch.“
Grundsätzlich würden sich viele Eltern Sorgen machen. „Thema ist oftmals die Empfehlung des Kindes durch die eingeschränkten Lernmöglichkeiten im letzten Jahr. Da kommt die Frage auf: Schafft mein Kind das? An diesem Punkt ist es aber auch unsere Aufgabe als Schule, die Angst zu nehmen. Wir werden den Übergang zur weiterführenden Schule so leicht wie möglich machen und auch Unterrichtsstoff der Grundschule wiederholen“, erklärt Schulleiterin Brauner. „Es ist eben für alle eine neue und große Herausforderung.“