Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kampf um Barmingholten
Dinslakens Politik lehnt einen „Kooperationsstandort“für Barmingholten ab. Die Bürgerinitiative tritt nun als nächstes an den Regionalverband Ruhr heran – auch mit Blick auf eine ungewisse Zukunft.
Die Politik lehnt den Kooperationsstandort ab. Die Bürgerinitiative tritt als nächstes an den Regionalverband Ruhr heran.
DINSLAKEN Die Bürgerinitiative gegen einen Logistikpark in Barmingholten hält sich nicht damit auf, ihren Erfolg in der Politik zu feiern. „Wir sind glücklich, erleichtert und auch ein bisschen stolz“, teilt sie zwar mit. Aber nun geht es weiter, blickt Sprecherin Hella Tobias voraus. „Wir schnaufen jetzt erstmal durch, und dann versuchen wir natürlich auch noch, den RVR zu überzeugen“, also den Regionalverband Ruhr. Und zwar davon, dass es angesichts des Widerstands in Dinslaken „keinen Sinn macht, den Kooperationsstandort auszuweisen“.
Die Politik hat sich am Dienstagabend wie berichtet mit breiter Mehrheit gegen einen Kooperationsstandort, also ein großes Industrie- und Gewerbegebiet, in Barmingholten ausgesprochen. Die Planungen dafür werden allerdings beim Regionaverband Ruhr (RVR) geführt. Die Ankündigung der Dinslakener Politik lautet dazu nun: Sollte der RVR den Kooperationsstandort trotz der Ablehnung in den nächsten Regionalplan schreiben, dann werde sie einfach jede weiter Planung dafür blockieren.
Das klingt entschlossen – ist für die Bürgerinitiative aber kein Grund, sich in Sicherheit zu wiegen. „Wissen wir, was in fünf Jahren ist?“, fragt Hella Tobias. „In fünf
Jahren gibt es vielleicht einen neuen Stadtrat, und der könnte das wieder rückgängig machen.“Davor wäre man nur gefeit, wenn die Planung wirklich beerdigt würde. Dann erst könnte Dinslaken, so die Vorstellung der Initiative, das Areal „so entwickeln, dass es im Sinne unserer Stadt ist. Auch mit kleineren Wohngebieten oder kleineren Gewerbegebieten“, vorausgesetzt, Eigentümer Thyssenkrupp würde die Flächen zu diesen Zwecken veräußern.
Bei der Abstimmung im zuständigen Hauptausschuss des Stadtrates hatte am Dienstag einzig die CDU noch für einen Kooperationsstandort gestimmt, wenn dieser denn kleiner ausfiele als die ursprünglich angedachten etwa 30 Hektar. Die Christdemokraten argumentierten mit der Aussicht auf Steuereinnahmen und Arbeitsplätze, und zwar „voraussichtlich weitaus mehr als 1000“, wie Fraktionschef Heinz Wansing ausführte.
Mit dieser Zahl und der angepeilten Größe eines Gewerbegebietes orientiert sich die CDU an den Ideen, die der Konzern Thyssenkrupp als Grundstückseigentümer und der Investor Hillwood in der vergangenen Woche im Rathaus präsentiert haben. Diese Veranstaltung habe „erstmals gezeigt, dass es nun sehr wohl auch seitens Thyssenkrupp die Bereitschaft gibt, diese Fläche als Kooperationsstandort maßvoll zu gestalten“, so Wansing.
Die übrigen Fraktionen schenken den Prognosen der Konzerne hingegen keinen Glauben. Gerald Schädlich von der FDP betonte, natürlich seien Arbeitsplätze wichtig. „Aber gerade deshalb haben wir uns die Unterlagen, die bisher vorliegen, genauer angeschaut.“Man habe sie mit anderen Projekten von Hillwood verglichen: „Da sind die 1500 Arbeitsplätze, die in den Raum geworfen worden sind, schnell als viel zu günstig entlarvt.“Solche Zahlen seien „absolut unrealistisch“und „lediglich geeignet, um uns geneigt zu machen“. Außerdem wäre nach den vorgestellten Ideen eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg in Barmingholten zum Zuge gekommen. Dorthin würden dann also die Gewerbesteuern fließen, nicht nach Dinslaken.
Nachhaltigen Ärger gibt es weiterhin über die Informationspolitik zum Thema Barmingholten. Das hängt sich vor allem, aber nicht nur am Auftritt von Thyssenkrupp und Hillwood im Rathaus auf. Die Unternehmen hatten ihre Vorstellungen wie berichtet erst am vergangenen Donnerstag im kleinen Kreis der Verwaltung und der Fraktionsvorsitzenden präsentiert.
Ronny Schneider von der SPD griff die Konzerne an: „Das kommt uns so vor, als ob die Politik auf den letzten Metern weichgekocht werden soll“, sagte er. „So etwas lassen wir uns als Stadtverodnete nicht bieten.“Er attackierte aber auch direkt Bürgermeisterin Eislöffel: Sie hätte auch die Bürgerinitiativen zu der Zusammenkunft einladen müssen, befand er. Dass das nicht geschehen ist, sei ein „Blackout“in Sachen Transparenz.
Eislöffel wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Thyssenkrupp habe zunächst nur der Stadtverwaltung ein Gesprächsangebot gemacht. Sie habe die Politik dazu eingeladen, sie habe gewollt, dass der mögliche Investor bekannt wird. „Ja, ich hätte auch die Bürgerinitiative einladen können“, räumte sie ein. Aber es könne auch sinnvoll sein, in der Politik Gespräche zu führen, ohne dass gleich alles nach außen dringe. Ihr Vorgänger, der frühere SPD-BÜRgermeister Michael Heidinger, habe über Jahre nicht für Klarheit gesorgt. „Mir Intransparenz vorzuwerfen, finde ich in Anbetracht der Vorgeschichte unglaublich“, so Eislöffel.
Der Konzern Thyssenkrupp teilte am Mittwoch mit, er respektiere die Meinung von Politik und Bürgern. Er hätte sich gefreut, „zusammen mit Hillwood unsere Ideen für eine nützliche und integrierte Weiterentwicklung des Grundstücks gemeinsam mit Stadt und Bürgern auf den Weg zu bringen“, hieß es. „Als Unternehmen, das in der gesamten Rhein-ruhr-region immer auch Nachbar ist, bleibt uns der offene, sachliche Austausch mit Politik und Anwohnern auch in Zukunft ein zentrales Anliegen.“
„In fünf Jahren gibt es vielleicht einen neuen Stadtrat, und der könnte das wieder rückgängig machen“
Hella Tobias
Bürgerinititative Barmingholten