Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Banges Warten auf Corona-hilfe
Edith und Jürgen Schepers betreiben Fitnessstudios in Alpen, Rheinberg und Xanten. Wegen der Pandemie sind diese geschlossen. Von der versprochenen Unterstützung durch den Staat ist bisher wenig angekommen.
ALPEN/XANTEN Edith und Jürgen Schepers haben in diesem Januar viel Zeit, um nachzudenken. Zu viel Zeit. Das Ehepaar aus Lüttingen verfällt zu oft ins Grübeln, das Gedankenkarussell drehte sich häufiger in den vergangenen Monaten. Das Ehepaar besitzt drei Premium-fitnessstudios – das Injoy in Alpen an der Burgstraße, das Injoy in Rheinberg am Tekkenhof und das Aktivital in Xanten an der Marsstraße. Alle drei Studios mussten die Schepers’ mit Beginn des zweiten Lockdowns erneut schließen. Und seitdem sind die Existenzängste wieder da. So wie schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020.
„Wir mussten schon an unsere Reserven gehen“Edith Schepers Fitnessstudio-betreiberin
„Beim ersten Lockdown haben wir einmalig eine pauschale Summe vom Staat bekommen. Es war ein Bruchteil vom sonstigen Umsatz. Wir mussten da schon an unsere Reserven gehen“, sagt Edith Schepers. Bei 25.000 Euro lag die finanzielle Einmal-hilfe der Bundesregierung. „Wir haben allerdings monatliche Fixkosten von 50.000 Euro“, ergänzt Jürgen Schepers, der sein erstes Fitnesscenter 1989 in Alpen eröffnete und heute 26 Voll- und Teilzeitkräften eine Arbeitsstelle bietet.
Im Frühjahr und danach habe der größte Teil der rund 2000 Mitglieder aus allen drei Anlagen „uns super unterstützt und die Beitragszahlungen weiterlaufen lassen“. Seine Ehefrau meint weiter: „Aber es ist klar, dass diese Zahlungen natürlich alle zu einem späteren Zeitpunkt kompensiert worden sind oder noch werden und dann an anderer Stelle fehlen.“Die Hilfsbereitschaft der Kunden hat die beiden „unheimlich motiviert“. Einige hätten sogar die Beiträge geschenkt und auf einen Ausgleich verzichtet.
Die Pandemie kam für die Schepers’ überdies zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, weil die Inhaber Anfang 2020 viel Geld in zwei Studios investiert hatten. Rund eine halbe Million Euro nahmen sie in die Hand. Das Injoy in Alpen wurde komplett umgebaut. Dort und in Rheinberg kaufte das Ehepaar zudem neue Hightech-trainingsgeräte. Die funktionieren vollelektronisch und stellen sich automatisch ein. Die Mitglieder können sich seitdem selber Termine buchen. „Auch das Muskellängentraining zur Verbesserung der Beweglichkeit ist elektronisch, alles möglichst einfach, quasi auf Knopfdruck, aber sicher und effektiv“, erläutern die beiden. Fürs Aktivital gibt es ebenfalls Pläne. Im Sommer steht innerhalb Xantens ein Umzug in größere Räumlichkeiten an.
Als die Fitnessstudios wieder aufmachen durften, blieb der Trainingsbetrieb eingeschränkt. „Wir haben da schon viele Maßnahmen ergriffen, in Luftreinigungssowie Desinfektionsgeräte investiert, Abstände geschaffen zwischen den Trainierenden und einige Kurse nach draußen verlegt“, sagt der 57-jährige Lüttinger. Außerdem haben die Mitglieder die Möglichkeit, sich per App in Echtzeit zu informieren, wie viele Trainierende sich aktuell in den Studios aufhalten. „Aber es hat leider nicht geholfen, seit November ist wieder geschlossen“, meint Edith Schepers, die niedergeschlagen wirkt.
Von den Politikern ist die 53-Jährige arg enttäuscht: „Wir werden von ihnen nicht wahrgenommen. Dabei leistet unsere Branche so viel für die Gesundheit und das Wohlergehen gerade der älteren Menschen.“Von der staatlichen Unterstützung für November sind bislang 10.000 Euro bei dem Ehepaar angekommen. Die Dezember-hilfen wurden längst beantragt, auf dem Konto sei aber für diesen Monat noch kein Geld eingetroffen. „Und ab Januar sollten die Hilfen ja anders berechnet werden“, sagt Edith Schepers. Seit Beginn des zweiten Lockdowns trudelten mehr Abmeldungen ein. Rund ein Drittel der Mitglieder habe gekündigt. Edith
Schepers: „Das ist nur verständlich, weil eben niemand weiß, wie es weitergeht. Viele unserer Mitglieder gehören zu Risikogruppen oder haben einfach Angst.“
Jürgen Schepers sieht die Branche in einer tiefen Krise: „Es wird vorausgesagt, dass zirka ein Drittel der fast 10.000 Studios schließen werden müssen.“Er sei aber dennoch zuversichtlich für seine drei Anlagen: „Wir haben schon weitere Maßnahmen ergriffen. Es wird demnächst den Check-in per Fingerprint geben, um die Öffnungszeiten auszudehnen und so die Frequenz der Anwesenden weiter zu regulieren. Angedacht ist, täglich von 6 bis 23 Uhr zu öffnen. Eventuell sogar am Wochenende. „Wir bemühen uns, für unsere Mitglieder zukunftsorientiert gut aufgestellt zu sein – auch wenn die nächsten Jahre hart werden.“Weiterer Bericht auf Seite C1