Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein Rheinländer auf Kanzler-kurs
DLaschet, chen Auftritten, der sich hatte oft schwer die Kamera tut mit des öffentli- digitalen Parteitags souverän im Blick, aber auch die Gefühle der 1001 Delegierten zu Hause. Eine Erkennungsmarke, die sein Vater einst als Bergmann getragen habe, beschrieb er als Glücksbringer, aber noch mehr sollte sie wohl als Symbol seiner Bodenständigkeit fungieren. Er zeigte Anstand, als er seiner glücklosen Vorgängerin Annegret Kramp-karrenbauer ausdrücklich dankte. Er sprach von Zusammenhalt, Vertrauen und Verlässlichkeit. Klartext wolle er sprechen, aber nicht polarisieren.
Dass Angela Merkel beliebter sei als die CDU – auch das gehörte zu den Wahrheiten, die Armin Laschet offen aussprach. Nach 16 Jahren endet eine Ära, das macht den weiteren Weg unübersichtlich. Wie groß sind die Chancen ohne Merkel-bonus wirklich? Die CDU hat sich getreu ihrem Parteitagsmotto #wegenmorgen zwar gegen Friedrich Merz entschieden, aber die spalterische Sehnsucht nach der guten alten Zeit begleitet sie weiter. Es wird an Armin Laschet sein, nach seinem Zittersieg, den er erst im zweiten Wahlgang errang, die Partei wieder zusammenzuführen. Das Feld der möglichen Kanzlerkandidaten hat sich bereits gelichtet, auch Jens Spahn dürfte nicht mehr im Spiel sein, nachdem er den Parteitag so gründlich vergeigt hat.
Aie CDU hat endlich einen neuen Vorsitzenden, der Parteitag ist gelaufen, jetzt geht es wieder ausschließlich um Corona: Wer diese Erwartung hegt, liegt falsch. Politik wird in diesen Wochen und Monaten nahezu ausschließlich daran gemessen, wie gut – oder schlecht – sie die Pandemie bewältigt. Und der Wettstreit zwischen Markus Söder und Armin Laschet, der sich schon im alten Jahr immer wieder in Corona-fragen zeigte, dürfte an Schärfe eher zunehmen, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen. Acht Monate vor der Bundestagswahl kann es gar nicht anders sein.
Wenn die Bundeskanzlerin am Dienstag die neuerlichen Verschärfungen des Lockdowns verkündet, wird sich neben ihr der bayerische Ministerpräsident in Szene setzen. Der neue Cdu-vorsitzende wird andere Wege finden müssen. Dagegen ist aber auch nichts zu sagen. Wettbewerb führt zu besseren Lösungen, und in der Politik besteht er eben auch aus Bildern und Rhetorik. Glaubwürdigkeit entsteht, wenn es dabei nicht bleibt, sondern Substanz dazu kommt. Nicht zuletzt zeigt sich das in der wieder so stark gewachsenen Popularität von Angela Merkel. Die Frage nach der Substanz erklärt aber auch, warum bei Laschet wie bei Söder Zweifel bestehen, wie kanzlertauglich sie sind.
Vielleicht sei er nicht der Mann der perfekten Inszenierung, aber er sei Armin Laschet, auf den man sich verlassen könne – so hatte es der neue Cdu-vorsitzende vor seiner Wahl auf dem Parteitag gesagt. Aber er war beides: von den drei Kandidaten der mit der besten Inszenierung und doch der authentische Armin Laschet aus Aachen. Er hätte sich wohl auch mit einer schlechteren Rede durchgesetzt, denn seine Machtbasis war schon mit den knapp 300 Delegierten aus NRW groß. Aber er hielt eben keine schlechte Rede, sondern eine gute, vielleicht seine beste. Da sprach einer, der sich das Kanzleramt offenkundig zutraut, auch wenn die Umfragen gegen ihn sprechen.
ber eine gute Rede allein macht noch keinen Kanzlerkandidaten, geschweige denn einen Bundeskanzler. Vor Armin Laschet liegen zwei bis drei entscheidende Monate. Wenn er seinem Auftritt beim Parteitag treu bleibt, also Demut und Ambition überzeugend verbindet, wenn es ihm gelingt, die Reihen in der CDU zu schließen, dürfte sich ihm niemand in den Weg stellen, auch Markus Söder nicht.
Und dass beide Ministerpräsidenten vor allem danach beurteilt werden, wie sie ihre großen Bundesländer durch die Krise führen, ist ebenso folgerichtig wie gut für das Wohl der Menschen. Denn dieser politische Wettbewerb garantiert, dass beide 100 Prozent geben. Am Ende entscheiden dann eben doch nicht die schönsten Bilder und die beste Rhetorik, sondern setzt sich Substanz durch – erst recht in der Krise.