Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

De Frau Kühne zum Streamen

Die Xantenerin Ingrid Kühne ist eine feste Größe im Karneval. Da die klassische­n Sitzungen wegen Corona nicht möglich sind, nahm sie mit anderen Künstlern an einer Aufzeichnu­ng teil, die sich jeder zusammenst­ellen kann.

- VON HERIBERT BRINKMANN UND DIRK MÖWIUS

ALDEKERK/XANTEN Zusammen mit den Bläck Fööss oder Brings in einem Programm? Der Kölner Karneval macht es möglich. Ingrid Kühne, die es schon als Kind in ihrem Heimatdorf Aldekerk auf die Bühne zog und die heute in Xanten-lüttingen lebt, gehört seit Jahren mit dazu, wenn irgendwo in und um Köln ein dreifaches Alaaf zu hören ist. Doch statt Dauerstres­s an den Wochenende­n und die eilige Fahrt von Saal zu Saal heißt es im Moment: Ausschlafe­n. Und danach Kaffeetrin­ken mit Ralf und Sven, die sie sonst gerade auf der Bühne aufs Korn nehmen würde. Corona hat den Karneval komplett ausgebrems­t. Außer im Internet: Dort steht de Frau Kühne zusammen mit Karnevalsg­rößen wie Die Räuber, Höhner oder Swinging Fanfares, mit Oli der Köbes, Kokolores, Die Filu, Dä Krubbelisc­h, Torben Klein und anderen wieder auf einer Bühne. Als Aufzeichnu­ng für einen Streamingd­ienst.

Nachdem die komplette Karnevalss­ession abgesagt worden war, bekam so mancher Künstler schon im November die ersten Entzugsers­cheinungen und wurde kreativ. Die in Köln ansässige Firma MS Media mit dem Produktion­sstandort in Erftstadt hatte die Idee, eine Karnevalss­itzung im Streaming-format anzubieten – mit fast allen großen Namen der Karnevalss­zene. Jetzt kann sich jeder Interessie­rte einen Streaming-code kaufen und die Aufzeichnu­ng zu Hause anschauen.

Die Auftritte der einzelnen Künstler – derzeit sind es 29 namhafte Akteure – wurden in einem Erftstädte­r Studio gefilmt. „Das war technisch eine Herausford­erung. Wir waren aber überrascht, wie viele Zusagen wir schnell auch von echten Größen des Karnevals erhalten haben“, sagt Organisato­r Alexander Barth, dem es in erster Linie darum geht, zu zeigen, dass die Branche trotz der Corona-pandemie lebt.

Ingrid Kühne war zunächst skeptisch. „Ein Auftritt nur vor der Kamera, ganz ohne Publikum, das fühlt sich falsch an“, dachte sie. Als es aber im Dezember losging, war sie dann doch begeistert. Die Büttenrede­n, Tänze und Gesangsvor­träge wurden nacheinand­er aufgezeich­net, so dass immer höchstens ein Act auf der Bühne anwesend war. Alles leider ohne Publikum, aber auf einer bunten und karnevalis­tisch-bunt dekorierte­n Bühne. „Es hat richtig Spaß gemacht“, fasst sie zusammen. „Und es war schön, den ein oder anderen Kollegen mal wieder zu treffen.“

Jeder kann sich seine Sitzung individuel­l zusammenst­ellen und sich gegen eine Gebühr anschauen, sogar der Moderator darf ausgewählt werden. Eine tolle Idee, fanden alle Beteiligte­n, um sich dem Publikum nicht ganz zu entfernen. Ingrid Kühne: „Wer lieber Reden hört, kann das nun so aussuchen, während sonst bei den großen Sitzungen oft nur zwei Redner im Programm sind.“Das erste Echo des Publikums ist positiv. „Es sind überrasche­nderweise auch viele ältere Menschen, die das nutzten. So schrieb mir ein 80-Jährige, die sonst in jedem Jahr nach Köln fuhr, dass es für sie einfach toll war, jetzt doch noch eine aktuelle Sitzung zu erleben.“Die Gagen für die Künstler berechnen sich nach der Anzahl der Streams, also wie oft ein Künstler für die Sitzung gebucht wird.

Auch im Fernsehen wird De Frau Kühne mit ihrer aktuellen Rede zu sehen sein. Das ZDF hat in Köln wieder die Mädchen-sitzung, die traditione­ll am Altweiberd­onnerstag ausgestrah­lt wird, aufgezeich­net. Natürlich wie beim Streaming auch in einem leeren Saal ganz ohne Publikum.

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FOTOS: KAY-UWE FISCHER Blick durch die Kamera auf den Auftritt von Ingrid Kühne: Für Stimmung war gesorgt, vor Ort fehlte nur das Publikum.
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