Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein totaler Lockdown bringt wenig
Die Bekämpfung des Coronavirus ist in eine kritische Phase getreten. Die Politik ist durch den rasanten Anstieg der Zahl der Neufälle durch Mutationen in Großbritannien und Irland alarmiert. Vor allem Kanzlerin Angela Merkel will präventiv vorgehen und die Maßnahmen mit den Ministerpräsidenten erneut verschärfen – trotz aktuell sinkender Fallzahlen. Prävention ist wichtig. Richtig ist sicher auch, den gegenseitigen Schutz durch das Tragen von Ffp2-masken zu stärken. Auch die Arbeitgeber mit noch mehr Nachdruck aufzufordern, ihren Beschäftigten Homeoffice-angebote zu mache, wo immer das möglich ist, gehört dazu.
Was nicht passt, sind bürokratische Regelungen, die eine Pflicht zum Homeoffice vorschreiben. Dann müssen Behörden umständlich prüfen, ob Ausnahmen zulässig sind. Es wird viel Zeit verschwendet, die besser zur Nachverfolgung der Infektionskontakte eingesetzt werden könnte. Problematisch sind auch nächtliche oder ganztägliche Ausgangssperren. Die bringen nur etwas, wenn sich alle so weit wie möglich daran halten. Wenn ein Run auf Ausnahmen einsetzt und Arbeitgeber massenhaft mit Sonderbescheinigungen das System umgehen, wird der Effekt der Maßnahmen verpuffen.
Es wäre besser, die bisherigen Maßnahmen konsequent umzusetzen. Wer im öffentlichen Nahverkehr und in belebten Innenstädten keine Maske trägt, soll noch kräftiger als bisher zur Kasse gebeten werden. Mit klugen Verschärfungen im Einzelnen, einer scharfen Durchsetzung der beschlossenen Maßnahmen im Allgemeinen und einem erneuten Appell an den Gemeinsinn können die drohenden Gefahren gebannt werden. Der totale Lockdown kann als letztes Mittel in Reserve gehalten werden. Man sollte es nicht zu früh verpulvern.
BEITRAG EXPERTENRAT KRITISIERT CORONA-POLITIK, TITELSEITE