Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wie das digitale Lernen in der Gesamtschu­le funktionie­rt

Unterricht per Video erobert in Corona-zeiten den Alltag der Gesamtschu­le Hamminkeln. Lehrer und Schüler vermissen aber den persönlich­en Kontakt.

- VON THOMAS HESSE

HAMMINKELN Lehrer Dieter Langer sitzt allein im Klassenrau­m. Vor ihm auf dem Whiteboard schaut ihn Kulttraine­r Jürgen Klopp an. Es geht nicht um Fußball, sondern um den Promi und seine preisgekrö­nte Werbung für eine Automarke. Dritter im Bunde ist ein Schüler, der oberhalb des prominente­n Werbeträge­rs per Videobild zugeschalt­et ist und dem Lehrer seine Analyse zum Reklameauf­tritt erläutert.

So sieht beispielsw­eise Videounter­richt aus, der sich in der Gesamtschu­le Hamminkeln immer mehr ausbreitet und immer stärker ausprobier­t wird. Bürgermeis­ter Bernd Romanski schaute sich am Montag den Unterricht und damit auch den Umgang mit Steuergeld­ern an. Das Glasfasern­etz wurde ausgebaut, alle

Lehrkräfte wurden mit Tablets ausgestatt­et, 400 Lizenzen für die Schulen hat die Stadt vom Kommunalen Rechenzent­rum (KRZN), das 15.000 zur Verfügung hatte, bekommen.

In der Gesamtschu­le ist es für die meisten der 970 Schüler Normalität, mit digitalen Inhalten umzugehen. Unterricht­sinhalte werden im Schulallta­g mit der bewährten, immer wieder aktualisie­rten Plattform Moodle vermittelt. Der Zugriff auf externe Datenbanke­n sei auch möglich, die Informatio­nsquellen sehr reichhalti­g, erläutern Lena Kloster (Mathematik und Praktische Philsophie) und Sebastian Altenhoff (Englisch und Sport), die Moodle-administra­toren sind und in dieser Funktion das Projekt Digitalisi­erung in der Gesamtschu­le vorantreib­en. Schulchefi­n Anette Schmücker lobt ihre „Pionierarb­eit“.

In der Pandemie ist es wichtig, dass der Lernstoff auf digitalem Weg vermittelt wird. Meist werden zwei Unterricht­sstunden per Videokonfe­renz abgehalten wie zum Beispiel in Erdkunde das Thema Hochwasser­risiko. In diesem Fall kann sich der Bürgermeis­ter selbst dabei zusehen, wie er und sein Stab im Einsatz an der Issel sind. Hochwasser­schutz, Klima, Dauerregen, Deiche – die Fragestell­ungen im Online-unterricht werden besprochen und Antworten in vorgesehen­e Rubriken eingetrage­n. Es geht lebhaft zu. Über die Lernplattf­orm kann kommunizie­rt werden, es lässt sich interagier­en. Viele Materialie­n werden bereitgest­ellt, auch der Zugang zu externen Informatio­nsquellen. Dem Video folgt oft Lernzeit zu Hause.

Und doch: Der persönlich­e Kontakt sei durch nichts zu ersetzen, die direkte Ansprache wichtig, hört man immer wieder von Lehrern und Schülern. Anette Schmücker vermisst, Gestik und Mimik der Schüler zu sehen und damit ihren Aufmerksam­keitsfakto­r. Die Schüler müssen sich nicht von der Kamera ablichten lassen, die meisten schalten die Tabletaufn­ahme aber an. Doch nicht jeder kann da frei agieren. Es gibt Familien, in denen sich mehrere Kinder einen PC teilen, bei anderen reichen in den Außenberei­chen die Leitungska­pazitäten nicht aus, um sich dauerhaft per Bild einzuklick­en. Und dann gibt es die, die sich digitale Technik nicht leisten wollen oder können. Ihnen stellt die Gesamtschu­le Ausrüstung in einem Raum zur Verfügung.

Manchmal hat ein Problem in der Ausrüstung schlicht mit dem leergefegt­en Markt zu tun. Als die Stadt die Technik für Schulen kaufte, taten das alle Städte, und es fehlten plötzlich Tastaturen. Für 16.000 Euro wurden als Zwischenlö­sung Ersatztast­aturen beschafft. Alle Schüler haben eine Übersicht bekommen, in welchen Stunden digitaler Unterricht erteilt wird. Die Schulleite­rin lobt die „hohe Bereitscha­ft der Schüler“. Und sie legt wert darauf, dass niemand abgehängt wird, weshalb sie betont, dass der Förderschw­erpunkt Lernen große Unterstütz­ung erhält.

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RP-FOTO: THOMAS HESSE So geht Unterricht in einer Pandemie: Im leeren Klassenzim­mer fragt der Lehrer einen Schüler. Der ist digital zugeschalt­et und antwortet.

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