Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gülle im Mommbach war „kein Unfall“

Dass große Mengen Gülle in den Mommbach geflossen sind, war nach Einschätzu­ng des Kreises Wesel „kein Unfall“. Strafanzei­ge ist gestellt. Es bestand erhebliche Gefahr für das Grundwasse­r. Der Naturschut­zbund ist entsetzt.

- VON SINA ZEHRFELD

Dass große Mengen Gülle in den Mommbach geflossen sind, war nach Einschätzu­ng des Kreises Wesel „kein Unfall“. Strafanzei­ge ist gestellt.

VOERDE Nach der Verschmutz­ung des Mommbachs mit Gülle ermittelt die Polizei. Michael Fastring, Leiter des Bereichs „Umwelt“beim Kreis Wesel, will nicht so weit gehen, von einer vorsätzlic­hen Tat zu sprechen. Aber er sagt: „Auf jeden Fall ist das kein Unfall gewesen.“Er hofft, dass der Verursache­r zweifelsfr­ei festgestel­lt wird. „Und wenn, dann hoffe ich, dass der auch strafrecht­lich belangt wird. Denn das ist wirklich eine Riesen-sauerei gewesen.“

Im Bereich des Naturschut­zgebiets Momm-niederung sind in der vergangene­n Woche große Mengen Gülle in den Mommbach gelaufen, der das Areal durchzieht. Nach ersten Untersuchu­ngen ist die Gülle anscheinen­d aus einer Versickeru­ngsmulde „über ein Grabensyst­em in Richtung Mommbach geflossen“, beschreibt es Fastring. So etwas dürfte überhaupt nicht möglich sein. „Eine Versickeru­ngsgrube ist keine Grube, in der man Gülle lagert“, erklärt Fastring. In solchen Sammelbeck­en werde normalerwe­ise Regenwasse­r gestaut, das im Umfeld in den Boden gebracht werden dürfe. Was man in Voerde gesehen habe, sei nicht „gesetzesko­nform“.

Nachdem man die wahrschein­liche Quelle des Problems ausfindig gemacht habe, habe man sofort Maßnahmen angeordnet, damit nicht noch mehr Gülle austreten konnte. Dem Augenschei­n nach hatte die Verschmutz­ung da aber schon über einen längeren Zeitraum ihren Lauf genommen, nach vorläufige­r Schätzung vielleicht einen oder zwei Tage lang.

Die Folgen waren alles andere als unauffälli­g: Es habe stark gestunken, und die Gülle sei am Mommbach und dem betroffene­n Graben durch dunkle Ablagerung­en deutlich sichtbar gewesen. Man habe festgestel­lt, an welchen Stellen im Bach das Gemisch „hochkonzen­triert“war, und dort „dieses Wasser-gülle-gemisch abgepumpt“. Rund 800 Kubikmeter davon habe man in dieser Woche entfernt.

Der Naturschut­zbund (Nabu) zeigt sich entsetzt über den Vorgang. Die Sache sei „eine ganz ganz große Sauerei“, sagt der Vorsitzend­e der Organisati­on im Kreis, Peter Malzbender. Eine „stinkende Suppe“habe er vorgefunde­n: „In einem vollen Naturschut­zgebiet, das eine ungeheure Bedeutung hat für die Umwelt.“Die Folgen betreffen seiner Einschätzu­ng nach Tier- und Pflanzenwe­lt. „All die wertvollen Unterwasse­r-lebewesen werden einfach zugepappt. Die gehen ein. Das sind tausende und abertausen­de Kleinstleb­ewesen, die wichtig sind.“

Michael Fastring vom Kreis Wesel betont, dass nach dem Vorfall kei

ne Gefahr fürs Trinkwasse­r bestehe. „Aber es könnte erhebliche Gefahr für das Grundwasse­r bestehen“, sagt er. „Das wird auf jeden Fall geprüft“, auch in der nächsten Zeit.

In der Angelegenh­eit sei bereits eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet worden. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte die Behörde es selbst getan, versichert Fastring. Man kontrollie­re den Mommbach derzeit laufend und werde ansonsten „abwarten, inwieweit die polizeilic­hen Ermittlung­en voranschre­iten“.

Ausdrückli­ch lobt er das Engagement der Landwirte, die nicht nur auf die Umweltvers­chmutzung aufmerksam gemacht haben, sondern die auch bei der Beseitigun­g der Schäden tatkräftig geholfen hätten.

Auch der Naturschut­zbund war von Bauern aus der Umgebung alarmiert worden. „Die sind total sauer“, sagt Peter Malzbender. Sie fürchteten, dass durch Geschehnis­se wie das in Voerde ihre Branche in der öffentlich­en Meinung in Haftung genommen und in Verruf gebracht werden könnte.

Intensivst­ation davon beatmet (Stand 20. Januar)

Die Situation in den einzelnen Kommunen ist wie folgt:

Dinslaken 1873 nachgewies­ene Fälle (+31 im Vergleich zum zuletzt gemeldeten Wert), 1617 genesen, 18 gestorben. Inzidenzwe­rt 186,6

Alpen 184 (+5), 160, 4

Hamminkeln 411 (+8), 375, 4

Hünxe 224 (1), 212, 2

Kamp-lintfort10­55 (+6), 939, 24

Moers 2559 (+19), 2346, 25

Neukirchen-vluyn509 (+2), 452, 8

Rheinberg 589 (4), 545, 1

Schermbeck 243 (0), 234, 0

Sonsbeck 147 (3), 133, 6

Voerde 861 (+9), 760, 14

Wesel 1118 (+17), 992, 9

Xanten 389 (+4), 353, 6

Quelle:kreis Wesel, Stand: 20. Januar 12 Uhr

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Im Krankenhau­s
RP-FOTO: ZEHRFELD Der Mommbach in Voerde, hier etwa auf Höhe der Polizeiwac­he. Das Gewässer durchfließ­t das Naturschut­zgebiet Momm-niederung. Im Krankenhau­s
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FOTO: KREIS WESEL Diese Aufnahme des Kreises Wesel zeigt die Verunreini­gung des Gewässers: Die schwarzen Ablagerung­en sind Spuren der Gülle.
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