Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Lehrer fordern Abitur-entschärfung
Schulleiter, Vertreter der Elternschaft und die Gewerkschaft GEW sind sich in Duisburg einig: Ganz normale Prüfungen darf es in diesem Jahrgang nicht geben. Sie wünschen sich Lösungen von der Nrw-landesregierung.
Noch rund drei Monate, dann sollen in Duisburg die ersten Abiturprüfungen geschrieben werden. Prüfungen, auf die sich die Schüler wohl vor allem von zu Hause aus vorbereiten müssen. Der Präsenzunterricht ist in NRW noch mindestens bis 14. Februar ausgesetzt. Ob es danach in den Schulen weitergeht, ist fraglich. Angesichts dessen wachsen auch bei den Duisburger Eltern die Zweifel an einem klassischen Ablauf des Abiturs 2021.
„Ich würde gerne Druck rausnehmen“, sagt Melanie Maurer, Vorsitzende der Elternschaft Duisburger Schulen. „Das wäre super wichtig.“Möglich wäre das beispielsweise durch eine Verschiebung des Abiturs. Hier gibt es laut Maurer aber ein Problem. Eine Verschiebung um wenige Tage wäre für sie reine Symbolpolitik, eine Verschiebung um mehrere Wochen würde wohl den Unmut vieler Schüler und Eltern nach sich ziehen. Weil die Pläne für die Zeit nach dem Abitur hierdurch beeinträchtigt seien. Deutlich mehr Sympathie verspürt Maurer für eine Idee, die auch die Lehrergewerkschaft GEW in die Diskussion gebracht hat.
„Wir haben schon seit Sommer darauf hingewiesen, dass das diesjährige Abitur nicht wie ein normales Abitur zählen darf“, sagt der Duisburger Gew-sprecher Rüdiger Wüllner. Er plädiert dafür, dass die „besondere Situation“in der Notengebung mit einem Bonus berücksichtigt wird. Dass es dann das Stigma eines scheinbar minderwertigen „Corona-abitur“gebe, glaubt Wüllner nicht. Auch Maurer sagt: „Ich glaube, dass das den Abiturienten nichts verbaut.“Sie könne sich nicht vorstellen, dass irgendwann ein Arbeitgeber bei einer Bewerbung jemals auf den Jahrgang eines Abiturienten achte und ihn im Zweifel deswegen nicht einstelle.
Auch Christof Haering, Schulformsprecher der Duisburger Gymnasien, fordert eine Anpassung für das diesjährige Abitur. „Wir machen uns natürlich Sorgen“, sagte der
Leiter des Landfermann-gymnasiums nach einer Besprechung mit den Kollegen aus den anderen Duisburger Schulen am Donnerstag. Es sei wünschenswert, dass das Land NRW Lösungen erarbeite. Haering kann sich beispielsweise vorstellen, dass das erforderliche Lernpensum verringert werde. Auch eine Anpassung der Bewertung sei grundsätzlich möglich. Dass etwas passieren muss, sei allerdings sicher. „Es ist den Schülern gegenüber unfair, wenn man das so lässt“, so Haering. Das betreffe nicht nur die Abiturienten, sondern auch beispielsweise die Absolventen der Hauptschule.
Maurer denkt bereits einen Schritt weiter. Sie will das System generell verändern, um auch auf künftige
Krisensituationen vorbereitet zu sein. Sie wirbt daher für neue Prüfungsformate. „Wir sollten uns einfach mal vorstellen, es sei für immer Pandemie“, sagt sie. Auf dieser Grundlage solle das Abitur gestaltet werden. „So können wir aus der Not eine Tugend machen.“
So sind sich Eltern, Schulleiter und Gewerkschaftsvertreter in mehreren Punkten einig. Sie machen sich allesamt Sorgen um das diesjährige Abitur und wünschen sich Lösungen von der Nrw-landesregierung. Unterschiede gibt es lediglich darin, wie groß die Hoffnung auf Veränderung ist. Bei der GEW ist sie gering. „Ich sehe da keinerlei Bewegung“, sagt Wüllner.
Bei Schulleiter Haering ist sie zumindest groß genug, um sich eine passende Lösung vom Land zu erhoffen. Und bei Elternvertreterin Maurer reicht es zumindest zu einem vergifteten Lob in Richtung Landesregierung. „Mittlerweile wird auch der Ruf nach neuen Wegen gehört“, sagt sie. Das sei nicht immer so gewesen.