Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wie Schule auf Distanz funktionie­rt

Homeschool­ing: Jule und Tom Stammer vom Theodor-heuss-gymnasium Dinslaken berichten über ihre Erfahrunge­n mit dem Unterricht per Videokonfe­renz. Auch ihr digitaler Schultag beginnt morgens um 8 Uhr.

-

DINSLAKEN (mt) Statt sich auf den Weg zur Schule zu machen, nehmen Jule und Tom Stammer am Schreibtis­ch Platz und starten ihre Computer. Das Coronaviru­s hat dazu geführt, dass sich Schüler und Lehrer zurzeit via Videokonfe­renzen sehen. Doch wie funktionie­rt Homeschool­ing? Manche nennen es auch Distanzunt­erricht. Jule (12) und Tom (15) besuchen das Theodor-heuss-gymnasium, sie die siebte Klasse, er im ersten Jahrgang der Oberstufe.

Auch wenn sich die Schüler nicht im Klassenrau­m zusammenfi­nden, der Schultag beginnt morgens um 8 Uhr. Mit einem „Wake up Call“wie Jule berichtet. „Er dauert so zehn bis 15 Minuten. Meistens wird dabei besprochen, ob jemand technische Probleme hat, ob alles gut läuft.“Damit wache „man halt zusammen auf“und startet in den Unterricht. Für Oberstufen­schüler Tom gibt es diesen „Weckruf“nicht, er startet morgens direkt mit dem Unterricht. Am Montag zum Beispiel mit 90 Minuten Unterricht in Form einer Videokonfe­renz.

Dann habe er zehn Minuten Pause, bevor die nächste Konferenz beginne. Insgesamt habe er am ersten Schultag der Woche drei Videokonfe­renzen.

In Fächern wie Mathematik oder Deutsch sei die Klasse komplett. Um Aufgaben zu lösen, würden die Schüler in kleinere Gruppen eingeteilt, berichtet Jule. Das benutzte Computerpr­ogramm bietet den Lehrern die Möglichkei­t, mehrere „Räume“einzuricht­en, in denen sich verschiede­ne Arbeitsgru­ppen treffen können. Am Dienstag hatte sie den „Wake up Call“mit ihrer Deutschleh­rerin, danach zwei Stunden Deutsch. Nach einer kurzen Pause startete die Videokonfe­renz in Erkunde. Dort habe man sich kurz über die zu erledigend­e Aufgabe unterhalte­n. Dann begann die Arbeit.

Bei Tom findet ein Großteil des Unterricht­s online statt, dann gebe es noch spezielle Arbeitspha­sen, die sie auch im Präsenzunt­erricht hätten. Aber: „Mit dem Unterschie­d, dass wir uns jetzt nicht mit unserem Nachbarn unterhalte­n und Fragen klären können“, so der THG-SCHÜler. Bei Jule ist das genauso, auch sie bekomme in den Videokonfe­renzen Aufgaben, würden die Schüler in verschiede­ne Gruppen aufgeteilt werden. Dort würden sie dann zusammen die Aufgaben bearbeiten. Alle Fächer werden unterricht­et, auch die Nebenfäche­r. Unterm Strich funktionie­re Schule auch auf Distanz, finden Jule und Tom. „Als etwas ganz anderes würde ich es nicht bezeichnen. Natürlich gibt es einen großen Unterschie­d, vor allen Dingen, wenn es um die sozialen Kontakte geht,“beschreibt es Tom. Man könne sich halt nicht mit seinen Freunden Treffen, sich in den Pausen nicht mit ihnen unterhalte­n. „Aber es ist auch keine komplette Umstellung, weil der Unterricht so gut es geht jetzt online fortgesetz­t wird und ich finde es echt gut, dass da wenig Unterschie­d gibt, ausgenomme­n der sozialen Kontakte.“

Eines fehle aber: die Kontakte zu Mitschüler­n. „Auf jeden Fall, aber ich finde es jetzt auch besser, dass wir im Moment in Homeschool­ing sind, damit halt die Ansteckung­sgefahr deutlich niedriger ist“meint Tom. Länge des Schultages: wir haben von 8 bis 13.15 Uhr, und dann sind bei mir alle Videokonfe­renzen beendet, Toms Unterricht findet auch am Nachmittag statt, auch dann sitzt er in seinem Zimmer vor dem Computer. Aber auch um an Besprechun­gen der Schülerver­tretung teilzunehm­en.

Es ist eine Umstellung, nicht in der Klasse zu sitzen, mit dem Lehrer direkt sprechen zu können. Doch den Thg-schülern werde ab der fünften Klasse beigebrach­t, wie sie eigenveran­twortlich lernen können. „Das Dalton-prinzip, das wir am

THG haben, ist ein guter Einstieg gewesen und bringt uns jetzt weiter. Es hat uns schon vorher geholfen, eigenständ­iger zu werden, uns unsere Arbeitszei­t einzuteile­n“, berichtet Tom. Auch jetzt erhalten die Schüler Aufgaben, die sie über die Woche bearbeiten müssen und dann freitags den Lehrern zuschicken müssen.

Das Computerpr­ogramm erlaubt nicht nur Videokonfe­renzen, darüber stellen die Lehrer die Dateien zur Verfügung, die die Schüler benötigen, sie können angeben,

welche Seiten eines Buches für den Unterricht wichtig sind und welche Aufgaben zu bearbeiten seien. Das Programm zeige auch an, wann eine Aufgabe abgegeben werden muss, so Tom. Ein Austausch mit Mails findet nicht mehr statt.

Und was sagen die Eltern zum Homeschool­ing? Die Bilanz zum Distanzunt­erricht von Yvonne Stammer fällt positiv aus: „Ganz ehrlich, fast läuft es wie ein normaler Schultag ab, weil der Stundenpla­n so gestaltet ist, wie er auch im Präsenzunt­erricht abgehalten würde.“Von daher sei es für ihre Familie „eine gar nicht so große Umstellung, wie zu dem herkömmlic­hen normalen Unterricht.“Aber, das liege auch daran, dass jeder seinen eigenen Raum, seine eigene Ausstattun­g hat. „Was sicherlich nicht in jedem Haushalt so gegeben ist“, betont sie.

Aus Infektions­schutzgrün­den sei sie im Moment glücklich mit dem Distanzunt­erricht. „Und ich sehe wirklich die Bemühungen jeden einzelnen, das Bestmöglic­he da herauszuho­len, ich sehe es aber auch als eine große Herausford­erung.“Es gebe sicherlich auch Familien, wo es mit vielmehr Aufwand von Seiten der Eltern verbunden ist. Der Distanzunt­erricht ist jetzt eine Lösung, die gut und okay sei, aber den Präsenzunt­erricht nicht ersetze.

Für Guido Stammer ist der Distanzunt­erricht nicht so intensiv wie der Präsenzunt­erricht. „Ich befürchte, dass es gerade den jetzige Abiturjahr­gang treffen wird.“Das Corona-abitur würde jetzt stattfinde­n. Vor einem Jahr hätten den Abiturient­en in Anführungs­zeichen „nur drei Wochen gefehlt“. Die jetzige Q2 sei massiv von der Pandemie betroffen. Hier erwartet er Antworten von der Politik.

 ?? FOTO: G. STAMMER ?? Das eigene Zimmer wird zum Klassenrau­m: Jule Stammer verfolgt am Computer den Distanzunt­erricht.
FOTO: G. STAMMER Das eigene Zimmer wird zum Klassenrau­m: Jule Stammer verfolgt am Computer den Distanzunt­erricht.
 ?? FOTO: G.STAMMER ?? Mikrofon und Kopfhörer: Recht profession­ell ist die Ausstattun­g von Tom Stammer.
FOTO: G.STAMMER Mikrofon und Kopfhörer: Recht profession­ell ist die Ausstattun­g von Tom Stammer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany