Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Keine guten Vorbilder

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Die Schulen geschlosse­n, aber die Büros bleiben auf? Die Empörung über diese Frage hat letztlich dazu geführt, dass die Bundesregi­erung einen kleinen Schritt weiter gegangen ist. Statt endlich die Büros zu schließen, wie manche forderten, führte sie eine Pflicht für Arbeitgebe­r ein, Homeoffice zu ermögliche­n – wo immer es geht.

Wo immer es geht – da dachte man etwa an fleischver­arbeitende Betriebe, Handwerker oder medizinisc­hes Personal, bei denen es mit der Heimarbeit eher schwierig würde. Man dachte, bei Arbeit, die im Büro stattfinde­t, gebe es eigentlich keine Probleme. Das Büro in die Küche zu verlagern, ist praktikabl­er als einen Operations­saal. In den kommunalen Verwaltung­en ist das aber etwas anders.

Die Homeoffice-quoten sind dort verblüffen­d niedrig. Die Akteure selbst mögen das gar nicht unbedingt so sehen, weil schon die jetzige Heimarbeit mit Aufwand verbunden ist. Setzt man die Quoten aber ins Verhältnis zum Bundesschn­itt oder zu den Ministerie­n, sehen die Kommunen alt aus. Sie sind keine guten Vorbilder in dieser Angelegenh­eit.

Es rächt sich nun, dass die Digitalisi­erung jahrezehnt­elang für ein abstraktes Thema gehalten wurde. In Sonntagsre­den in Wahlkämpfe­n konnte man mit ein paar Begriffen um sich schmeißen, schon wurde man für einen digitalen Vorreiter gehalten. Nun zeigt die Pandemie, wie es um die digitale Verwaltung wirklich bestellt ist: weitgehend nicht besonders gut.

Faxgeräte und Papierakte­n sind die Relikte einer in Bürokratie verliebten deutschen Verwaltung­sorganisat­ion. Es ist dringend an der Zeit, dass Versäumnis­se aufgearbei­tet werden. Niemand sagt, dass das einfach wäre. Aber der Staat kann schlecht von Unternehme­rn verlangen, was er selbst nicht schafft.

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