Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Familie überlebt Corona – auch die 100-jährige Uroma
Die Roßbachs aus Huckingen wohnen mit vier Generationen unter einem Dach. Bis auf den Jüngsten haben sich alle mit dem Virus infiziert.
HUCKINGEN Corona macht Angst. Das Virus, das in seinen Auswirkungen so unberechenbar von gar nicht bis bis tödlich zuschlagen kann, hat seit Beginn der Pandemie auch Familie Roßbach in Duisburg-huckingen tief besorgt. Vor allem wegen der 100-jährigen Urgroßmutter im Haus. Jetzt wollen die Roßbachs Mut machen.
Und dafür haben sie gute Gründe. Alle Mitglieder der Vier-generationen-familie, die unter dem Dach des Drei-familien-hauses wohnt, haben die Covid-19-erkrankung überstanden: Die 100-jährige Maria Dera, ihre Tochter Angelika (68), ihr Schwiegersohn Wilfried (72), ihr Enkel Stefan (47) und ihr Urenkel Aaron Roßbach. Der 13-Jährige war der einzige, der sich nicht infiziert hat, musste aber mehr als zwei Wochen in seinem Dachgeschoss-appartement in Quarantäne verbringen. Einziger Grund, das Zimmer zu verlassen: Gassi gehen mit Bulldogge Frieda. Aaron: „Ich habe das sehr ernst genommen.“
Sie seien mit Beginn der Pandemie wegen der Uroma ganz besonders vorsichtig gewesen, sagt Angelika Roßbach. Wie sich dann das Virus eingeschlichen hat, können sie nicht nachvollziehen. Vielleicht ist es am 100. Geburtstag von Maria Dera passiert, als – einzeln nacheinander und mit Maske – einige Gratulanten ins Haus gekommen sind. „Aber man weiß es nicht.“Niemand will sich hier den Kopf darüber zerbrechen, wer die Infektion übertragen haben könnte.
Zuerst hat es Anfang Januar Stefan Roßbach erwischt. Der Koch war bei der Arbeit, als er merkte: „Du schmeckst ja gar nichts mehr.“Sofort hätten bei ihm die Alarmglocken geläutet. Seine größte Sorge „galt natürlich der Oma“, aber auch er selbst ist mit einer Herzerkrankung vorbelastet.
So wie sein Vater Wilfried, der in Huckingen unter seinem Spitznamen Beffi bekannt ist wie der berühmte bunte Hund. Als Schützenkönig und als Karnevalist aus der KG „Alle Mann an Bord“im Stadtsüden und als Duisburgs Prinz Beffi I. im Jahr 2004 auch darüber hinaus. Er wiederum fürchtete besonders um seine Frau, ist doch Angelika Roßbach Asthmatikerin. Sie hat ihre chronische Krankheit allerdings auch mit Covid im Griff behalten.
Die Infektion hat die ganze Familie umgeworfen. „Alle haben gelegen“, sagt Stefan Roßbach. Angelika Roßbach musste zusätzliche die Pflege ihrer bettlägerigen Mutter übernehmen, die sonst ein Pflegedienst leistet. „Das war hardcore“, sagt die 68-Jährige, die fast nur zwischen Pflegebett und Sofa gependelt ist und nicht mal fernsehen mochte. „Ich war so kaputt“, zudem hätten sie starke Kopfschmerzen geplagt. Sie habe viel gebetet, sagt die engagierte Katholikin.
Stefan Roßbach war mit Gliederschmerzen und Atemnot außer Gefecht gesetzt, schon der Gang zwischen Küche und Wohnzimmer sei ihm schwer gefallen. Geschmacksund Geruchssinn lassen auch nach der Genesung noch auf sich warten. Kopf- und Gliederschmerzen hat auch Wilfried Roßbach gehabt. Eigentlich der Chef am Staubsauger, musste er auch damit eine Pause machen. Vermisst habe er die Gemeinschaft mit Freunden, „aber ich bin damit gut zurechtgekommen“. Die älteste in der Familie hatte lediglich Magen-darm-beschwerden.
„Wir haben viel Hilfe bekommen“, schildern die Roßbachs. Freunde hätten Essen vor die Tür gestellt, der Supermarkt prompt geliefert. „Wir konnten aber alle nicht viel essen, nur leichte Kost.“Auch das Duisburger Gesundheitsamt habe sich gut gekümmert und täglich angerufen, betont Wilfried Roßbach. Jetzt, am Tag eins nach der Quarantäne, ist die Erleichterung groß. „Wir sind froh und glücklich, dass Oma nicht an Corona gestorben ist.“
Und auch auf Aaron ist die Familie stolz, die Krankheit und Quarantäne „ohne großen Streit“überstanden hat. Anfangs seine alle „schön in ihren Wohnungen geblieben“, es wurde lediglich telefoniert. Auch mit dem 13-Jährigen, der die insgesamt 18 Quarantäne-tage ohne Murren durchgehalten hat, in seinem Zimmer geblieben ist, Schulaufgaben gemacht und mit Freunden Konsole gespielt hat.
„Wir haben uns vorher so verrückt gemacht wegen Corona. Jetzt sind wir glücklich, dass es alle so gut überstanden haben“, sagt Angelika Roßbach. Sohn Stefan, der im Einzelhandel arbeitet und dort im letzten Jahr erlebt hat, wie groß die Angst vor allem bei älteren Menschen vor der Krankheit ist, will jetzt „einfach Mut machen“: Sogar seine 100-Jährige Oma hat dem Virus getrotzt – „eigentlich am stressfreisten in der ganzen Familie“.