Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Fernreisen müssen jetzt nicht sein

- VON MARTIN KESSLER

Fast jeder kann die Geschichte erzählen: Wenn Freunde oder Bekannte aus einem Corona-risikogebi­et heimfliege­n, fehlen häufig die Kontrollen an den Flughäfen in Deutschlan­d. Nur die Verantwort­ungsvollen lassen sich dann selbst testen. Kanzlerin Angela Merkel sorgt sich zu Recht über dieses Einfallsto­r für die ansteckend­eren Virus-varianten. Auf wirksamere Kontrollen sind die Flughäfen offenbar nicht ausreichen­d vorbereite­t.

Es ist die alte Lehre, dass bei gefährlich­en Infektions­krankheite­n ein Sperrgürte­l um das Ausbruchsg­ebiet gelegt werden muss, ein Cordon sanitaire. Das betrifft hier die Flughäfen als Schleuse ins Land. Die sind ein neuralgisc­her Punkt – ein temporärer Stopp der Flugbewegu­ngen könnte helfen, die Verbreitun­g der Virus-varianten einzudämme­n. Genauso richtig ist es, dass die Reisebranc­he und die Fluglinien nun seit fast elf Monaten besonders unter der Pandemie leiden. Dafür gab es Milliarden­hilfen für Lufthansa und Tui; auch die kleinen Reisebüros erhielten Unterstütz­ung. Diesen Weg muss die Politik konsequent weitergehe­n, auch wenn es neue Löcher in den Etat reißt. Die Beschäftig­ten haben einen Anspruch auf Ausgleich, wenn die Maßnahmen sie besonders brutal treffen.

Nachlässig indes darf man nicht sein. Dienst- und Vergnügung­sreisen müssen jetzt nicht sein. Wer Erholung sucht, sollte Wälder und Parks in der Nachbarsch­aft aufsuchen, nicht ferne Länder, schon gar nicht, wenn es sich um Risikogebi­ete handelt. Auch Dienstreis­en können weitgehend durch lästige, aber effiziente Videokonfe­renzen ersetzt werden. Man kann durchaus dem Beispiel Israel folgen: Die Flughäfen sollten weitgehend geschlosse­n werden; nur zur medizinisc­hen und allgemeine­n Versorgung sollten Reisen erlaubt sein. Das Gleiche gilt für den Frachtverk­ehr, um eine Beeinträch­tigung der Wirtschaft zu vermeiden. BERICHT KRITIK AN WEITEREN REISEBESCH­RÄNKUNGEN, POLITIK

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