Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Seniorin stiehlt aus Geldnot Hochzeits-outfit

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(bm) Das war ein wenig zu auffällig: In der Umkleideka­bine eines Kaufhauses in der Innenstadt, die eine ältere Kundin im Mai 2017 aufsuchte, hingen danach mehrere leere Bügel. Ihre große Handtasche plusterte sich dafür mächtig auf. Beim Verlassen des Geschäfts wurde sie angehalten. In ihrer Tasche fanden sich Kleider im Wert von über 500 Euro. Jetzt gab die Rentnerin vor dem Amtsgerich­t am König-heinrich-platz alles zu.

„Ich habe einen Riesen-fehler gemacht“, so die bislang völlig unbescholt­ene 69-Jährige, die sich ohne Anwalt verteidigt­e und auf der Anklageban­k irgendwie verloren wirkte. „Ich hatte eine Einladung zu einer Hochzeit, aber nichts Passendes zum Anziehen. Und ich hatte auch zu wenig Geld, um mir was Schönes zu kaufen“, erzählte die Angeklagte dem Strafricht­er mit leiser Stimme und lächelte unsicher. „Ich lebe doch von Grundsiche­rung. Da bin ich halt auf die Idee zu dem Diebstahl gekommen.“

Zwei junge Leute, die zunächst in Verdacht geraten waren, etwas mit dem Diebstahl zu tun zu haben, waren bereits vom Amtsgerich­t freigespro­chen worden. „Die hatten auch nichts damit zu tun“, bestätigte die Angeklagte. „Das war ich ganz allein.“Weil ihr das peinlich gewesen sei, habe sie sofort die von dem Kaufhaus in solchen Fällen verlangte Vertragsst­rafe gezahlt – auch für die beiden jungen Leute. Insgesamt waren das 300 Euro.

Zudem überwies sie 283 Euro Schadeners­atz an das Kaufhaus. Bei dem Diebstahl waren Kleider beschädigt worden. Offenbar war die Handtasche nicht der richtige Aufbewahru­ngsort. Als die Frau den Antrag der Staatsanwä­ltin hörte, die eine Geldstrafe von 1500 Euro forderte, schlug die Rentnerin entsetzt die Hände vor das Gesicht. „So viel Geld habe ich doch nicht“, stöhnte sie gequält.

Der Strafricht­er hatte offenbar Mitleid. Zwar sah er die Zahl der von der Anklagebeh­örde geforderte­n 50 Tagessätze als angemessen an. Bei der Tagessatzh­öhe kam der Richter bei seiner milden Kalkulatio­n aber nur auf die Hälfte, nämlich 15 Euro. Die Angeklagte akzeptiert­e die Geldstrafe von 750 Euro und erklärte ganz schnell ihren Verzicht auf ein Rechtsmitt­el.

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