Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Impfzusage bis Ende des Sommers
Trotz der Lieferschwierigkeiten beim Impfstoff geht die Kanzlerin davon aus, dass bis zum Ablauf des dritten Quartals alle Bürger ein Angebot bekommen. Patientenschützer kritisieren die Ergebnisse des Impfgipfels als unzureichend.
DÜSSELDORF Bund und Länder haben am Montag beim Impfgipfel mit Herstellern und Vertretern der Eu-kommission über den zuletzt scharf kritisierten Impfprozess debattiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die Bundesregierung halte das Versprechen aufrecht, bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen – das sei auch unabhängig davon zu erreichen, ob die Hersteller Johnson & Johnson sowie Curevac eine Zulassung für ihren Impfstoff erhielten. Konkrete Liefertermine gebe es von Biontech/pfizer bis zum 22./23. Februar, von Moderna und Astrazeneca bis zum 17. Februar. Um den Ländern trotzdem die Terminvergabe zu erleichtern, soll es für die spätere Zeit „Modellierungen“für die Lieferungen geben. Nach Angaben von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist aber eines bereits klar: „Es wird im ersten Quartal knapp bleiben.“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch zeigte sich enttäuscht: „Planungssicherheit wollten Bund und Länder beim ersten Impfgipfel liefern. Doch die große Unbekannte bleiben die Lieferengpässe.“Statt der Modellierungen forderte er, in den ersten Prioritätsgruppe mit achtmillionen Menschen kleinteiliger vorzugehen. Jene Menschen benötigten ein Impfangebot, deren Leib und Leben das Virus am meisten bedrohe. „Evidenzbasiert sind das die Betagten und Schwerstkranken, denn ihre Gruppe macht 90 Prozent der mit und an Covid-19 Verstorbenen aus. Diese Impfberechtigten müssen zunächst Vorrang vor den medizinischen und pflegerischen Berufen bekommen.“
Dagegen lobte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, dass es nun mehr Informationen über Lieferungen in den nächsten Monaten gebe. „Wir hoffen sehr, dass sich dadurch auch mehr Planungssicherheit für die Kommunen ergibt, die die Impfzentren betreiben. Wir müssen vor Ort besser einschätzen können, wann wie viel Impfdosen kommen.“Nur dann könne man verlässlich arbeiten.
Der Oppositionsführer in NRW, Thomas Kutschaty (SPD), forderte, der nationale Impfplan benötige „klare und transparente Meilensteine, realistische Zusagen an die Bevölkerung, aber auch eindeutige Ansagen an die Pharma-industrie“. EU, Bund und Länder dürften sich nicht weiter von manchen Impf-herstellern auf der Nase herumtanzen lassen. Er bedauerte, dass Erzieher und Lehrkräfte nicht frühzeitiger mit dem Astrazeneca-impfstoff versorgt würden. „Das wäre ein wichtiges Signal gewesen.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will als Reaktion auf die Zulassung von Astrazeneca zunächst nur für Menschen unter 65 die Impfverordnung ändern: Zwar soll es weiter drei Gruppen von Menschen geben, die prioritär geimpft werden sollen (darunter über 80-Jährige, Pflegeheimbewohner und -personal; über 70-Jährige und Vorerkrankte; über 60-Jährige und Lehrer und Erzieher). Jedoch soll eine Öffnungsklausel eingeführt werden, die Ärzten Einzelfallentscheidungen ermöglicht. Zudem soll die Besonderheit des Astrazeneca-impfstoffs berücksichtigt werden. Hierzu soll es „impfstoffspezifische Priorisierungen“geben, wie es im Entwurf der Impfverordnung heißt, der unserer
Redaktion vorliegt. So könnten Angehörige von Pflegeberufen den Astrazeneca-impfstoff erhalten und womöglich schneller als geplant geimpft werden.
Am Montag gab es gute Impf-nachrichten aus NRW. Bayer will in Wuppertal den Impfstoff von Curevac herstellen, wie Pharma-vorstand Stefan Oelrich ankündigte. „Bayer wird 2022 rund 160Millionen Dosen des Impfstoffes herstellen, die ersten Dosen könnten möglicherweise Ende des Jahres geliefert werden“, sagte er. 2022 sollen eigentlich alle Menschen in Deutschland schon geimpft sein. Doch Spahn betonte: „Wir brauchen auch 2022 noch Impfstoffe.“Noch sei unklar, ob es Impfungen zur Auffrischung oder Verstärkung geben müsse. Die Mainzer Firma Curevac hofft auf eine Zulassung bis zum zweiten Quartal. „Dass Bayer in seiner 160-jährigen Geschichte erstmals in die Impfstoffproduktion einsteigt, ist ein bedeutsames Signal“, sagte Nrw-ministerpräsident Armin Laschet (CDU).