Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Sozialverband: Novelle senkt Standards für Barrierefreiheit
DÜSSELDORF Sozialverbände haben die geplante Änderung der Landesbauordnung scharf kritisiert. „Behinderte Wohnungssuchende sollten sich endlich darauf verlassen können, dass, wo barrierefreie Wohnung draufsteht, auch eine barrierefreie Wohnung drin ist“, sagte Michael Spörke, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Kommunales beim Sozialverband Deutschland (SOVD) in NRW, unserer Redaktion. Die geplante Änderung der Bauordnung lasse eher Gegenteiliges befürchten: „Die geplante Novelle der Landesbauordnung führt stattdessen zu einer Absenkung der Standards.“Das Thema des barrierefreien Wohnraums würde aus Spörkes Sicht zu einem individuellen Problem, für dessen Lösung der Staat nicht verantwortlich ist. Schon jetzt hinke NRW beim Bau barrierefreier Wohnungen hinterher.
Am kommenden Freitag findet im Landtag eine Sachverständigenanhörung zur Änderung der Landesbauordnung statt. Nrw-bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) verteidigt den Entwurf damit, dass dieser zu einer bundesweiten Vereinheitlichung von Standards zur
Barrierefreiheit beitrage. Das lassen die Sozialverbände nicht gelten: Die geplante Novellierung sehe vor, dass Wohnungen zukünftig nur noch „im erforderlichen Umfang“barrierefrei sein sollten: „Die Einfügung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs würde zu erheblicher Unsicherheit führen, da völlig unklar ist, was damit gemeint ist.“
Deutlichen Verbesserungsbedarf sieht auch die Behinderten- und Patientenbeauftragte der Landesregierung, Claudia Middendorf: „Hier geht es um gleichberechtigte Teilhabe, die nicht ignoriert werden darf. Durch die Neufassung der Landesbauordnung wird sie jedoch geschwächt statt gestärkt.“Der Entwurf widerspreche damit der Un-behindertenrechtskonvention, die Deutschland unterzeichnet hat.
Ein Wegfall der Regelungen zum nachträglichen Einbau von Treppenliften sei ebenso wenig hilfreich wie ein Aufzug, der zwar barrierefrei erreichbar, jedoch an sich nicht barrierefrei sein müsse. Barrierefreies Wohnen müsse zum neuen Standard werden und nicht auf bestimmte Räume und Zugänge beschränkt sein. „Daher hoffe ich inständig, dass der Entwurf eine Neuauflage erfährt“, so Middendorf.