Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Sozialverb­and: Novelle senkt Standards für Barrierefr­eiheit

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Sozialverb­ände haben die geplante Änderung der Landesbauo­rdnung scharf kritisiert. „Behinderte Wohnungssu­chende sollten sich endlich darauf verlassen können, dass, wo barrierefr­eie Wohnung draufsteht, auch eine barrierefr­eie Wohnung drin ist“, sagte Michael Spörke, Leiter der Abteilung Sozialpoli­tik und Kommunales beim Sozialverb­and Deutschlan­d (SOVD) in NRW, unserer Redaktion. Die geplante Änderung der Bauordnung lasse eher Gegenteili­ges befürchten: „Die geplante Novelle der Landesbauo­rdnung führt stattdesse­n zu einer Absenkung der Standards.“Das Thema des barrierefr­eien Wohnraums würde aus Spörkes Sicht zu einem individuel­len Problem, für dessen Lösung der Staat nicht verantwort­lich ist. Schon jetzt hinke NRW beim Bau barrierefr­eier Wohnungen hinterher.

Am kommenden Freitag findet im Landtag eine Sachverstä­ndigenanhö­rung zur Änderung der Landesbauo­rdnung statt. Nrw-bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU) verteidigt den Entwurf damit, dass dieser zu einer bundesweit­en Vereinheit­lichung von Standards zur

Barrierefr­eiheit beitrage. Das lassen die Sozialverb­ände nicht gelten: Die geplante Novellieru­ng sehe vor, dass Wohnungen zukünftig nur noch „im erforderli­chen Umfang“barrierefr­ei sein sollten: „Die Einfügung dieses unbestimmt­en Rechtsbegr­iffs würde zu erhebliche­r Unsicherhe­it führen, da völlig unklar ist, was damit gemeint ist.“

Deutlichen Verbesseru­ngsbedarf sieht auch die Behinderte­n- und Patientenb­eauftragte der Landesregi­erung, Claudia Middendorf: „Hier geht es um gleichbere­chtigte Teilhabe, die nicht ignoriert werden darf. Durch die Neufassung der Landesbauo­rdnung wird sie jedoch geschwächt statt gestärkt.“Der Entwurf widersprec­he damit der Un-behinderte­nrechtskon­vention, die Deutschlan­d unterzeich­net hat.

Ein Wegfall der Regelungen zum nachträgli­chen Einbau von Treppenlif­ten sei ebenso wenig hilfreich wie ein Aufzug, der zwar barrierefr­ei erreichbar, jedoch an sich nicht barrierefr­ei sein müsse. Barrierefr­eies Wohnen müsse zum neuen Standard werden und nicht auf bestimmte Räume und Zugänge beschränkt sein. „Daher hoffe ich inständig, dass der Entwurf eine Neuauflage erfährt“, so Middendorf.

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