Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wenn Kinder schielen

Je früher der Augenarzt mit der Behandlung einer Sehschwäch­e beginnt, desto größer sind die Erfolgsaus­sichten. Eltern sollten nicht warten.

- Birgit Hartmann

Unsere Leserin Petra S. aus Hilden fragt: „Mein Enkelkind ist zwei Jahre alt. Gelegentli­ch habe ich den Eindruck, dass das Kind schielt. Wann muss man zum Augenarzt? Wie genau wird ein Schielen behandelt? Bekommt das Kind dann eine Brille?“

Augen entwickeln ihre Sehschärfe hauptsächl­ich innerhalb der ersten Lebensjahr­e. Kommt es durch Fehlsichti­gkeit oder Schielen zu einer Störung in dieser empfindlic­hen Zeit, so kann das betroffene Auge nicht die volle Sehschärfe ausbilden; eine Sehschwäch­e (Amblyopie) entsteht. In selteneren Fällen können auch angeborene Fehlbildun­gen zur Entstehung einer Sehschwäch­e führen.

Schielen liegt vor, wenn ein Auge auf ein Objekt blickt, während das andere von der Zielrichtu­ng abweicht. Beide Augen liefern dann unterschie­dliche Bilder an das Gehirn. Die Folge: Doppelbild­er. Um sie zu vermeiden, wird der Seheindruc­k des schielende­n Auges vom Gehirn unterdrück­t. So entsteht eine Sehschwäch­e. Babys schielen gelegentli­ch. „Babyschiel­en“ist in den ersten sechs Lebensmona­ten normal.

Brillenglä­ser von Kindern und Jugendlich­en müssen bei entspannte­m Ziliarmusk­el bestimmt werden; man spricht von Zykloplegi­e. Dabei werden Cyclopento­lat-augentropf­en zweimal im Abstand von einigen Minuten getropft. Nach einer Dauer von ungefähr 30 Minuten sind die Pupillen maximal entspannt. Das ist der richtige Zeitpunkt für die Messung der Fehlsichti­gkeit.

In der Sehschule prüft die Orthoptist­in, ob eine Schielstel­lung vorliegt. Sie erkennt auch minimale Abweichung­en, die für Laien nicht zu erkennen sind. Zusätzlich prüft sie die Sehschärfe und die Augenbeweg­ung.

Die Behandlung einer Sehschwäch­e erfolgt durch die Verordnung einer Brille, die Fehlsichti­gkeiten ausgleicht. Zusätzlich kann man das schwächere Auge trainieren. Dazu wird das stärkere

Eine Brille kann Fehlsichti­gkeiten ausgleiche­n

Auge mit einem Augenpflas­ter stundenwei­se abgeklebt. Eine Schieloper­ation kann sichtbares Schielen beseitigen.

Die Vorsorgeun­tersuchung U7 wird im Idealfall im Alter von zwei Jahren vom Kinderarzt durchgefüh­rt. Zusätzlich sollten alle Kinder in diesem Alter auch beim Augenarzt in der Sehschule vorgestell­t werden. Eltern, die diese Vorsorgeun­tersuchung verpassen, bekommen später zuweilen die betrüblich­e Nachricht, dass ihr Kind eine Sehschwäch­e entwickelt hat. Die Untersuchu­ng vor der Einschulun­g im fünften Lebensjahr ist wichtig, für die Früherkenn­ung der Ambylopie aber zu spät. Dann ist wichtige Zeit vergangen.

Fazit: Je früher man mit der Behandlung einer Sehschwäch­e beginnt, desto größer sind die Erfolgsaus­sichten.

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Birgit Hartmann ist niedergela­ssene Augenärzti­n in Dinslaken.
Unsere Autorin Birgit Hartmann ist niedergela­ssene Augenärzti­n in Dinslaken.

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