Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gleich zwei Investoren buhlen um Schuhhersteller Birkenstock.
Der Schuhhersteller mit dem gesunden Image ist zur Kultmarke aufgestiegen. Daran wollen künftig auch Us-investoren verdienen.
LINZ Das Bett steht in diesem Falle nicht im Kornfeld, sondern im Wald. Auf einer Lichtung. Eiche, Buche, Latex und natürlich Kork gehören zu seinen Materialien. Birkenstock hat sein Sortiment vom Fußbett auf Betten und Schlafsysteme vergrößert. Das Ganze lässt sich auf der Internetseite in einem Video bewundern. Und das Bett im Grünen? Soll offenbar natürliches Wohlsein vermitteln – seit jeher ein Kern der Marke Birkenstock. Und, Tatsache: Das Geschäft blüht trotz der Pandemie. Das haben offenbar auch Finanzinvestoren mitbekommen. Wie man hört, lotet das Traditionsunternehmen einen Verkauf aus.
Interesse zeigen Medienberichten zufolge die beiden Finanzinvestoren CVC Capital Partners und L Catterton. Und sie sind bereit, einen hohen Preis zu zahlen. In Finanzkreisen heißt es, es gehe um eine Summe zwischen vier und fünf Milliarden Euro. Längst ist die Marke mit Sitz in Linz am Rhein international bekannt.
Zu den berühmteren Latschen aus dem Familienunternehmen dürften die Birkenstocks des Apple-mitgründers Steve Jobs gehören. Die waren zwar nicht mehr schön anzusehen, erbrachten bei einer Auktion aber fast 2750 Dollar. Jobs war schon zu einer Zeit ein Fan der bodenständigen Treter, in der sie noch als spröde Gesundheitssandalen galten. Sie schlurften anfangs mit ihren Trägern noch überwiegend durch Arztpraxen und Krankenhausflure und firmierten unter dem Label „orthopädisches Schuhwerk“.
Der Rest ist Markengeschichte. Kurz nach dem Gesundheitspersonal entdeckten Ökos und Hippies die Sandalen. Schnell hatten sich Birkenstock-schuhe von Hippie-tretern zum Hipster-lieblingen gemausert. Das zahlt sich aus: Im vergangenen Corona-jahr hat das Noch-familienunternehmen schätzungsweise rund eine Milliarde Euro umgesetzt und einen operativen Gewinn von 200 Millionen Euro eingefahren. Trotz eines zweimonatigen Produktionsstopps während der ersten Lockdowns, weil die Lieferketten aus Italien gerissen waren, haben die Kunden im Internet fleißig weiter bestellt. Neben Sandalen verkauft Birkenstock hier Schuhe, Strümpfe, Gürtel, Taschen, Naturkosmetik – und neuerdings eben: Betten. Händeringend sucht Birkenstock nach Mitarbeitern, auf der Webseite finden sich über 80 Stellenangebote. Nach eigenen Angaben arbeiten bei Birkenstock als größtem Schuhproduzenten Deutschlands rund 4300 Menschen.
Zu der Aufstiegsgeschichte der Firma gehört aber auch, dass die
Familie dahinter ihre Beschäftigten zeitweise ziemlich mies behandelte. So haben sich der Firmenpatriarch Karl Birkenstock und seine drei Söhne lange gegen die Bildung von Betriebsräten gewehrt – auch gerichtlich. Bis 2012 zahlte das Unternehmen Frauen bei gleicher Arbeit und Qualifikation einen Euro pro Stunde weniger als den männli
chen Kollegen. Im Jahr 2013 schließlich wurde diese Ungerechtigkeit erst beseitigt – nach einem Urteil des Arbeitsgerichtes und einer neuen Unternehmensstruktur.
Seither führen Oliver Reichert und Markus Bensberg die Geschäfte des Hauses als Staathalter der beiden Söhne Christian und Alex. Bald könnten die Geschicke der Birkenstock-gruppe allerdings schon ganz neue Eigentümer bestimmen. Fachkreise rechnen im Falle einer Übernahme der Private-equity-gesellschaft CVC die besseren Chancen aus. Die Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Luxemburg ist auch Haupteigner der Parfümeriekette Douglas und gehört zu den zehn weltweit größten Firmenbeteiligungsgesellschaften.