Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
.Das Leugnen von Corona ist skandalos
Weihbischof Rolf Lohmann hat nach seiner Corona-infektion im Dezember die Arbeit wieder aufgenommen. Ganz überstanden hat er die Krankheit noch nicht. Für Corona-leugner hat er kein Verständnis.
Wie geht es Ihnen aktuell?
ROLF LOHMANN Mir geht es deutlich besser, ich bin froh und dankbar über diese Entwicklung. Ich stelle aber fest, dass es ein langer Weg ist. Die Folgen der Krankheit habe ich noch nicht ganz überstanden. Das ist ein langwieriger Prozess. Es geht nur Stufe für Stufe. Ich merke: Du kannst nicht so viel wie vorher, du musst dir Zeit geben. Ich muss mich selbst bremsen, weil ich merke, dass ich noch nicht so belastbar wie früher bin.
Wie haben Sie die Krankheit erlebt?
LOHMANN Am Anfang waren es nur leichte Symptome, ich dachte: Das ist eine übliche Erkältung und habe ganz normal weitergearbeitet. In der Woche vor Heiligabend hat sich das dann zugespitzt. Einfachste Dinge wie das Treppensteigen funktionierten nicht mehr. Ich bekam eine Lungenentzündung, so etwas hatte ich noch nie in meinem Leben, und ich kann Ihnen sagen, das haut einen richtig um. Ich hatte starke Fieberschübe und es ging darum, erstmal das Fieber zu senken. Und da sage ich ganz ehrlich: Das sind schon auch Grenzerfahrungen, die man da macht, wenn man merkt, wie der eigene Körper sich so zur Wehr setzt und im Widerstreit mit sich selbst liegt. Glücklicherweise wurde ich im Krankenhaus bestens versorgt. Ich bin dankbar, dass die Erkrankung dann eine so gute Wendung genommen hat.
Geht Ihnen immer noch die Frage durch den Kopf, wo Sie sich angesteckt haben?
LOHMANN Wir haben zusammen überlegt und spekuliert, aber haben noch keine Antwort. Besonders verwunderlich ist, dass mein Fahrer und zwei Sekretärinnen sich auch infiziert haben, aber eine weitere Sekretärin und die Haushälterin nicht erkrankten. Dabei gab es zwischen allen Personen Kontakt. Das zeigt, wie tückisch die Krankheit ist. Natürlich gibt es immer Theorien, wo man sich infiziert haben könnte. Man überlegt sich – ich habe ja weiterhin gefirmt, natürlich mit all den Schutzbedingungen, die vorgesehen sind. Oder ich hatte eine Altarweihe in dieser Zeit. Aber auch das war alles bestens vorbereitet, auch von den Hygienemaßnahmen.
Wenn jemand die Krankheit so hautnah erleben musste wie Sie, was denken Sie da, wenn Sie hören, dass Menschen leugnen, dass es Corona überhaupt gibt?
LOHMANN Ich kann das einfach nicht begreifen. Es ist für mich wirklich absolut erschreckend. Man muss sich ja nur die Zahlen anschauen. Diese Zahlen, wenn ich abends Nachrichten sehe, ob das die Neuinfektionen sind, ob das die Toten sind, bekommen jetzt nochmal eine ganz andere Bedeutung, wenn man selber damit zu tun hatte. Also ich muss wirklich sagen, mir macht das große Sorgen, dass diese Gruppen auch nach wie vor Zuspruch erfahren. Das ist ein schlechter Weg. Ich frage mich: Wie kann man so etwas leugnen? Da liegen Menschen im Krankenhaus, die sterben und andere setzen ihr Leben ein, um ihnen zu helfen. Ich habe das ja selbst erlebt. Es ist einfach skandalös, so etwas zu leugnen.
Spielt dabei der Glaube eine Rolle?
LOHMANN Ich habe zumindest die Hoffnung, dass bei den Gläubigen die Vernunft überwiegt und sie nicht zu den Corona-leugnern gehören. Zum Leben gehört das Leid, das sichtbar ist am Kreuz. Mal bin ich der, für den das Kreuz getragen wird, aber dann bin ich auch der, der dafür sorgen muss, dass das Kreuz für andere leichter wird. In diesem Zusammenhang habe ich mich über die vielen Genesungswünsche gefreut. Viele haben eine Kerze am Kapellenplatz in Kevelaer oder in Xanten oder anderswo für mich angezündet. Ich bin überzeugt, dass auch das zu meiner Heilung beigetragen hat.
Hat die Krankheit für Sie den Blick auf Corona verändert?
LOHMANN Ich hätte mir nie vorgestellt, dass die Erkrankung so heftig ist. Auf jeden Fall habe ich jetzt noch mehr Respekt vor Corona und bin noch stärker sensibilisiert. Natürlich sind das ganz schwierige Entscheidungen, die auch von politischer Seite zu treffen sind. Trotzdem finde ich, dass die politischen Entscheidungsträger und auch die kirchlichen Entscheidungsträger gut zusammen gewirkt haben, verantwortungsvoll. Immer stellt man sich die Frage: Ist das richtig? Wie stark brauchen wir weitere Einschränkungen? Aber bei der Dramatik dieser Krankheit, bei den Zahlen, die wir sehen, trotz des Lockdowns, glaube ich: Es ist richtig, so viel Vorsicht wie möglich walten zu lassen.
Müssen denn angesichts dieser Gefahr dann noch Präsenzgottesdienste sein?
LOHMANN Ich habe jetzt auch wieder Gottesdienst gefeiert, auch zusammen mit Gläubigen. Das ist mir wichtig. Es ist auch vielen Menschen wichtig, daher sollten wir dieses Angebot machen, aber alles abgestimmt auf die jeweilige Situation mit den entsprechenden Schutzkonzepten. Aber wenn man sich den Kirchenbesuch derzeit ansieht, ist ja zu beobachten, dass da keine Massenbewegung einsetzt. Selbst von den reservierten und reduzierten Plätzen bleiben viele frei. Ob jemand einen Gottesdienst besucht, ist die freie Entscheidung jedes Menschen, die man respektieren muss, erst recht in dieser Zeit. Ich kann gut verstehen, wenn jemand momentan nicht kommt. Ich sehe es aber auch als meine Aufgabe an, dass wir stellvertretend für alle anderen als betende Gemeinschaft da sind und alle darum wissen, dass sie in die Gebete eingeschlossen sind.